Ein Auszug aus dieser Publikation: Weltweit steht »Ulm« für einen spezifischen Anspruch an die Gestaltung der modernen Welt. Die Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Design und Architektur als Mittel zur kulturellen Bewältigung der technischen Zivilisation zu entwickeln. Wie an keinem anderen Ort konzentrierte sich die theoretische und praktische Auseinandersetzung auf die Frage, worin die gesellschaftliche Verantwortung der Gestalter besteht – vorangetrieben von Akteuren wie Otl Aicher, Max Bense, Max Bill, Gui Bonsiepe, Tomás Maldonado und Horst Rittel. Dieser Diskurs wurde auch nach der Schließung der HfG 1968 vom Ulmer Kuhberg aus weiter geführt: Zuerst im Institut für Umweltplanung IUP (1969-1972), seit 1988 durch das Internationale Forum für Gestaltung IFG Ulm. »Ulm« ist seither durch seine permanente Transformation gekennzeichnet: Jeweils neue Antworten auf die unverändert akuten Fragen nach den humanen Grundlagen der Gestaltung jenseits der Oberfläche der Dinge, geliefert von führenden Protagonisten der internationalen Gestalterszene im Gespräch mit Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kunst. Das vorliegende Buch macht diese Kontinuität mit ihren Brüchen erstmals sichtbar. Es versammelt Original-Interviews mit Ruedi Baur, Gerhard Curdes, Christopher Dell, Fred Hochstrasser, Bernd Kniess, Siegfried Maser, Ton Matton, Miguel Robles-Duran, Sabine Süß, Regula Stämpfli, Florian Walzel und Alexander Wetzig. Mit einem Text von Peter Sloterdijk. »Ulm« ist nicht Ulm »Ulm« ist kein Monolith. Was die Gestalter in aller Welt mit »Ulm« verbinden, ist nicht sich selbst gleich, auf ewige Zeiten unveränderlich. »Ulm« ist permanenter Wandel, Anpassung an veränderte Kontexte. »Ulm« ist stetige Transformation. Das wird immer dann aus Unwissenheit übersehen oder mutwillig ausgeblendet, sobald die Oberfläche von »Ulm« auf ein Dutzend Resultate reduziert wird: in der medialen Vervielfältigung nur als Verweis, in der Sammlung nur als eine Option der Designgeschichte ohne die zugrunde liegende Haltung, in der kuratierten Ausstellung nur als Fetisch inszeniert. Hinter der einsilbigen Sigle »Ulm« verbergen sich viele Initiativen. Angefangen bei der ersten Aktion Otl Aichers, wenige Wochen nach Ende des Zweiten Weltkriegs Vorträge in der weitgehend zerstörten Stadt Ulm zu bewerkstelligen. Das führte zur Gründung der Ulmer Volkshochschule. Dann die Überlegungen des sogenannten Ulmer Kreises, eine weitere Plattform namens »studio null« zu etablieren. Sodann die Hochschule für Gestaltung, HfG Ulm (1953–1968), deren Existenz durch Phasen höchst unterschiedlicher Ausrichtung geprägt ist. Nach der Schließung der HfG zum 31.12.1968 das Institut für Umweltplanung, IUP (1969–1972), welches sich selbst wiederum innerhalb von nur drei Jahren vom »Institut für Gestaltung « über das »Institut für Umweltgestaltung« zum letztlichen Namen »IUP« veränderte. Daraufhin eine lange Zeitspanne der strukturellen Konsolidierung der Stiftung, die von Anfang an (05.12.1950) institutioneller Träger der Aktivitäten auf dem Ulmer Kuhberg war. Ab 1985 formierte sich schrittweise das Internationale Forum für Gestaltung, IFG Ulm, das ab 1988 bis 2003 jährlich die Septembertagungen ausrichtete. Nach einer erneuten Zäsur Ende 2003 eröffneten die Hearings des IFG von 2004 und 2005 die Neuausrichtung seiner Aktivitäten, die im Beförderungsprogramm »Designing Politics – The Politics of Design« mündeten, das von 2006 bis 2008 ausgeschrieben wurde. Mit dem Aussetzen des Programms (als Folge der Investitionen der Stiftung in die Sanierung des HfG-Gebäudes) endet diese Dokumentation. Bisweilen