Immer wieder waren es Quereinsteiger, die das Design durch echte Innovationen weiterentwickelt haben. Sie brachten meist einen frischen Blick auf die vorgegebenen Situationen mit, verließen die eingefahrenen Bahnen der Fachexperten und profitierten von ihren Kenntnissen auf anderen Gebieten. So zum Beispiel der italienische Ingenieur Corradino d’Ascanio. Er arbeitete als Konstrukteur von Hubschraubern und Militärflugzeugen. Sein Arbeitgeber, Enrico Piaggio, hatte zum Ende des Zweiten Weltkriegs erkannt, dass für den Wiederaufbau Italiens individuelle, motorisierte Mobilität notwendig war. Ein Motorroller schien ihm dafür das geeignete Vehikel. Allerdings war die Fabrik, die sein Vater im toskanischen Städtchen Pontedera in der Nähe von Pisa aufgebaut hatte, im Krieg völlig zerstört worden. Denn schließlich hatte Piaggio Militärflugzeuge hergestellt. Darum musste der Motorroller so konstruiert werden, dass er mit den übrig gebliebenen Maschinen und den wenigen verfügbaren Materialien produziert werden konnte. Den ersten Entwurf aus dem Jahr 1943 tauften die Arbeiter in der Fabrik »Paperino«, das ist der italienische Name für Donald Duck, und tatsächlich kam es wie eine Ente gemächlich und mit dickem Hintern watschelnd daher. Rund 100 Exemplare wurden produziert. Aber dieses Ergebnis entsprach überhaupt nicht den Vorstellungen Enrico Piaggios. Deshalb übertrug er den Auftrag seinem Flugzeugkonstrukteur Corradino d’Ascanio. Dessen Entwurf wurde im April 1946 vorgestellt. Der neue Roller beruhte auf einem konsequenten Konzept, nämlich Einfachheit. Sein Motor und die Hinterradführung waren ein gemeinsames Bauteil, dadurch wurde das Gefährt leicht und beweglich. Die Schaltung des Getriebes verlegte d’Ascanio in den Lenker, so daß man mit der Hand schalten konnte. Das Blech, auf das man seine Füße und eine Tasche stellte, schützte vor spritzendem Straßendreck, und weil das Blech durchgehend bis zum Lenker hochgezogen war, bot es zugleich auch Schutz vor Regen. Der Roller erhielt den Namen Vespa, zu deutsch: Wespe. Es wurde aus dem Stand ein Verkaufsschlager. Bis zu 8 Monate Wartezeit – oder hohe Schwarzmarktpreise – mussten die Interessenten in Kauf nehmen. Zum Beweis dafür, dass die Vespa nicht nur bequem, robust und alltagstauglich war, wurden schon 1947 die ersten Rennen ausgetragen. Zum Mythos aber ist die Vespa in Deutschland geworden, weil sie in den 50er und 60er Jahren, als die deutsche Sehnsucht Italien überflutete, vermutlich in jedem italienischen Film eine tragende Rolle spielte. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [182]
Immer wieder waren es Quereinsteiger, die das Design durch echte Innovationen weiterentwickelt haben. Sie brachten meist einen frischen Blick auf die vorgegebenen Situationen mit, verließen die eingefahrenen Bahnen der Fachexperten und profitierten von ihren Kenntnissen auf anderen Gebieten. So zum Beispiel der italienische Ingenieur Corradino d’Ascanio. Er arbeitete als Konstrukteur von Hubschraubern und Militärflugzeugen. Sein Arbeitgeber, Enrico Piaggio, hatte zum Ende des Zweiten Weltkriegs erkannt, dass für den Wiederaufbau Italiens individuelle, motorisierte Mobilität notwendig war. Ein Motorroller schien ihm dafür das geeignete Vehikel. Allerdings war die Fabrik, die sein Vater im toskanischen Städtchen Pontedera in der Nähe von Pisa aufgebaut hatte, im Krieg völlig zerstört worden. Denn schließlich hatte Piaggio Militärflugzeuge hergestellt. Darum musste der Motorroller so konstruiert werden, dass er mit den übrig gebliebenen Maschinen und den wenigen verfügbaren Materialien produziert werden konnte. Den ersten Entwurf aus dem Jahr 1943 tauften die Arbeiter in der Fabrik »Paperino«, das ist der italienische Name für Donald Duck, und tatsächlich kam es wie eine Ente gemächlich und mit dickem Hintern watschelnd daher. Rund 100 Exemplare wurden produziert. Aber dieses Ergebnis entsprach überhaupt nicht den Vorstellungen Enrico Piaggios. Deshalb übertrug er den Auftrag seinem Flugzeugkonstrukteur Corradino d’Ascanio. Dessen Entwurf wurde im April 1946 vorgestellt. Der neue Roller beruhte auf einem konsequenten Konzept, nämlich Einfachheit. Sein Motor und die Hinterradführung waren ein gemeinsames Bauteil, dadurch wurde das Gefährt leicht und beweglich. Die Schaltung des Getriebes verlegte d’Ascanio in den Lenker, so daß man mit der Hand schalten konnte. Das Blech, auf das man seine Füße und eine Tasche stellte, schützte vor spritzendem Straßendreck, und weil das Blech durchgehend bis zum Lenker hochgezogen war, bot es zugleich auch Schutz vor Regen. Der Roller erhielt den Namen Vespa, zu deutsch: Wespe. Es wurde aus dem Stand ein Verkaufsschlager. Bis zu 8 Monate Wartezeit – oder hohe Schwarzmarktpreise – mussten die Interessenten in Kauf nehmen. Zum Beweis dafür, dass die Vespa nicht nur bequem, robust und alltagstauglich war, wurden schon 1947 die ersten Rennen ausgetragen. Zum Mythos aber ist die Vespa in Deutschland geworden, weil sie in den 50er und 60er Jahren, als die deutsche Sehnsucht Italien überflutete, vermutlich in jedem italienischen Film eine tragende Rolle spielte. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.