Gutes Design hat immer damit zu tun, dass etwas Neues in die Welt kommt. Nicht immer allerdings wird es direkt so benannt. Den beiden beiden englischen Chemikern William Ramsay und Morris Travers diente das alte griechische Wort für neu, neos, im Jahr 1898 als Vorlage, nach der sie ihre Entdeckung benannten: Neon, ein farbloses Edelgas, das man weder riechen noch schmecken kann. Ramsay und Travers wunderten sich, dass das Gas orangefarben leuchtet, wenn es in einem Glaskolben elektrischer Entladung ausgesetzt wird. Sie versuchten, diese Leuchtfarbe zu ändern, aber es gelang ihnen nicht. Die Neonröhre glühte erstmal nur orange-rötlich. Erst 11 Jahre später, im Jahr 1909, gelang es dem französischen Physiker George Claude, die Neonröhre in ein industrielles Serienprodukt zu verwandeln, das einen bestechenden Vorteil aufwies: Im Unterschied zur Beleuchtung mit Glaskörpern, in denen starre Kohlefäden fest installiert waren, erzeugten seine mit Neongas gefüllten Röhren ein gleichmäßiges Leuchten – unabhängig von der Länge und der Form des Leuchtkörpers. Die Neonröhre bedeutete deshalb für die Moderne, dass die technisch perfekte Umsetzung ihres architektonischen Ideals gefunden war. Transparenz galt als das höchste anzustrebende Ziel. Deshalb wurden die neuen Kathedralen des Industrie- und Maschinenzeitalters aus Stahl und Glas konstruiert. Sie erschienen den Zeitgenossen als kristalline Bauwerke, so wie der berühmte Glaspalast Joseph Paxtons, der in London 1851 die erste Weltausstellung beherbergte, oder das Grand Palais. Eben dort in Paris demonstrierte George Claude 1910 erstmals, dass Neonröhren so gleichmäßig hell erstrahlen konnten, als ob jetzt das Licht selbst zu einem identischen Serienprodukt aus der Fabrik geworden wäre. Der Versuch, die Neonröhre für die Beleuchtung von Innenräumen einzusetzen, wurde trotzdem ein Misserfolg. Aber schnell wurde ihr Wert für einen gänzlich anderen Bereich der modernen Welt erkannt: Der französische Werbefachmann Jacques Fonseque begriff, dass die Neonröhre als Werbeträger an Hausfassaden großen Eindruck macht. So strahlte 1912 erstmals Neonwerbung auf dem Boulevard Montmatre in Paris. Vielmehr als für die Leuchtreklame interessierte sich George Claude jedoch dafür, reinen Sauerstoff aus der Luft zu isolieren. Dafür hatte er schon 1902 die Firma »Air Liquide« gegründet, die ihn reich machte und die heute mit 42.000 Mitarbeitern und 12 Milliarden Euro Umsatz zu den wichtigsten französischen Unternehmen zählt. Sein Patent für die Erfindung der Neonröhre erhielt George Claude erst 1915, und da war die Neonreklame schon längst nichts Neues mehr. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [213]
Gutes Design hat immer damit zu tun, dass etwas Neues in die Welt kommt. Nicht immer allerdings wird es direkt so benannt. Den beiden beiden englischen Chemikern William Ramsay und Morris Travers diente das alte griechische Wort für neu, neos, im Jahr 1898 als Vorlage, nach der sie ihre Entdeckung benannten: Neon, ein farbloses Edelgas, das man weder riechen noch schmecken kann. Ramsay und Travers wunderten sich, dass das Gas orangefarben leuchtet, wenn es in einem Glaskolben elektrischer Entladung ausgesetzt wird. Sie versuchten, diese Leuchtfarbe zu ändern, aber es gelang ihnen nicht. Die Neonröhre glühte erstmal nur orange-rötlich. Erst 11 Jahre später, im Jahr 1909, gelang es dem französischen Physiker George Claude, die Neonröhre in ein industrielles Serienprodukt zu verwandeln, das einen bestechenden Vorteil aufwies: Im Unterschied zur Beleuchtung mit Glaskörpern, in denen starre Kohlefäden fest installiert waren, erzeugten seine mit Neongas gefüllten Röhren ein gleichmäßiges Leuchten – unabhängig von der Länge und der Form des Leuchtkörpers. Die Neonröhre bedeutete deshalb für die Moderne, dass die technisch perfekte Umsetzung ihres architektonischen Ideals gefunden war. Transparenz galt als das höchste anzustrebende Ziel. Deshalb wurden die neuen Kathedralen des Industrie- und Maschinenzeitalters aus Stahl und Glas konstruiert. Sie erschienen den Zeitgenossen als kristalline Bauwerke, so wie der berühmte Glaspalast Joseph Paxtons, der in London 1851 die erste Weltausstellung beherbergte, oder das Grand Palais. Eben dort in Paris demonstrierte George Claude 1910 erstmals, dass Neonröhren so gleichmäßig hell erstrahlen konnten, als ob jetzt das Licht selbst zu einem identischen Serienprodukt aus der Fabrik geworden wäre. Der Versuch, die Neonröhre für die Beleuchtung von Innenräumen einzusetzen, wurde trotzdem ein Misserfolg. Aber schnell wurde ihr Wert für einen gänzlich anderen Bereich der modernen Welt erkannt: Der französische Werbefachmann Jacques Fonseque begriff, dass die Neonröhre als Werbeträger an Hausfassaden großen Eindruck macht. So strahlte 1912 erstmals Neonwerbung auf dem Boulevard Montmatre in Paris. Vielmehr als für die Leuchtreklame interessierte sich George Claude jedoch dafür, reinen Sauerstoff aus der Luft zu isolieren. Dafür hatte er schon 1902 die Firma »Air Liquide« gegründet, die ihn reich machte und die heute mit 42.000 Mitarbeitern und 12 Milliarden Euro Umsatz zu den wichtigsten französischen Unternehmen zählt. Sein Patent für die Erfindung der Neonröhre erhielt George Claude erst 1915, und da war die Neonreklame schon längst nichts Neues mehr. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.