waren die Veränderungen außen kaum sichtbar. Oft aber waren sie so fundamental, dass sie Irritationen, Kopfschütteln, Verärgerung provozierten. Schon im ersten Rückblick, der überhaupt zur Geschichte der HfG Ulm veröffentlicht wurde, beschreibt Otl Aicher die Existenz der »Ulmer Schule«, wie er sie nannte, nicht als eine Einheit. Er zerteilt sie in »sieben Phasen«. Ein Student, der sein Studium 1953 noch in den provisorischen Räumen der Ulmer Volkshochschule aufgenommen hat, und eine Studentin, die sich 1967 eingeschrieben hat, erlebten zwei grundverschiedene Einrichtungen. »Ulm« wurde auch nach 1968 angetrieben vom Zweifel, von der Suche nach der richtigen Antwort. »Ulm« kennt kaum Gewissheit. Nicht nur an der HfG wurden Fehler gemacht. Der Umgang damit war entscheidend. Was in der Zeit jeweils als vehementer Streit tobte, wurde aus dem Rückblick beschönigend Experiment genannt. »Ulm« hat die Welt der Gestalter gelehrt, dass Irrtum zugelassen werden muss. »Ulm« hat eine Kultur des Fragens und Ausprobierens etabliert. Der Streit gehört dazu, denn er verdeutlicht, dass man es ernst meint. Die Ulmer Themen sind nicht belanglos, sondern relevant. Sie betreffen uns, unsere Existenz, die Zukunft unseres Planeten. Darunter tut »Ulm« es nicht. Veränderung erfordert den Mut, die daraus resultierende Auseinandersetzung nicht zu scheuen. Dabei aber muss die Form gewahrt werden. »Ulm« beruht auf dem humanistisch-aufklärerischen Impetus, dass wir uns nicht die Köpfe einschlagen dürfen. Deshalb ist die Form der Auseinandersetzung, die Art und Weise, wie ich zu einem Ergebnis gelange, eine primär gestalterische Aufgabe. Deshalb hat Gestaltung immer eine virulente gesellschaftliche und politische Dimension. Das ist möglicherweise die einzige Ulmer Gewissheit. Was geschehen ist, ist Geschichte. Das vorliegende Buch ist eine erste Dokumentation. Es ist insofern ein historisches Buch. Aus diesem Grund hat sich die Kölner Gestalterin Petra Hollenbach dafür entschieden, mit Elementen zu arbeiten, die ohne Brechung und unverkennbar auf »Ulm« in seiner Ausprägung »Hochschule für Gestaltung« verweisen. Die Seiten sind in drei Spalten gegliedert, als Schrift wird die Akzidenz Grotesk verwendet, die Abbildungen springen nur innerhalb eines vorgegebenen Rasters. Früher hätte man argumentiert, die Gestaltung nehme sich zurück, aber ein solche Aussage wäre heute Nostalgie. Selbstverständlich enthält die Entscheidung für diesen Duktus des Entwerfens, Sagens und Zeigens eine spezifische Konnotation. Sie verweist auf den Glauben daran, dass die Welt mit vernünftigen Mitteln konstruierbar sei. Wir wissen heute, dass sich dieses Credo in eine Ideologie verwandelt hat und wir unser Heil nicht davon erwarten können, dass wir ihr kritik- und bedingungslos folgen. Dieses Buch soll sichtbar machen. In Ulm wurden nicht nur bis 1968, sondern auch danach die wesentlichen Fragen der Gestaltung untersucht und verhandelt. Was in Ulm geschah, war vor seiner Zeit. Diese Feststellung gilt nicht nur für die HfG. Die Themen, die das IUP und das IFG zur Sprache gebracht haben, fanden außerhalb Ulms mit einer Verzögerung von 5 bis 10 Jahren Aufnahme in den internationalen Diskurs. Die Breite und Tiefe dieser intensiven Ulmer Auseinandersetzung mit den fundamentalen Fragen der Gestaltung kann in dem vorliegenden Buch nicht ausgelotet werden. Deswegen soll hier der Ulmer Horizont von 1968 bis 2008 zumindest abgeschritten und auf die Akteure und ihre Themen aufmerksam gemacht werden. Die Aufgabe wäre erfüllt, wenn das Interesse für eine eingehendere Beschäftigung geweckt würde und sich daraus eine Folge von Tiefenbohrungen