Das Produkt: Eine Sonnenbrille, vergoldetes Metallgestell, tropfenförmige Gläser aus grünem mineralischem Glas Die Behauptung Heraklits, dass der Krieg der Vater aller Dinge sei, hat für die industrielle Serienfertigung leider eine gewisse Gültigkeit. Da tröstet es nur wenig, dass Produkte, die im militärischen Zusammenhang entstanden sind, ihren wahren Nutzen oft erst in Friedenszeiten richtig zur Geltung bringen. Für einen Panzer mag das nicht zutreffen, aber es gilt für die berühmteste Sonnenbrille der Welt, die Ray Ban Aviator. Zwei deutsche Auswanderer, Johann Jakob Bausch und Heinrich Lomb, gründen 1853 in den USA eine Firma für die Herstellung von Monokeln. Bausch ist gelernter Optiker und Lomb Kaufmann. Sie halten sich anfangs nur mit Müh und Not und Fleiß über Wasser. Aber nach ein paar Jahren produzieren sie nicht nur Augengläser, sondern verschiedene optische Präzisionsgegenstände wie Mikroskope, Linsen für die junge Photographie, Ferngläser und Teleskope. Das Unternehmen beginnt zu florieren. Nach 40 Jahren, 1892, besinnen sie sich ihrer deutschen Wurzeln und kooperieren mit der Firma von Carl Zeiss in Jena. Aus dieser Zusammenarbeit gehen Projektoren und Kameralinsen hervor. Ein großer Wachstumsmarkt werden im frühen zwanzigsten Jahrhundert die amerikanischen Streitkräfte. Der Präsident Theodore Roosevelt forciert den Ausbau der Flotte, und für ihren Bedarf an hochpräzisen optischen Messgeräten werden Linsen benötigt. Den Zuschlag erhält Bausch & Lomb. Es folgen Großaufträge für Fernstecher, Zielfernrohre und Periskope. In den zwanziger Jahren stellen sie 70% ihrer Produkte für das Militär her. 1920 wendet sich der Abenteurer John MacCready an Bausch & Lomb. Bei einer Atlantiküberquerung in einem Ballon hatte das permanente Sonnenlicht seine Augen geschädigt. Er suchte nun nach schützenden Gläsern, die den Rundumblick nicht einschränken und bitteschön auch gut aussehen sollten. Das Unternehmen entwickelt daraufhin leicht gebogene, grüne Gläser, die das menschliche Sichtfeld weitgehend abdecken. Weil sie die infrarote und die ultraviolette Strahlung filtern, werden sie griffig »Ray Ban«, also »Strahlensperre«, genannt. Ein besonders leichtes Gestell aus vergoldetem Metall ist ihre Fassung. Ab 1926 werden die Piloten des amerikanischen Heeres damit beliefert. Besonders beliebt werden sie jedoch bei den Piloten der Seestreitkräfte. Ab 1937 werden die Sonnenbrillen auch an Zivilisten verkauft. Berühmtheit erlangt diese sogenannte Pilotenbrille durch einen amerikanischen Kriegshelden des Zweiten Weltkriegs, den Fünfsterne-General Douglas MacArthur. Fotografen und Kameramänner begleiteten ihn während der Invasion auf den Philippinen. Die Bilder und Filme, die um die Welt gehen, zeigen sein Portrait mit der Ray Ban Aviator. Von diesem Moment an verkörpert die Brille nicht nur den American Way of Life, der sich von Coca-Cola über Harley Davidson und Lucky Strikes bis zu Heinz Tomatenketchup erstreckt. An ihr haftet auch unablösbar der Beigeschmack des Machismo: Wer eins der 6 Millionen produzierten Exemplare trägt, spielt mit dem Klischee des Mannes als Soldat, als Polizist, als Lederjacken tragender Motorradfahrer. So, wie all ihre prominenten Träger damit gespielt haben: In den 50ern Elvis Presley und Marlon Brando, in den 60ern James Dean, in den 70ern Jack Nicholson, in den 80ern und 90ern Michael Jackson, der sie zu einer Phantasieuniformjacke trägt, als Ronald Reagan ihn ins Weiße Haus einlädt. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [160]
