Josef Albers hat zweimal an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm seine Grundlehre durchgeführt. Zuerst vom Ende des Jahres 1953 bis zum Beginn des Jahres 1954, noch in den provisorischen Räumen der HfG, die ihr von der Ulmer Volkshochschule zur Verfügung gestellt wurden. Dann vom Juni bis zum August 1955 im HfG-Gebäude auf dem Oberen Kuhberg, also noch vor deren offiziellen Einweihung am 1./2. Oktober 1955.
Josef Albers twice carried out his foundation course at the Ulm School of Design (HfG). First, from the end of 1953 to the beginning of 1954, still in the provisional rooms of the HfG, which were made available to it by the Ulm Adult Education Center. Then from June to August 1955 in the HfG building on the Upper Kuhberg, i.e. before its official opening on October 1-2, 1955.
Hans G. Conrad, der erste eingeschriebene HfG-Student, hat in diesen beiden Grundlehren etwa 400 Bilder mit seiner Leica aufgenommen (schwarz-weiß, 24×36 mm). Außerdem sind etwa 80 Papierarbeiten Conrads aus Albers‘ Übungen zur »Interaction of Color« erhalten.
Hans G. Conrad, the first enrolled HfG student, took about 400 pictures with his Leica (black and white, 24×36 mm) during these two foundation courses. In addition, about 80 of Conrad’s works on paper from Albers‘ exercises on the „Interaction of Color“ have been preserved.
Dieses Buch zeigt erstmals sämtliche Bilder von Josef Albers in seiner »interaction« mit den Studierenden und weiteren Akteuren der HfG Ulm, z.B. Inge Aicher-Scholl und Otl Aicher. Das Buch wird von einem Essay (dt./engl.) eingeleitet. Gestaltung: Petra Hollenbach, Köln.
This book shows for the first time all the images of Josef Albers in his „interaction“ with the students and other actors of the HfG Ulm, e.g. Inge Aicher-Scholl and Otl Aicher. The book is introduced by an essay (German/English). Design: Petra Hollenbach, Cologne.
Die Umschlagbanderole zeigt einen Karton, den Conrad für die Archivierung seiner Negative verwendet hat. An der oberen Kante hat Conrad die entsprechenden Kontaktstreifen aufgeklebt. Hinter der Lasche liegen die passenden Negative. Die Kartons dokumentieren außerdem Conrads handschriftliche Markierungen für die Reproduktion einzelner Bilder (Ausschnitte etc.) und Informationen über Personen, Ort und Datum der Aufnahme.
The cover sleeve shows a cardboard that Conrad used for archiving his negatives. On the upper edge, Conrad has glued on the corresponding contact strips. Behind the flap are the matching negatives. The cardboard also documents Conrad’s handwritten markings for the reproduction of specific images (cutouts, etc.) and information about people, location, and date of the photograph.
Dieses Buch konnte dank der Förderung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und der Stiftung Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm veröffentlicht werden.
This book was published thanks to the support of the Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Foundation and the Ulm School of Design (HfG) Foundation.
René Spitz (Hg.): Hans G. Conrad, Interaction of Albers. Vorworte von Alexander Wetzig, Stiftung Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm, und Volker Troche, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, zweisprachig deutsch/englisch. 304 Seiten, 726 Abbildungen (davon 206 farbige Abb.), Leinenbindung. Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2021. 78 EUR. ISBN 978-3753300634. Gestaltung: Petra Hollenbach. Grafische Assistenz: Mareena van Cube, Ulli Hammer. Bildbearbeitung: Thomas Wildermuth.
Begleitend gibt es auch ein Portfolio aus 5 Bildern, die Conrad von Albers aufgenommen hat. Wenn Sie an dem Portfolio interessiert sind, freue ich mich über Ihre E-Mail.
Als Josef Albers am 24. November 1953 auf dem Überseedampfer »United States« in Bremerhaven einlief, waren die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs immer noch sichtbar und spürbar. Genau 20 Jahre lag es zurück, dass der Künstler aus Deutschland geflohen war: Gemeinsam mit seiner Frau Anni hatte er am 24. November 1933 den New Yorker Hafen an Bord der »S.S. Europa« erreicht.
Josef Albers hatte ab 1923 im Vorkurs am Bauhaus gelehrt und ihn ab 1928 geleitet. Von 1933 bis 1950 lehrte er am Black Mountain College. 1950 war er zum Direktor des Department of Design an der Universität Yale berufen worden.