zu einzelnen Schwerpunkten ergäbe. Auch dieses Buch hätte «sine ire et studio« zustande kommen sollen. Doch bei diesem Anspruch, sich zurückzunehmen, sich als gestaltender Mensch aus dem Resultat seiner Bemühungen herauszuziehen und nur das Ergebnis sprechen zu lassen, als Autor letztlich unsichtbar zu werden, handelt es sich auch um Ideologie, vergleichbar mit der unerfüllbaren Forderung, die die Moderne an Designer und Architekten gerichtet hat. Deshalb ist auch dieses Buch behaftet mit Fehlern, Lücken, Sprüngen und Irrtümern, zuletzt mit Verblendung ebenso wie mit Zorn. Ich bin mit Ulm verbunden, seit mir 1985 das erste Mal ein Buch von Otl Aicher in der väterlichen Bibliothek in die Hände fiel. Von 1989 bis 1991 habe ich, parallel zu meinem Studium der Geschichte und Germanistik in München, mit Otl Aicher und seinem Mitarbeiter Albrecht Hotz für das Südtiroler Unternehmen durst gearbeitet. Nach meiner Veröffentlichung über die politische Geschichte der HfG Ulm lud mich die Stiftung Hochschule für Gestaltung im Herbst 2003 dazu ein, mich als Mitglied des IFG-Fachbeirats zu engagieren. Schon wenige Wochen später fiel mir die Aufgabe zu, als Vorsitzender des Fachbeirats die Aktivitäten des IFG neu auszurichten. Im Sommer 2007 beendete ich mein Engagement. Als ich Anfang 2012 von meiner Nachfolgerin als Intendantin des IFG, Regula Stämpfli, gefragt wurde, ob ich für das IFG eine Dokumentation über »Ulm bis 2008« erarbeiten wollte, habe ich mich sehr über diese Gelegenheit gefreut, die Vielschichtigkeit und den Facettenreichtum Ulms sichtbar zu machen. Ich wollte zugleich die für »Ulm« typischen Konflikte nicht unter den Tisch kehren, sondern zur Diskussion stellen und Widerspruch zulassen. Wenn Sie diese Publikation kommentieren oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [352]
Ein Auszug aus dieser Publikation: Weltweit steht »Ulm« für einen spezifischen Anspruch an die Gestaltung der modernen Welt. Die Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Design und Architektur als Mittel zur kulturellen Bewältigung der technischen Zivilisation zu entwickeln. Wie an keinem anderen Ort konzentrierte sich die theoretische und praktische Auseinandersetzung auf die Frage, worin die gesellschaftliche Verantwortung der Gestalter besteht – vorangetrieben von Akteuren wie Otl Aicher, Max Bense, Max Bill, Gui Bonsiepe, Tomás Maldonado und Horst Rittel. Dieser Diskurs wurde auch nach der Schließung der HfG 1968 vom Ulmer Kuhberg aus weiter geführt: Zuerst im Institut für Umweltplanung IUP (1969-1972), seit 1988 durch das Internationale Forum für Gestaltung IFG Ulm. »Ulm« ist seither durch seine permanente Transformation gekennzeichnet: Jeweils neue Antworten auf die unverändert akuten Fragen nach den humanen Grundlagen der Gestaltung jenseits der Oberfläche der Dinge, geliefert von führenden Protagonisten der internationalen Gestalterszene im Gespräch mit Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Kunst. Das vorliegende Buch macht diese Kontinuität mit ihren Brüchen erstmals sichtbar. Es versammelt Original-Interviews mit Ruedi Baur, Gerhard Curdes, Christopher Dell, Fred Hochstrasser, Bernd Kniess, Siegfried Maser, Ton Matton, Miguel Robles-Duran, Sabine Süß, Regula Stämpfli, Florian Walzel und Alexander Wetzig. Mit einem Text von Peter Sloterdijk. »Ulm« ist nicht Ulm »Ulm« ist kein Monolith. Was die Gestalter in aller Welt mit »Ulm« verbinden, ist nicht sich selbst gleich, auf ewige Zeiten unveränderlich. »Ulm« ist permanenter Wandel, Anpassung an veränderte Kontexte. »Ulm« ist stetige Transformation. Das wird immer dann aus Unwissenheit übersehen oder