Meist entwerfen Designer die Welt von morgen und übermorgen. Wenn sie Visionen entwickeln, dann wirken diese wie Raumschiffe aus einer fernen Zukunft, die einen kurzen Zwischenstop auf der Erde eingelegt haben: Schön anzuschauen, aber folgenlos für unser Leben. Der Filmregisseur Stanley Kubrick jedoch begann 1964 mit einem Entwurf der Zukunft, der unser Weltbild entscheidend beeinflusst hat. Denn mit seinem Film »2001 – Odyssee im Weltraum« hat er unsere Vorstellung davon geprägt, wie die Menschheit schon in wenigen Jahrzehnten ganz selbstverständlich im Weltall leben würde. Das Design seiner Raumschiffe und Raumstationen ist zum Prototyp für unzählige nachfolgende Science-Fiction-Filme geworden, von »Krieg der Sterne« über «E.T.«. bis zum aktuellen Kassenschlager »Avatar«. Da ist zum einen das Äußere der Raumschiffe. Die »Discovery« ist im Film unvorstellbar lang, 225 Meter, das ist viermal so lang wie das größte Flugzeug der Welt, der Airbus A380, und das ist bis auf den heutigen Tag noch nicht serienreif. Die Raumschiffe haben eine archaische Grundform, das kann ein langgezogener Knochen sein oder ein Rad oder eine Kugel. Ihre Verkleidung glänzt nur an wenigen Stellen metallisch, meist hat sie eine Farbe wie ungefärbter Beton, und das verleiht ihnen eine Anmutung brutaler Widerstandskraft. Ihre Oberfläche ist übersät mit Aufsätzen und Auslässen, die aus der Ferne winzig klein erscheinen und sich, wenn sich die Kamera ihnen nähert, als ebenso riesige wie tödliche Kanonen entpuppen. Alles in allem entsteht auf den ersten Blick das Image kühler technischer Vollendung. Stanley Kubrick setzte die Aufnahmen seiner Modellraumschiffe in ein strahlend klares Licht, so dass sie vor dem tiefen Schwarz des unendlichen Weltraums bedrohlich leuchten. Auch die Innenräume verkörpern die Vorstellung, dass die Menschheit einen Zustand vollkommener Perfektion erreicht hat. Strahlendes Weiß ist die dominierende Farbe: Die Wände der Räume und Durchgangsröhren sind mit weißen Platten verkleidet, die Raumanzüge und Uniformen sind weiß, ebenso die Stühle, Tische, Bodenpanele, Schiebetüren und Leuchtdecken. Die Atmosphäre ist geradezu aseptisch sauber. Diese Sterilität wurde in den 1970er Jahren zum Vorbild für die Einrichtung von Hotellobbys und Empfangsräumen von Unternehmen, die sich besonders modern präsentieren wollten. Ebenso reduziert wie die Möblierung sind im Film die Bewegungen der Menschen darin – selbst ihre Gespräche beschränken sich nur auf das Nötigste. »2001 – Odyssee im Weltraum« wurde am 3. April 1968 nach vier Jahren Arbeit uraufgeführt. Seitdem wissen wir: Das Leben der Menschen im Weltraum ist ein perfekt durchgestaltetes Leben in absoluter Stille, absoluter Sauberkeit, absoluter Kälte und enervierender Langsamkeit. Der Mensch beherrscht und kontrolliert jede kleinste Bewegung, alles ist höchst rational und gravitätisch auf den Punkt gebracht. Diese Hybris kollabiert, als das scheinbar perfekte Werkzeug der Menschheit, der Computer HAL 9000, entgegen aller Planungen einen Fehler begeht. Das holt uns als Zuschauer wieder auf den Boden der Tatsachen herunter. Dort landete auch Stanley Kubrick, dessen Film zwar für vier Oscars nominiert wurde, aber schließlich nur einen erhielt: für die Spezialeffekte, deren Illusionskraft bis heute ungebrochen ist. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [189]
