Design ist nicht immer seiner Zeit voraus. Manchmal wundert man sich auch, wie lange es dauert, bis ein einfaches Alltagsproblem durch kluges Design gelöst wird. Das bedeutet zugleich, dass es oft Designer sind, die zuerst ein Problem erkennen, das für viele andere Menschen überhaupt keines ist. Zum Beispiel das Öffnen einer Konservendose: Geschlagene fünf Jahrzehnte lang haben die Menschen sie ganz selbstverständlich auf brutalstmögliche Art geöffnet, nämlich mit starken Taschenmessern. Oder gar mit ihren Bajonetten, denn Konservendosen wurden anfangs vorwiegend für die Verpflegung von Soldaten genutzt. Zuerst setzte die Royal Navy sie ein, als die Marine Ihrer Majestät 1810 gegen Napoleon in den Krieg zog. Man könnte sogar sagen, die Franzosen wurden mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Denn es war der Pariser Koch Nicolas-François Appert, der 1804 das Verfahren erfunden hatte, gekochtes Essen in Metalldosen zu stopfen und den Deckel durch Löten luftdicht zu verschließen. Andererseits kann es auch nicht verwundern, dass der Clou dieser Erfindung im kulinarisch verfeinerten Frankreich nicht auf größeres Interesse stieß. Durch den amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 wurde die Konservendose in Nordamerika verbreitet. Auch hier gab es jedoch keine speziellen Werkzeuge zum Öffnen. Die Soldaten benutzten kurzerhand ihre üblichen Waffen und schossen und stachen zum Dosenöffnen auf sie ein. Allerdings waren die ersten Konservenbüchsen auch aus massivem Metall gefertigt und wogen schwerer als ihr Inhalt. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten die Fabriken Büchsen aus dünnerem Blech herstellen. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Versuche spezialisierter Werkzeuge. Diese ähnelten sichelförmigen Messern. Sie erforderten gleichermaßen Kraft und Geschick, denn man konnte seine Hand, die die Konserve festhielt, durch Abrutschen ernsthaft verletzen. Der Büchsenöffner, der auf dem Prinzip eines sich drehenden Schneidrads beruht, welches am Rand der Büchse entlangläuft, ist eine Erfindung des Amerikaners William W. Lyman. Ein spitzer Dorn am Ende des Werkzeugs musste in die Mitte des Deckels gerammt werden, dann konnte man das Schneidrad an den Rand der Dose pressen und rundherum führen. 1870 erhielt Lyman dafür ein Patent. 55 Jahre lang war sein Werkzeug konkurrenzlos. Erst 1925 stellte die »Star Can Opener Company« aus San Francisco die Version des Büchsenöffners vor, wie wir ihn noch heute kennen. Das Unternehmen fügte ein zweites Rad hinzu, das mittels Zahnrädern in das erste hineingreift und dadurch eine möglichst enge Spurführung am Dosenrand erzeugt. Diese kleine Verbesserung war so effizient, dass sie bis heute Bestand hat. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [210]
Design ist nicht immer seiner Zeit voraus. Manchmal wundert man sich auch, wie lange es dauert, bis ein einfaches Alltagsproblem durch kluges Design gelöst wird. Das bedeutet zugleich, dass es oft Designer sind, die zuerst ein Problem erkennen, das für viele andere Menschen überhaupt keines ist. Zum Beispiel das Öffnen einer Konservendose: Geschlagene fünf Jahrzehnte lang haben die Menschen sie ganz selbstverständlich auf brutalstmögliche Art geöffnet, nämlich mit starken Taschenmessern. Oder gar mit ihren Bajonetten, denn Konservendosen wurden anfangs vorwiegend für die Verpflegung von Soldaten genutzt. Zuerst setzte die Royal Navy sie ein, als die Marine Ihrer Majestät 1810 gegen Napoleon in den Krieg zog. Man könnte sogar sagen, die Franzosen wurden mit ihren eigenen Waffen geschlagen. Denn es war der Pariser Koch Nicolas-François Appert, der 1804 das Verfahren erfunden hatte, gekochtes Essen in Metalldosen zu stopfen und den Deckel durch Löten luftdicht zu verschließen. Andererseits kann es auch nicht verwundern, dass der Clou dieser Erfindung im kulinarisch verfeinerten Frankreich nicht auf größeres Interesse stieß. Durch den amerikanischen Bürgerkrieg von 1861 wurde die Konservendose in Nordamerika verbreitet. Auch hier gab es jedoch keine speziellen Werkzeuge zum Öffnen. Die Soldaten benutzten kurzerhand ihre üblichen Waffen und schossen und stachen zum Dosenöffnen auf sie ein. Allerdings waren die ersten Konservenbüchsen auch aus massivem Metall gefertigt und wogen schwerer als ihr Inhalt. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten die Fabriken Büchsen aus dünnerem Blech herstellen. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Versuche spezialisierter Werkzeuge. Diese ähnelten sichelförmigen Messern. Sie erforderten gleichermaßen Kraft und Geschick, denn man konnte seine Hand, die die Konserve festhielt, durch Abrutschen ernsthaft verletzen. Der Büchsenöffner, der auf dem Prinzip eines sich drehenden Schneidrads beruht, welches am Rand der Büchse entlangläuft, ist eine Erfindung des Amerikaners William W. Lyman. Ein spitzer Dorn am Ende des Werkzeugs musste in die Mitte des Deckels gerammt werden, dann konnte man das Schneidrad an den Rand der Dose pressen und rundherum führen. 1870 erhielt Lyman dafür ein Patent. 55 Jahre lang war sein Werkzeug konkurrenzlos. Erst 1925 stellte die »Star Can Opener Company« aus San Francisco die Version des Büchsenöffners vor, wie wir ihn noch heute kennen. Das Unternehmen fügte ein zweites Rad hinzu, das mittels Zahnrädern in das erste hineingreift und dadurch eine möglichst enge Spurführung am Dosenrand erzeugt. Diese kleine Verbesserung war so effizient, dass sie bis heute Bestand hat. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.