mutwillig ausgeblendet, sobald die Oberfläche von »Ulm« auf ein Dutzend Resultate reduziert wird: in der medialen Vervielfältigung nur als Verweis, in der Sammlung nur als eine Option der Designgeschichte ohne die zugrunde liegende Haltung, in der kuratierten Ausstellung nur als Fetisch inszeniert. Hinter der einsilbigen Sigle »Ulm« verbergen sich viele Initiativen. Angefangen bei der ersten Aktion Otl Aichers, wenige Wochen nach Ende des Zweiten Weltkriegs Vorträge in der weitgehend zerstörten Stadt Ulm zu bewerkstelligen. Das führte zur Gründung der Ulmer Volkshochschule. Dann die Überlegungen des sogenannten Ulmer Kreises, eine weitere Plattform namens »studio null« zu etablieren. Sodann die Hochschule für Gestaltung, HfG Ulm (1953–1968), deren Existenz durch Phasen höchst unterschiedlicher Ausrichtung geprägt ist. Nach der Schließung der HfG zum 31.12.1968 das Institut für Umweltplanung, IUP (1969–1972), welches sich selbst wiederum innerhalb von nur drei Jahren vom »Institut für Gestaltung « über das »Institut für Umweltgestaltung« zum letztlichen Namen »IUP« veränderte. Daraufhin eine lange Zeitspanne der strukturellen Konsolidierung der Stiftung, die von Anfang an (05.12.1950) institutioneller Träger der Aktivitäten auf dem Ulmer Kuhberg war. Ab 1985 formierte sich schrittweise das Internationale Forum für Gestaltung, IFG Ulm, das ab 1988 bis 2003 jährlich die Septembertagungen ausrichtete. Nach einer erneuten Zäsur Ende 2003 eröffneten die Hearings des IFG von 2004 und 2005 die Neuausrichtung seiner Aktivitäten, die im Beförderungsprogramm »Designing Politics – The Politics of Design« mündeten, das von 2006 bis 2008 ausgeschrieben wurde. Mit dem Aussetzen des Programms (als Folge der Investitionen der Stiftung in die Sanierung des HfG-Gebäudes) endet diese Dokumentation. Bisweilen waren die Veränderungen außen kaum sichtbar. Oft aber waren sie so fundamental, dass sie Irritationen, Kopfschütteln, Verärgerung provozierten. Schon im ersten Rückblick, der überhaupt zur Geschichte der HfG Ulm veröffentlicht wurde, beschreibt Otl Aicher die Existenz der »Ulmer Schule«, wie er sie nannte, nicht als eine Einheit. Er zerteilt sie in »sieben Phasen«. Ein Student, der sein Studium 1953 noch in den provisorischen Räumen der Ulmer Volkshochschule aufgenommen hat, und eine Studentin, die sich 1967 eingeschrieben hat, erlebten zwei grundverschiedene Einrichtungen. »Ulm« wurde auch nach 1968 angetrieben vom Zweifel, von der Suche nach der richtigen Antwort. »Ulm« kennt kaum Gewissheit. Nicht nur an der HfG wurden Fehler gemacht. Der Umgang damit war entscheidend. Was in der Zeit jeweils als vehementer Streit tobte, wurde aus dem Rückblick beschönigend Experiment genannt. »Ulm« hat die Welt der Gestalter gelehrt, dass Irrtum zugelassen werden muss. »Ulm« hat eine Kultur des Fragens und Ausprobierens etabliert. Der Streit gehört dazu, denn er verdeutlicht, dass man es ernst meint. Die Ulmer Themen sind nicht belanglos, sondern relevant. Sie betreffen uns, unsere Existenz, die Zukunft unseres Planeten. Darunter tut »Ulm« es nicht. Veränderung erfordert den Mut, die daraus resultierende Auseinandersetzung nicht zu scheuen. Dabei aber muss die Form gewahrt werden. »Ulm« beruht auf dem humanistisch-aufklärerischen Impetus, dass wir uns nicht die Köpfe einschlagen dürfen. Deshalb ist die Form der Auseinandersetzung, die Art und Weise, wie ich zu einem Ergebnis gelange, eine primär gestalterische Aufgabe. Deshalb hat Gestaltung immer eine virulente gesellschaftliche und politische Dimension. Das ist möglicherweise die einzige Ulmer Gewissheit. Was geschehen ist, ist Geschichte. Das