Das Ehepaar hatte ein Deutsches Reich verlassen, in dem das Leben vieler Menschen schon seit langem von alltäglicher Gewalt geprägt gewesen war. Jetzt erlebte Albers, wohin die Deutschen nach 12 Jahren NS-Regime, die Hälfte davon im Weltkrieg, gelangt waren: Ein amputiertes und viergeteiltes Land, zerstörte Städte voller Ruinen, vernichtetes Leben, zerrissene Familien, erniedrigte Persönlichkeiten und erschütterte Werte einer Gesellschaft, in der Humanität, Anstand und Aufrichtigkeit von Unmenschlichkeit, Niedertracht und Feigheit in den Schmutz gerissen worden waren. Ausnahmen hatten die Regel bestätigt. Zu solchen Ausnahme-Erscheinungen zählten die Geschwister Hans und Sophie Scholl, die gemeinsam mit einem kleinen Kreis gegen das herrschende Regime Widerstand geleistet hatten und deshalb von den Nazis 1943 ermordet worden waren.
Josef Albers folgte einem Ruf nach Ulm, den Max Bill und Inge Aicher-Scholl ausgesprochen hatten. Inge Aicher-Scholl war die älteste Schwester Hans und Sophie Scholls. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sie die Ulmer Volkshochschule gegründet. Sie wollte einen Beitrag für eine neue Bildung leisten, damit in Deutschland eine freiheitliche und demokratische Zivilgesellschaft entstehen konnte. Sie wurde darin unterstützt von Otl Aicher, einem Freund ihrer Geschwister, den sie 1952 heiratete, sowie einem Kreis aus Intellektuellen und politisch Engagierten.
Wie an vielen Orten in Nachkriegsdeutschland, sah der »Ulmer Kreis« im Ende des NS-Regimes die Chance eines völligen Neuanfangs, der »Stunde Null«. Doch im Unterschied zu den meisten anderen Initiativen bewahrten die Ulmer ihren Veränderungswillen über Jahre. Sie beschäftigten sich schon seit 1945 mit der Frage, welchen Beitrag Städtebau, Architektur, Einrichtungsgegenstände des täglichen Bedarfs, technische Geräte des Arbeitsalltags und Massenmedien zur Entwicklung einer modernen Gesellschaft leisten konnten und mussten. Es gelang ihnen, den Schweizer Gestalter Max Bill für ihre Pläne zum Aufbau einer neuen Bildungseinrichtung zu gewinnen. Politische, gesellschaftliche, ökonomische, technische und kulturelle Aspekte waren für sie in der Wirklichkeit untrennbar verwoben. In der Idee, dass eine »gute Form« (Max Bill) zu gestalten sei, verdichtet sich diese Zusammenschau aller relevanten Perspektiven und führt zum Anspruch an gleichzeitig moralisch und ästhetisch angemessene Lösungen.
Dieses Projekt, das sie zuerst »Geschwister-Scholl-Hochschule« nennen wollten, wurde maßgeblich durch die Zuwendung der USA in Höhe von 1 Mio. Deutsche Mark im Rahmen der sogenannten Re-Education ermöglicht. Die Idee einer privaten Hochschule im traditionell obrigkeitlich ausgerichteten deutschen Bildungssystem hatte den US-amerikanischen Hochkommissar John J. McCloy schon 1949 überzeugt. So gelang ihnen 1953 das Unwahrscheinliche: Die Eröffnung des Lehrbetriebs einer neuen, nichtstaatlichen Hochschule für die Gestaltung alltäglicher Gerätschaften und Botschaften zur Verbesserung des Alltags der breiten Bevölkerung. Als Namen der neuen Institution entschieden sie sich für den Untertitel des Bauhauses Dessau: Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm.
Am 16. März 1953 lud das US-Außenministerium Josef Albers ein, als Gastdozent in der Grundlehre an der HfG Ulm zu unterrichten. Max Bill und Inge Aicher-Scholl sandten weitere Briefe. Der Kontakt zu Josef Albers gründete auf Bills internationalen Verbindungen. Er hatte von 1927 bis 1928 am Bauhaus in Dessau studiert und kannte daher Albers’ Vorkurs. Im Juli und August 1948 hatte die Stuttgarter Galerie Herbert Herrmann Arbeiten von Bill und Albers ausgestellt, im März 1949 dann die Berliner Galerie Gerd Rosen.
