>>> Mitschnitt der Sendung Zu dieser Publikation Das Erstaunliche an der Arbeit Konstantin Grcics liegt in einer entscheidenden Tatsache, die ihn von den meisten Designern unserer Zeit abhebt. Grcic stellt nicht nur die richtigen Fragen an die Dinge, die zu gestalten seien – und diese Fragen kreisen immer um den Menschen und seinen Umgang mit den Dingen, seine Anwendungen, seine Wünsche. Solche Fragen nach dem Sitzen in verschiedenen Situationen, nach dem beiläufigen Abstellen eines Glases, nach dem temporären Aufbewahren oder dem endgültigen Wegwerfen stellen auch einige andere. Im Unterschied zu diesen sind die Arbeiten von Grcic jedoch keine abschließenden Antworten. Sie erheben nicht den Anspruch, dass damit alles gesagt sei – soll heißen: dass ihre Urheber damit das letzte Wort hätten. Nach dem Motto: Der letztgültige Stuhl, die endgültige Leuchte, die unübertreffliche Tasche. Grcic entwickelt Lösungen im Sinne eines Statements, einer Stellungnahme, die zu diskutieren sei, an die also andere anknüpfen können, wenn sie den fortlaufenden Austausch von Rede und Widerrede ernst nehmen und nicht bloß egomanisch aufs lautstarke Aneinandervorbeireden abgerichtet sind. Um einen Beitrag zu diesem kontinuierlichen Austausch leisten zu können, muss man selbst zuerst genau zuhören können: Grcic beobachtet die Dinge, die bereits vorhanden sind, in ihren Zusammenhängen. Es gelingt ihm, daraus Anknüpfungspunkte für ihre behutsame Weiterentwicklung zu bestimmen. Dieses Vorgehen wird ihm bisweilen vorgeworfen, weil es als Zitat, Imitat oder Plagiat vollkommen missverstanden wird. Solchen Vorwürfen liegt aber der fundamentale Irrtum zugrunde, dass ein Gestalter nur dann von Rang sei, wenn er jede Woche eine neue Welt erschaffe. Darum kann es längst nicht mehr gehen. Wie weit verbreitet dieses Missverständnis allerdings ist, zeigt die erschütternd ignorante Reaktion auf seine Präsentation des deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale in Venedig 2012. Mit »Reduce Reuse Recycle« hat Grcic nicht nur den Fokus für das gegenwärtig notwendige Denken, Reden und Handeln zur Bewältigung der akuten Notstände unserer Gesellschaften ausgeleuchtet. Er hat auch den Versuch unternommen, eine ästhetische Lösung für diese Herausforderung zu entwickeln. Um den nächsten -ismus, um den nächsten Stil kann es dabei wahrhaftig nicht gehen. Mit seinem Panorama eröffnet uns Konstantin Grcic den Einblick, Rundumblick und Ausblick auf seine Sicht der Dinge. Es ist gewiss keine anschmiegsame, geschmeidige und gefällig-gefügige Welt der Dinge. Das Universum, das er vor uns ausbreitet, befindet sich in der Schwebe. Es kommt drauf an, was wir damit machen. Wenn Sie dies kommentieren oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [394]
Das Erstaunliche an der Arbeit Konstantin Grcics liegt in einer entscheidenden Tatsache, die ihn von den meisten Designern unserer Zeit abhebt. Grcic stellt nicht nur die richtigen Fragen an die Dinge, die zu gestalten seien – und diese Fragen kreisen immer um den Menschen und seinen Umgang mit den Dingen, seine Anwendungen, seine Wünsche. Solche Fragen nach dem Sitzen in verschiedenen Situationen, nach dem beiläufigen Abstellen eines Glases, nach dem temporären Aufbewahren oder dem endgültigen Wegwerfen stellen auch einige andere. Im Unterschied zu diesen sind die Arbeiten von Grcic jedoch keine abschließenden Antworten. Sie erheben nicht den Anspruch, dass damit alles gesagt sei – soll heißen: dass ihre Urheber damit das letzte Wort hätten. Nach dem Motto: Der letztgültige Stuhl, die endgültige Leuchte, die unübertreffliche Tasche. Grcic entwickelt Lösungen im Sinne eines Statements, einer Stellungnahme, die zu diskutieren sei, an die also andere anknüpfen können, wenn sie den fortlaufenden Austausch von Rede und Widerrede ernst nehmen und nicht bloß egomanisch aufs lautstarke Aneinandervorbeireden abgerichtet sind. Um einen Beitrag zu diesem kontinuierlichen Austausch leisten zu können, muss man selbst zuerst genau zuhören können: Grcic beobachtet die Dinge, die bereits vorhanden sind, in ihren Zusammenhängen. Es gelingt ihm, daraus Anknüpfungspunkte für ihre behutsame Weiterentwicklung zu bestimmen. Dieses Vorgehen wird ihm bisweilen vorgeworfen, weil es als Zitat, Imitat oder Plagiat vollkommen missverstanden wird. Solchen Vorwürfen liegt aber der fundamentale Irrtum zugrunde, dass ein Gestalter nur dann von Rang sei, wenn er jede Woche eine neue Welt erschaffe. Darum kann es längst nicht mehr gehen. Wie weit verbreitet dieses Missverständnis allerdings ist, zeigt die erschütternd ignorante Reaktion auf seine Präsentation des deutschen Pavillons auf der Architekturbiennale in Venedig 2012. Mit »Reduce Reuse Recycle« hat Grcic nicht nur den Fokus für das gegenwärtig notwendige Denken, Reden und Handeln zur Bewältigung der akuten Notstände unserer Gesellschaften ausgeleuchtet. Er hat auch den Versuch unternommen, eine ästhetische Lösung für diese Herausforderung zu entwickeln. Um den nächsten -ismus, um den nächsten Stil kann es dabei wahrhaftig nicht gehen. Mit seinem Panorama eröffnet uns Konstantin Grcic den Einblick, Rundumblick und Ausblick auf seine Sicht der Dinge. Es ist gewiss keine anschmiegsame, geschmeidige und gefällig-gefügige Welt der Dinge. Das Universum, das er vor uns ausbreitet, befindet sich in der Schwebe. Es kommt drauf an, was wir damit machen. Wenn Sie dies kommentieren oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.