Taschenbücher, die als Buchreihen verlegt werden, gibt es schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Hause Reclam. Aber die direkten Vorläufer des Buchtyps, den wir als modernes Taschenbuch kennen und lieben, waren die Erzeugnisse des Leipziger Albatross-Verlags aus den 1930er Jahren. Das Konzept war einfach: Niedriger Verkaufspreis, guter Inhalt und eine hohe Wiedererkennung dadurch, dass die Umschläge farbig kartoniert waren. Jede Buchreihe des Verlags hatte ihre eigene Farbe. Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte der Erfolg von Rowohlts Rotierenden Romanen das Taschenbuch als Massenprodukt. Aber diese Produktgattung hatte zugleich auch mit einem gehörigen Image-Problem zu kämpfen. Galt das – gebundene – Buch doch gerade im deutschsprachigen Bereich nicht als irgendein Produkt aus der Fabrik wie ein Schuhlöffel oder eine Seife. Um die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen, legten die Verleger großen Wert auf die Zusammenarbeit mit Künstlern für die Gestaltung der Umschläge. Als Siegfried Unseld 1959 nach dem Tod Peter Suhrkamps dessen Verlagsleitung übernahm, lernte er den Designer Willy Fleckhaus kennen. Fleckhaus gestaltete noch im gleichen Jahr die neu aufgelegte Reihe »Bibliothek Suhrkamp«. Es war von Anfang an eine Gestaltung, die von der Einfachheit, Klarheit und Präzision der eingesetzten Mittel lebte: Der weiße Umschlag wurde nur durch ein schmales horizontales Farbband geteilt, wodurch darüber ein Quadrat entstand und darunter ein Rechteck. Im Quadrat waren der Autor und der Titel des Werks zu lesen, im Rechteck der Name der Reihe Bibliothek Suhrkamp. Das war alles: Kein Foto, keine Collage, keine Prägung. Vier Jahre später wollte Siegfried Unseld eine Taschenbuch-Reihe herausgeben. Sein Gedanke war, eine neue, moderne Plattform für Erstausgaben aufzubauen. Erneut suchte er sich gestalterischen Rat von Willy Fleckhaus. Zu Anfang der 60er Jahre überboten sich die Verlage der Taschenbücher darin, Fotografie, Schrift und Veredlungstechniken für die Gestaltung der Umschläge zu kombinieren. Und nach wie vor haftete der Gattung Taschenbuch der Geruch des Minderwertigen an: Zum Beispiel befürchtete Max Frisch, dass sich Suhrkamp damit auf die kulturelle Stufe von Dosenfutter und Brotaufstrich begab. Willy Fleckhaus knüpfte für die neue edition suhrkamp an die gestalterische Linie der gebundenen Bibliothek Suhrkamp an. Aber Fleckhaus wurde noch sparsamer in der Wahl seiner Mittel und noch konsequenter in ihrer Anordnung. Denn er verzichtete auf die Farbe Weiß. Jeder Umschlag ist seither in einer anderen Farbe des Spektrums gefärbt. Dünne schwarze Querstriche gliedern die Linien, auf denen der Autor, der Titel und der Verlagsname stehen. Mehr als 2.400 Bände sind seit dem 2. Mai 1963 herausgekommen, fast jeden Monat 4 Neuerscheinungen, und mehr als 41 Millionen Exemplare wurden verkauft. Stellt man nur eine Handvoll nebeneinander ins Regal, so strahlen sie noch heute so frisch und leicht wie ein Regenbogen. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [183]
Taschenbücher, die als Buchreihen verlegt werden, gibt es schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Hause Reclam. Aber die direkten Vorläufer des Buchtyps, den wir als modernes Taschenbuch kennen und lieben, waren die Erzeugnisse des Leipziger Albatross-Verlags aus den 1930er Jahren. Das Konzept war einfach: Niedriger Verkaufspreis, guter Inhalt und eine hohe Wiedererkennung dadurch, dass die Umschläge farbig kartoniert waren. Jede Buchreihe des Verlags hatte ihre eigene Farbe. Nach dem Zweiten Weltkrieg etablierte der Erfolg von Rowohlts Rotierenden Romanen das Taschenbuch als Massenprodukt. Aber diese Produktgattung hatte zugleich auch mit einem gehörigen Image-Problem zu kämpfen. Galt das – gebundene – Buch doch gerade im deutschsprachigen Bereich nicht als irgendein Produkt aus der Fabrik wie ein Schuhlöffel oder eine Seife. Um die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen, legten die Verleger großen Wert auf die Zusammenarbeit mit Künstlern für die Gestaltung der Umschläge. Als Siegfried Unseld 1959 nach dem Tod Peter Suhrkamps dessen Verlagsleitung übernahm, lernte er den Designer Willy Fleckhaus kennen. Fleckhaus gestaltete noch im gleichen Jahr die neu aufgelegte Reihe »Bibliothek Suhrkamp«. Es war von Anfang an eine Gestaltung, die von der Einfachheit, Klarheit und Präzision der eingesetzten Mittel lebte: Der weiße Umschlag wurde nur durch ein schmales horizontales Farbband geteilt, wodurch darüber ein Quadrat entstand und darunter ein Rechteck. Im Quadrat waren der Autor und der Titel des Werks zu lesen, im Rechteck der Name der Reihe Bibliothek Suhrkamp. Das war alles: Kein Foto, keine Collage, keine Prägung. Vier Jahre später wollte Siegfried Unseld eine Taschenbuch-Reihe herausgeben. Sein Gedanke war, eine neue, moderne Plattform für Erstausgaben aufzubauen. Erneut suchte er sich gestalterischen Rat von Willy Fleckhaus. Zu Anfang der 60er Jahre überboten sich die Verlage der Taschenbücher darin, Fotografie, Schrift und Veredlungstechniken für die Gestaltung der Umschläge zu kombinieren. Und nach wie vor haftete der Gattung Taschenbuch der Geruch des Minderwertigen an: Zum Beispiel befürchtete Max Frisch, dass sich Suhrkamp damit auf die kulturelle Stufe von Dosenfutter und Brotaufstrich begab. Willy Fleckhaus knüpfte für die neue edition suhrkamp an die gestalterische Linie der gebundenen Bibliothek Suhrkamp an. Aber Fleckhaus wurde noch sparsamer in der Wahl seiner Mittel und noch konsequenter in ihrer Anordnung. Denn er verzichtete auf die Farbe Weiß. Jeder Umschlag ist seither in einer anderen Farbe des Spektrums gefärbt. Dünne schwarze Querstriche gliedern die Linien, auf denen der Autor, der Titel und der Verlagsname stehen. Mehr als 2.400 Bände sind seit dem 2. Mai 1963 herausgekommen, fast jeden Monat 4 Neuerscheinungen, und mehr als 41 Millionen Exemplare wurden verkauft. Stellt man nur eine Handvoll nebeneinander ins Regal, so strahlen sie noch heute so frisch und leicht wie ein Regenbogen. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.