Kleinste Abweichungen können auch im Design einen großen Unterschied bedeuten. Das absichtliche Weglassen von nur einem Faktor führt meist zu etwas ganz Neuem. Nimmt man zum Beispiel Wein, Zucker, Cola-Nüsse und Coca-Blätter, so erhält man einen aufmunternden Sirup, läßt man aber nur den Alkohol weg, so entsteht die weltweit beliebteste Brause: Coca-Cola. Dieses Produkt und seine Verpackung regen schon seit Jahrzehnten geschäftstüchtige Menschen auch dazu an, von diesem Erfolg zu partizipieren. Bloßes Nachmachen allein genügt aber nicht, man muss schon etwas Entscheidendes verändern. Zum Beispiel die Mixtur: Man könnte ja weniger Zucker nehmen und statt dessen mehr koffeinhaltige Anteile. Das Ergebnis unterscheidet sich deutlich im Geschmack vom großen Vorbild: Ein eigenständiges Produkt ist entstanden. Die 1864 gegründete Kölner Firma F. Blumhoffer Nachfolger GmbH hatte anfangs lediglich Essenzen geliefert, die für die Herstellung von Schnaps, Likören und Limonaden notwendig waren. Nach mehr als dreißig Jahren, kurz vor Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts, konzentrierte sich das Unternehmen nur noch auf die Herstellung von Limonade. Weitere dreißig Jahre später, im Jahr 1931, übernahm der Bonner Karl Flach im Alter von 26 Jahren das Unternehmen. Er hatte in den USA das Franchise-System von Coca-Cola kennengelernt, das gerade erst 1929 auf den deutschen Markt gekommen war. Karl Flach entwickelte sofort in seiner Kölner Firma das neue Getränk »Afri-Cola«, das erheblich mehr Koffein enthält und weniger süß schmeckt. Schon zum Ende des Jahres 1931 konnte er die Marke registrieren lassen. In den Fünfziger Jahren wurden in Deutschland der amerikanische Way of Life und damit auch Cola zum Inbegriff des modernen Lebens. Afri-Cola wurde populärer, konnte aber im Wettlauf mit Coca-Cola dessen dominierende Stellung nicht gefährden. Doch in den 60er Jahren gelang Karl Flach ein entscheidender Coup mit Hilfe des modernen Designs. Zum einen entwickelte der Wuppertaler Professor Jupp Ernst 1962 eine Flasche, die der Brause eine markante und eigenständige Verpackung verlieh. Der üblichen 0,2-Liter-Flasche gab er durch bloßes Weglassen von zwei großen Einbuchtungen in der Mitte eine griff-freundliche Taille. Und in schmal-fetten Kleinbuchstaben setzte er den neuen Schriftzug »afri« unter eine stilisierte Palme. Zum anderen beauftragte Karl Flach den Düsseldorfer Werbefotografen Charles Wilp mit einer skandalträchtigen Anzeigen- und Film-Kampagne, die den Nerv der späten 60er Jahre wie keine zweite traf. Ihr zentrales Motiv bestand aus attraktiven jungen Frauen, die als Nonnen verkleidet waren und den Betrachter lasziv-räkelnd durch eine vereiste Glasscheibe anblickten. Der avantgardistische Slogan hieß: »Sexy-mini-super-flower-pop-op-Cola. Alles ist in afri-cola«. Diese Mischung aus Moderne, aufkommendem Protest und Alternative zur amerikanischen Coca-Cola katapultierte Afri-Cola in die Design-Geschichtsbücher. Auch wenn das als Treibstoff nicht genügte, um in den Verkaufszahlen am ewigen Marktführer vorbeizuziehen, so etablierte sich das Getränk doch als Kult-Cola. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [180]
Kleinste Abweichungen können auch im Design einen großen Unterschied bedeuten. Das absichtliche Weglassen von nur einem Faktor führt meist zu etwas ganz Neuem. Nimmt man zum Beispiel Wein, Zucker, Cola-Nüsse und Coca-Blätter, so erhält man einen aufmunternden Sirup, läßt man aber nur den Alkohol weg, so entsteht die weltweit beliebteste Brause: Coca-Cola. Dieses Produkt und seine Verpackung regen schon seit Jahrzehnten geschäftstüchtige Menschen auch dazu an, von diesem Erfolg zu partizipieren. Bloßes Nachmachen allein genügt aber nicht, man muss schon etwas Entscheidendes verändern. Zum Beispiel die Mixtur: Man könnte ja weniger Zucker nehmen und statt dessen mehr koffeinhaltige Anteile. Das Ergebnis unterscheidet sich deutlich im Geschmack vom großen Vorbild: Ein eigenständiges Produkt ist entstanden. Die 1864 gegründete Kölner Firma F. Blumhoffer Nachfolger GmbH hatte anfangs lediglich Essenzen geliefert, die für die Herstellung von Schnaps, Likören und Limonaden notwendig waren. Nach mehr als dreißig Jahren, kurz vor Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts, konzentrierte sich das Unternehmen nur noch auf die Herstellung von Limonade. Weitere dreißig Jahre später, im Jahr 1931, übernahm der Bonner Karl Flach im Alter von 26 Jahren das Unternehmen. Er hatte in den USA das Franchise-System von Coca-Cola kennengelernt, das gerade erst 1929 auf den deutschen Markt gekommen war. Karl Flach entwickelte sofort in seiner Kölner Firma das neue Getränk »Afri-Cola«, das erheblich mehr Koffein enthält und weniger süß schmeckt. Schon zum Ende des Jahres 1931 konnte er die Marke registrieren lassen. In den Fünfziger Jahren wurden in Deutschland der amerikanische Way of Life und damit auch Cola zum Inbegriff des modernen Lebens. Afri-Cola wurde populärer, konnte aber im Wettlauf mit Coca-Cola dessen dominierende Stellung nicht gefährden. Doch in den 60er Jahren gelang Karl Flach ein entscheidender Coup mit Hilfe des modernen Designs. Zum einen entwickelte der Wuppertaler Professor Jupp Ernst 1962 eine Flasche, die der Brause eine markante und eigenständige Verpackung verlieh. Der üblichen 0,2-Liter-Flasche gab er durch bloßes Weglassen von zwei großen Einbuchtungen in der Mitte eine griff-freundliche Taille. Und in schmal-fetten Kleinbuchstaben setzte er den neuen Schriftzug »afri« unter eine stilisierte Palme. Zum anderen beauftragte Karl Flach den Düsseldorfer Werbefotografen Charles Wilp mit einer skandalträchtigen Anzeigen- und Film-Kampagne, die den Nerv der späten 60er Jahre wie keine zweite traf. Ihr zentrales Motiv bestand aus attraktiven jungen Frauen, die als Nonnen verkleidet waren und den Betrachter lasziv-räkelnd durch eine vereiste Glasscheibe anblickten. Der avantgardistische Slogan hieß: »Sexy-mini-super-flower-pop-op-Cola. Alles ist in afri-cola«. Diese Mischung aus Moderne, aufkommendem Protest und Alternative zur amerikanischen Coca-Cola katapultierte Afri-Cola in die Design-Geschichtsbücher. Auch wenn das als Treibstoff nicht genügte, um in den Verkaufszahlen am ewigen Marktführer vorbeizuziehen, so etablierte sich das Getränk doch als Kult-Cola. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.