Das Produkt: Eine Sonnenbrille, vergoldetes Metallgestell, tropfenförmige Gläser aus grünem mineralischem Glas Die Behauptung Heraklits, dass der Krieg der Vater aller Dinge sei, hat für die industrielle Serienfertigung leider eine gewisse Gültigkeit. Da tröstet es nur wenig, dass Produkte, die im militärischen Zusammenhang entstanden sind, ihren wahren Nutzen oft erst in Friedenszeiten richtig zur Geltung bringen. Für einen Panzer mag das nicht zutreffen, aber es gilt für die berühmteste Sonnenbrille der Welt, die Ray Ban Aviator. Zwei deutsche Auswanderer, Johann Jakob Bausch und Heinrich Lomb, gründen 1853 in den USA eine Firma für die Herstellung von Monokeln. Bausch ist gelernter Optiker und Lomb Kaufmann. Sie halten sich anfangs nur mit Müh und Not und Fleiß über Wasser. Aber nach ein paar Jahren produzieren sie nicht nur Augengläser, sondern verschiedene optische Präzisionsgegenstände wie Mikroskope, Linsen für die junge Photographie, Ferngläser und Teleskope. Das Unternehmen beginnt zu florieren. Nach 40 Jahren, 1892, besinnen sie sich ihrer deutschen Wurzeln und kooperieren mit der Firma von Carl Zeiss in Jena. Aus dieser Zusammenarbeit gehen Projektoren und Kameralinsen hervor. Ein großer Wachstumsmarkt werden im frühen zwanzigsten Jahrhundert die amerikanischen Streitkräfte. Der Präsident Theodore Roosevelt forciert den Ausbau der Flotte, und für ihren Bedarf an hochpräzisen optischen Messgeräten werden Linsen benötigt. Den Zuschlag erhält Bausch & Lomb. Es folgen Großaufträge für Fernstecher, Zielfernrohre und Periskope. In den zwanziger Jahren stellen sie 70% ihrer Produkte für das Militär her. 1920 wendet sich der Abenteurer John MacCready an Bausch & Lomb. Bei einer Atlantiküberquerung in einem Ballon hatte das permanente Sonnenlicht seine Augen geschädigt. Er suchte nun nach schützenden Gläsern, die den Rundumblick nicht einschränken und bitteschön auch gut aussehen sollten. Das Unternehmen entwickelt daraufhin leicht gebogene, grüne Gläser, die das menschliche Sichtfeld weitgehend abdecken. Weil sie die infrarote und die ultraviolette Strahlung filtern, werden sie griffig »Ray Ban«, also »Strahlensperre«, genannt. Ein besonders leichtes Gestell aus vergoldetem Metall ist ihre Fassung. Ab 1926 werden die Piloten des amerikanischen Heeres damit beliefert. Besonders beliebt werden sie jedoch bei den Piloten der Seestreitkräfte. Ab 1937 werden die Sonnenbrillen auch an Zivilisten verkauft. Berühmtheit erlangt diese sogenannte Pilotenbrille durch einen amerikanischen Kriegshelden des Zweiten Weltkriegs, den Fünfsterne-General Douglas MacArthur. Fotografen und Kameramänner begleiteten ihn während der Invasion auf den Philippinen. Die Bilder und Filme, die um die Welt gehen, zeigen sein Portrait mit der Ray Ban Aviator. Von diesem Moment an verkörpert die Brille nicht nur den American Way of Life, der sich von Coca-Cola über Harley Davidson und Lucky Strikes bis zu Heinz Tomatenketchup erstreckt. An ihr haftet auch unablösbar der Beigeschmack des Machismo: Wer eins der 6 Millionen produzierten Exemplare trägt, spielt mit dem Klischee des Mannes als Soldat, als Polizist, als Lederjacken tragender Motorradfahrer. So, wie all ihre prominenten Träger damit gespielt haben: In den 50ern Elvis Presley und Marlon Brando, in den 60ern James Dean, in den 70ern Jack Nicholson, in den 80ern und 90ern Michael Jackson, der sie zu einer Phantasieuniformjacke trägt, als Ronald Reagan ihn ins Weiße Haus einlädt. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.