vorliegende Buch ist eine erste Dokumentation. Es ist insofern ein historisches Buch. Aus diesem Grund hat sich die Kölner Gestalterin Petra Hollenbach dafür entschieden, mit Elementen zu arbeiten, die ohne Brechung und unverkennbar auf »Ulm« in seiner Ausprägung »Hochschule für Gestaltung« verweisen. Die Seiten sind in drei Spalten gegliedert, als Schrift wird die Akzidenz Grotesk verwendet, die Abbildungen springen nur innerhalb eines vorgegebenen Rasters. Früher hätte man argumentiert, die Gestaltung nehme sich zurück, aber ein solche Aussage wäre heute Nostalgie. Selbstverständlich enthält die Entscheidung für diesen Duktus des Entwerfens, Sagens und Zeigens eine spezifische Konnotation. Sie verweist auf den Glauben daran, dass die Welt mit vernünftigen Mitteln konstruierbar sei. Wir wissen heute, dass sich dieses Credo in eine Ideologie verwandelt hat und wir unser Heil nicht davon erwarten können, dass wir ihr kritik- und bedingungslos folgen. Dieses Buch soll sichtbar machen. In Ulm wurden nicht nur bis 1968, sondern auch danach die wesentlichen Fragen der Gestaltung untersucht und verhandelt. Was in Ulm geschah, war vor seiner Zeit. Diese Feststellung gilt nicht nur für die HfG. Die Themen, die das IUP und das IFG zur Sprache gebracht haben, fanden außerhalb Ulms mit einer Verzögerung von 5 bis 10 Jahren Aufnahme in den internationalen Diskurs. Die Breite und Tiefe dieser intensiven Ulmer Auseinandersetzung mit den fundamentalen Fragen der Gestaltung kann in dem vorliegenden Buch nicht ausgelotet werden. Deswegen soll hier der Ulmer Horizont von 1968 bis 2008 zumindest abgeschritten und auf die Akteure und ihre Themen aufmerksam gemacht werden. Die Aufgabe wäre erfüllt, wenn das Interesse für eine eingehendere Beschäftigung geweckt würde und sich daraus eine Folge von Tiefenbohrungen zu einzelnen Schwerpunkten ergäbe. Auch dieses Buch hätte «sine ire et studio« zustande kommen sollen. Doch bei diesem Anspruch, sich zurückzunehmen, sich als gestaltender Mensch aus dem Resultat seiner Bemühungen herauszuziehen und nur das Ergebnis sprechen zu lassen, als Autor letztlich unsichtbar zu werden, handelt es sich auch um Ideologie, vergleichbar mit der unerfüllbaren Forderung, die die Moderne an Designer und Architekten gerichtet hat. Deshalb ist auch dieses Buch behaftet mit Fehlern, Lücken, Sprüngen und Irrtümern, zuletzt mit Verblendung ebenso wie mit Zorn. Ich bin mit Ulm verbunden, seit mir 1985 das erste Mal ein Buch von Otl Aicher in der väterlichen Bibliothek in die Hände fiel. Von 1989 bis 1991 habe ich, parallel zu meinem Studium der Geschichte und Germanistik in München, mit Otl Aicher und seinem Mitarbeiter Albrecht Hotz für das Südtiroler Unternehmen durst gearbeitet. Nach meiner Veröffentlichung über die politische Geschichte der HfG Ulm lud mich die Stiftung Hochschule für Gestaltung im Herbst 2003 dazu ein, mich als Mitglied des IFG-Fachbeirats zu engagieren. Schon wenige Wochen später fiel mir die Aufgabe zu, als Vorsitzender des Fachbeirats die Aktivitäten des IFG neu auszurichten. Im Sommer 2007 beendete ich mein Engagement. Als ich Anfang 2012 von meiner Nachfolgerin als Intendantin des IFG, Regula Stämpfli, gefragt wurde, ob ich für das IFG eine Dokumentation über »Ulm bis 2008« erarbeiten wollte, habe ich mich sehr über diese Gelegenheit gefreut, die Vielschichtigkeit und den Facettenreichtum Ulms sichtbar zu machen. Ich wollte zugleich die für »Ulm« typischen Konflikte nicht unter den Tisch kehren, sondern zur Diskussion stellen und Widerspruch zulassen. Wenn Sie diese Publikation kommentieren oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.