Am 24. Juni 1952 erscheint die BILD-Zeitung erstmals in Deutschland. Als Lückenfüller soll Reinhard Beuthien eine Zeichnung liefern. Nachdem sein erster Entwurf, ein Baby, abgelehnt wird, überarbeitet er das Bild: Das Kindergesicht bleibt, aber die Figur verwandelt sich in eine junge Frau mit Pferdeschwanz, langen Wimpern, einem Schmollmund, großen Brüsten, schmaler Taille und langen Beinen. Sie erhält den Namen Lilli und sitzt in diesem ersten Bild bei der Wahrsagerin und fragt, ob sie ihr nicht Namen und Adresse eines reichen gutaussehenden Mannes sagen könne. Fortan erschien Lilli jeden Tag in der Bild mit einem Spruch, den wir als Blondinen-Witz bezeichnen würden. Schon nach 3 Jahren, 1955, gibt es Lilli auch als Modepuppe aus Hartplastik. Sie wird nicht als Kinderspielzeug verkauft, dafür ist sie zu teuer: Sie kostet 12 Mark. Die BILD-Lilli gilt als mehr oder weniger originelles Geschenk für Erwachsene. 1956 unternimmt das amerikanische Ehepaar Ruth und Elliot Händler eine Europareise. Die vierzigjährigen Handlers sind erfolgreiche Unternehmer. Elliot hat Industrial Design am Art Center College of Design in Passadenas studiert und 1945 gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Harold Masten die Firma Mattel gegründet. Zuerst stellten sie in einer Garage Bilderrahmen her. Aus den Materialresten entwarf Elliot Puppenmöbel, die sich viel besser verkauften als die Rahmen. Also schwenkten sie darauf um. Für ihre Tochter suchte Ruth Handler eine Spielzeugpuppe. Es gab nur solche, die Babys imitierten, so dass die heranwachsenden Mädchen damit nur ihre spätere Rolle als Mutter spielen konnten. Als Ruth in Basel die BILD-Lilli entdeckt, ist sie begeistert: Eine Puppe, die kein Baby sein soll, sondern eine richtige erwachsene Frau. Sie kauft gleich drei Exemplare: Eins für ihre Tochter und zwei für die Firma. Zuhause in Kalifornien überarbeitet ihr Mann Elliot die Puppe. Er nennt sie, in Anlehnung an den Namen seiner Tochter Barbara, Barbie. Seine Firma Mattel veröffentlicht sie auf der Spielwarenmesse in New York am 3. März 1959. Sie ist 30 Zentimeter groß und hat von ihrem Schöpfer einen fantastischen Körperbau geschenkt bekommen: Im richtigen Leben wären ihre Maße 99-46-84. Ihre Proportionen sind unübersehbar, denn sie trägt in der Verkaufsverpackung nur einen schwarz-weiß gestreiften Zebra-Badeanzug. Sie kommt also nicht ganz nackt auf die Welt, aber doch fast. Die Mädchen – oder besser: die Eltern der Mädchen – sollen ihr schließlich etwas zum Anziehen kaufen. Ob das schon Emanzipation bedeutet, weil dadurch die Rolle der Puppen von den Kindern selbst bestimmt werden, kann man bezweifeln. Es stellt sich zumindest als eine solide Geschäftsgrundlage heraus. Denn die Mode ändert sich permanent, so dass nie das Richtige zum Anziehen da ist, ganz egal, wie voll der Kleiderschrank auch sein mag. Aber mit diesem Problem kann sich ja ihr Freund Ken herumschlagen. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [252]
Am 24. Juni 1952 erscheint die BILD-Zeitung erstmals in Deutschland. Als Lückenfüller soll Reinhard Beuthien eine Zeichnung liefern. Nachdem sein erster Entwurf, ein Baby, abgelehnt wird, überarbeitet er das Bild: Das Kindergesicht bleibt, aber die Figur verwandelt sich in eine junge Frau mit Pferdeschwanz, langen Wimpern, einem Schmollmund, großen Brüsten, schmaler Taille und langen Beinen. Sie erhält den Namen Lilli und sitzt in diesem ersten Bild bei der Wahrsagerin und fragt, ob sie ihr nicht Namen und Adresse eines reichen gutaussehenden Mannes sagen könne. Fortan erschien Lilli jeden Tag in der Bild mit einem Spruch, den wir als Blondinen-Witz bezeichnen würden. Schon nach 3 Jahren, 1955, gibt es Lilli auch als Modepuppe aus Hartplastik. Sie wird nicht als Kinderspielzeug verkauft, dafür ist sie zu teuer: Sie kostet 12 Mark. Die BILD-Lilli gilt als mehr oder weniger originelles Geschenk für Erwachsene. 1956 unternimmt das amerikanische Ehepaar Ruth und Elliot Händler eine Europareise. Die vierzigjährigen Handlers sind erfolgreiche Unternehmer. Elliot hat Industrial Design am Art Center College of Design in Passadenas studiert und 1945 gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Harold Masten die Firma Mattel gegründet. Zuerst stellten sie in einer Garage Bilderrahmen her. Aus den Materialresten entwarf Elliot Puppenmöbel, die sich viel besser verkauften als die Rahmen. Also schwenkten sie darauf um. Für ihre Tochter suchte Ruth Handler eine Spielzeugpuppe. Es gab nur solche, die Babys imitierten, so dass die heranwachsenden Mädchen damit nur ihre spätere Rolle als Mutter spielen konnten. Als Ruth in Basel die BILD-Lilli entdeckt, ist sie begeistert: Eine Puppe, die kein Baby sein soll, sondern eine richtige erwachsene Frau. Sie kauft gleich drei Exemplare: Eins für ihre Tochter und zwei für die Firma. Zuhause in Kalifornien überarbeitet ihr Mann Elliot die Puppe. Er nennt sie, in Anlehnung an den Namen seiner Tochter Barbara, Barbie. Seine Firma Mattel veröffentlicht sie auf der Spielwarenmesse in New York am 3. März 1959. Sie ist 30 Zentimeter groß und hat von ihrem Schöpfer einen fantastischen Körperbau geschenkt bekommen: Im richtigen Leben wären ihre Maße 99-46-84. Ihre Proportionen sind unübersehbar, denn sie trägt in der Verkaufsverpackung nur einen schwarz-weiß gestreiften Zebra-Badeanzug. Sie kommt also nicht ganz nackt auf die Welt, aber doch fast. Die Mädchen – oder besser: die Eltern der Mädchen – sollen ihr schließlich etwas zum Anziehen kaufen. Ob das schon Emanzipation bedeutet, weil dadurch die Rolle der Puppen von den Kindern selbst bestimmt werden, kann man bezweifeln. Es stellt sich zumindest als eine solide Geschäftsgrundlage heraus. Denn die Mode ändert sich permanent, so dass nie das Richtige zum Anziehen da ist, ganz egal, wie voll der Kleiderschrank auch sein mag. Aber mit diesem Problem kann sich ja ihr Freund Ken herumschlagen. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.