Meist entwerfen Designer die Welt von morgen und übermorgen. Wenn sie Visionen entwickeln, dann wirken diese wie Raumschiffe aus einer fernen Zukunft, die einen kurzen Zwischenstop auf der Erde eingelegt haben: Schön anzuschauen, aber folgenlos für unser Leben. Der Filmregisseur Stanley Kubrick jedoch begann 1964 mit einem Entwurf der Zukunft, der unser Weltbild entscheidend beeinflusst hat. Denn mit seinem Film »2001 – Odyssee im Weltraum« hat er unsere Vorstellung davon geprägt, wie die Menschheit schon in wenigen Jahrzehnten ganz selbstverständlich im Weltall leben würde. Das Design seiner Raumschiffe und Raumstationen ist zum Prototyp für unzählige nachfolgende Science-Fiction-Filme geworden, von »Krieg der Sterne« über «E.T.«. bis zum aktuellen Kassenschlager »Avatar«. Da ist zum einen das Äußere der Raumschiffe. Die »Discovery« ist im Film unvorstellbar lang, 225 Meter, das ist viermal so lang wie das größte Flugzeug der Welt, der Airbus A380, und das ist bis auf den heutigen Tag noch nicht serienreif. Die Raumschiffe haben eine archaische Grundform, das kann ein langgezogener Knochen sein oder ein Rad oder eine Kugel. Ihre Verkleidung glänzt nur an wenigen Stellen metallisch, meist hat sie eine Farbe wie ungefärbter Beton, und das verleiht ihnen eine Anmutung brutaler Widerstandskraft. Ihre Oberfläche ist übersät mit Aufsätzen und Auslässen, die aus der Ferne winzig klein erscheinen und sich, wenn sich die Kamera ihnen nähert, als ebenso riesige wie tödliche Kanonen entpuppen. Alles in allem entsteht auf den ersten Blick das Image kühler technischer Vollendung. Stanley Kubrick setzte die Aufnahmen seiner Modellraumschiffe in ein strahlend klares Licht, so dass sie vor dem tiefen Schwarz des unendlichen Weltraums bedrohlich leuchten. Auch die Innenräume verkörpern die Vorstellung, dass die Menschheit einen Zustand vollkommener Perfektion erreicht hat. Strahlendes Weiß ist die dominierende Farbe: Die Wände der Räume und Durchgangsröhren sind mit weißen Platten verkleidet, die Raumanzüge und Uniformen sind weiß, ebenso die Stühle, Tische, Bodenpanele, Schiebetüren und Leuchtdecken. Die Atmosphäre ist geradezu aseptisch sauber. Diese Sterilität wurde in den 1970er Jahren zum Vorbild für die Einrichtung von Hotellobbys und Empfangsräumen von Unternehmen, die sich besonders modern präsentieren wollten. Ebenso reduziert wie die Möblierung sind im Film die Bewegungen der Menschen darin – selbst ihre Gespräche beschränken sich nur auf das Nötigste. »2001 – Odyssee im Weltraum« wurde am 3. April 1968 nach vier Jahren Arbeit uraufgeführt. Seitdem wissen wir: Das Leben der Menschen im Weltraum ist ein perfekt durchgestaltetes Leben in absoluter Stille, absoluter Sauberkeit, absoluter Kälte und enervierender Langsamkeit. Der Mensch beherrscht und kontrolliert jede kleinste Bewegung, alles ist höchst rational und gravitätisch auf den Punkt gebracht. Diese Hybris kollabiert, als das scheinbar perfekte Werkzeug der Menschheit, der Computer HAL 9000, entgegen aller Planungen einen Fehler begeht. Das holt uns als Zuschauer wieder auf den Boden der Tatsachen herunter. Dort landete auch Stanley Kubrick, dessen Film zwar für vier Oscars nominiert wurde, aber schließlich nur einen erhielt: für die Spezialeffekte, deren Illusionskraft bis heute ungebrochen ist. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.