»Das Produkt: Ein tragbares Gerät zum Abspielen von Musikcassetten, 14 mal 10 mal 2 Zentimeter, 390 Gramm, blauer und violetter Kunststoff. Erfolg hat meistens viele Väter. Beim Walkman sollen es drei gewesen sein: Zum einen der Mitgründer des japanischen Elektronikkonzerns Sony, Masaru Ibukas, dann der langjährige Vorstandschef von Sony, Akio Morita, und schließlich auch noch ein deutscher Ingenieur. Akio Morita behauptete stets, der Erfinder des Walkman gewesen zu sein. So steht es auch in seiner Biografie. Masaru Ibukas allerdings beansprucht diese Lorbeeren ebenfalls. Weil er auch bei langen Flugreisen auf die Musik seiner beiden Lieblingskomponisten Bach und Beethoven nicht verzichten wollte, habe er seine Mitarbeiter angewiesen, ein handliches Gerät zu entwickeln, das man überall hin mitnehmen kann. Nach nur vier Tagen präsentierten die Techniker eine Überarbeitung des für Journalisten gedachten Diktiergeräts »Pressman«. Das neue Kassettengerät erhielt den Namen Walkman und wurde am 1. Juli 1979 der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein kleiner Backstein für Musikfreunde, eine große Zumutung für die Umstehenden. Denn ab sofort beschallten Jugendliche unüberhörbar die Straßen, Geschäfte, Busse und Bahnen. Ihre kleinen Kopfhörer schirmten die Umwelt nicht ab, sondern erzeugten den typisch flachen Geräuschteppich. Die berüchtigten Ghettoblaster, die bis dahin bei Jugendlichen so beliebt gewesen waren, weil sie damit ihr Revier akustisch markieren konnten, hatten ausgedient. Pädagogen befürchteten nun autistische Folgen bei der Jugend. Ohrenärzte diagnostizierten Gehörschäden. Theologen beklagten die zusätzliche Konkurrenz zur Stimme Gottes im Ohr. Richter verhängten Geldbußen für zu lautes Hören im öffentlichen Nahverkehr. Es half alles nichts. Der Walkman verkörpert in jeder Hinsicht perfektes Design: Der richtige Nutzen zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Namen. Der Maestro Herbert von Karajan nutzte den Walkman, der Produktname hielt Einzug ins französische Wörterbuch »Petit Larousse« und in das Oxford English Dictionary. Aus einem Produkt war eine Gattung geworden: Jedes tragbare handliche Kassettengerät heißt seither im Volksmund Walkman. Der Hersteller selbst kam gegen diesen Erfolg nicht an: Sonys Versuch, die Nachfolgegeräte für das Abspielen von CDs »Discman« zu nennen, scheiterte kläglich. Diese Produkte heißen heute einfach: CD-Walkman. Der Walkman läuft und läuft und läuft – bis heute. Mehr als 350 Millionen Walkmänner sind seit 1979 auf die Straße gekommen, und wahrscheinlich noch 20 mal soviele von anderen Herstellern. Der dritte Vater dieses Welterfolgs, der deutsche Ingenieur Andreas Pavel, hatte allerdings schon 1977 ein Patent erhalten für, so beschrieb er es, »eine körpergebundene Kleinanlage für die hochwertige Wiedergabe von Hörereignissen«, die er Soundbelt nannte. Sony hat nie zugegeben, dass der Walkman ein Plagiat sein könnte. Aber nach dem Tode des Sony-Chefs Akio Morita kam es 2004 zu einer außergerichtlichen Einigung mit Andreas Pavel.« Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [125]
»Das Produkt: Ein tragbares Gerät zum Abspielen von Musikcassetten, 14 mal 10 mal 2 Zentimeter, 390 Gramm, blauer und violetter Kunststoff. Erfolg hat meistens viele Väter. Beim Walkman sollen es drei gewesen sein: Zum einen der Mitgründer des japanischen Elektronikkonzerns Sony, Masaru Ibukas, dann der langjährige Vorstandschef von Sony, Akio Morita, und schließlich auch noch ein deutscher Ingenieur. Akio Morita behauptete stets, der Erfinder des Walkman gewesen zu sein. So steht es auch in seiner Biografie. Masaru Ibukas allerdings beansprucht diese Lorbeeren ebenfalls. Weil er auch bei langen Flugreisen auf die Musik seiner beiden Lieblingskomponisten Bach und Beethoven nicht verzichten wollte, habe er seine Mitarbeiter angewiesen, ein handliches Gerät zu entwickeln, das man überall hin mitnehmen kann. Nach nur vier Tagen präsentierten die Techniker eine Überarbeitung des für Journalisten gedachten Diktiergeräts »Pressman«. Das neue Kassettengerät erhielt den Namen Walkman und wurde am 1. Juli 1979 der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein kleiner Backstein für Musikfreunde, eine große Zumutung für die Umstehenden. Denn ab sofort beschallten Jugendliche unüberhörbar die Straßen, Geschäfte, Busse und Bahnen. Ihre kleinen Kopfhörer schirmten die Umwelt nicht ab, sondern erzeugten den typisch flachen Geräuschteppich. Die berüchtigten Ghettoblaster, die bis dahin bei Jugendlichen so beliebt gewesen waren, weil sie damit ihr Revier akustisch markieren konnten, hatten ausgedient. Pädagogen befürchteten nun autistische Folgen bei der Jugend. Ohrenärzte diagnostizierten Gehörschäden. Theologen beklagten die zusätzliche Konkurrenz zur Stimme Gottes im Ohr. Richter verhängten Geldbußen für zu lautes Hören im öffentlichen Nahverkehr. Es half alles nichts. Der Walkman verkörpert in jeder Hinsicht perfektes Design: Der richtige Nutzen zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Namen. Der Maestro Herbert von Karajan nutzte den Walkman, der Produktname hielt Einzug ins französische Wörterbuch »Petit Larousse« und in das Oxford English Dictionary. Aus einem Produkt war eine Gattung geworden: Jedes tragbare handliche Kassettengerät heißt seither im Volksmund Walkman. Der Hersteller selbst kam gegen diesen Erfolg nicht an: Sonys Versuch, die Nachfolgegeräte für das Abspielen von CDs »Discman« zu nennen, scheiterte kläglich. Diese Produkte heißen heute einfach: CD-Walkman. Der Walkman läuft und läuft und läuft – bis heute. Mehr als 350 Millionen Walkmänner sind seit 1979 auf die Straße gekommen, und wahrscheinlich noch 20 mal soviele von anderen Herstellern. Der dritte Vater dieses Welterfolgs, der deutsche Ingenieur Andreas Pavel, hatte allerdings schon 1977 ein Patent erhalten für, so beschrieb er es, »eine körpergebundene Kleinanlage für die hochwertige Wiedergabe von Hörereignissen«, die er Soundbelt nannte. Sony hat nie zugegeben, dass der Walkman ein Plagiat sein könnte. Aber nach dem Tode des Sony-Chefs Akio Morita kam es 2004 zu einer außergerichtlichen Einigung mit Andreas Pavel.« Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.