Der Unterricht der HfG begann am 3. August 1953 provisorisch in Räumen der Ulmer Volkshochschule am Marktplatz 9. Zuerst lehrte Walter Peterhans. Vom 30. November 1953 bis 18. Januar 1954 lehrte Josef Albers in Ulm. Auf ihn folgte Helene Nonné-Schmidt als dritte Gastdozentin. Zusammen mit Max Bill, der ebenfalls in der Grundlehre unterrichtete, ergab sich dadurch ein Ensemble aus Bauhaus-Persönlichkeiten für das erste Studienjahr der jungen HfG.
1954 wurde Tomás Maldonado in das Kollegium der festangestellten Lehrenden berufen, »um die Grundlehre zu systematisieren und zu leiten«. Maldonado nahm an Albers’ zweiter Grundlehre an der HfG Ulm vom 23. Mai bis 3. August 1955 als Gast teil. Als es 1956 zum Zerwürfnis zwischen Max Bill und den Ulmern kam, die 1957 zur nicht einvernehmlichen Trennung führte, revidierte Maldonado das Konzept der Grundlehre an der HfG und entwickelt es in Richtung Verwissenschaftlichung.
When Josef Albers arrived in Bremerhaven on the ocean liner »United States« on November 24, 1953, the destruction of the Second World War was still visible and tangible. It was exactly 20 years before that the artist had fled Germany: together with his wife Anni, he had reached New York harbor on board the »S.S. Europa« on November 24, 1933.
Josef Albers had taught in the preliminary course (»Vorkurs«) at the Bauhaus from 1923 and directed it from 1928. He taught at Black Mountain College from 1933 to 1950. He was appointed director of the Department of Design at Yale University in 1950.
The couple left a German Empire where the lives of many had long been marked by everyday violence. Now Albers was experiencing where the Germans had ended up after 12 years of Nazi rule, half of it during the World War II: an severed and quartered country, devastated cities full of ruins, destroyed lives, torn families, humiliated figures and shattered values of a society in which humanity, decency and sincerity had been torn to shreds by inhumanity, baseness and cowardice. Exceptions prove the rule. Among such exceptional occurrences were the siblings Hans and Sophie Scholl, who, together with a small group, resisted the ruling regime and were therefore murdered by the Nazis in 1943.
Josef Albers responded to a call to Ulm made by Max Bill and Inge Aicher-Scholl. Inge Aicher-Scholl was the elder sister of Hans and Sophie Scholl. After the end of World War II, she founded the Ulm Adult Education Center. She wanted to contribute to a modern-day education so that a free and democratic civil society could emerge in Germany. She was supported by Otl Aicher, a friend of her siblings, whom she married in 1952 as well as by a group of intellectuals and politically committed people.
As in many places in post-war Germany, the »Ulmer Kreis« saw, in the end of the Nazi regime, the chance of a completely new beginning, the »zero hour«. However, in contrast to most other initiatives, the Ulmers maintained their will to change for years. Since 1945, they had been concerned with the question of what contribution urban planning, architecture, furnishings for everyday use, technical devices for everyday work and mass media could and should make to the development of a modern society. They succeeded in winning over the Swiss designer Max Bill for their plans to build a new educational institution. Political, social, economic, technical and cultural aspects were, in their view, inextricably interwoven in reality. In the idea that a »good form« (»Gute Form«, Max Bill) was to be designed, this synopsis of all relevant perspectives was condensed and led to the demand for solutions that were simultaneously morally and aesthetically appropriate.
This project, which they initially wanted to call »Geschwister-Scholl-Hochschule«, was made possible to a large extent by a grant of 1 million German marks from the USA as part of the so-called re-education policy. The idea of a private university in the traditionally authority-oriented German education system had already convinced the U.S. High Commissioner John J. McCloy in 1949. So, in 1953, they achieved the improbable: the opening of the teaching program at a new, non-governmental school of design of everyday devices and messages to improve the daily lives of the general population. They decided on the subheading of the Bauhaus Dessau as the name of the new school of design: Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm.
On March 16, 1953, the U.S. State Department invited Josef Albers to teach a preliminary course (»Grundlehre«) at the HfG Ulm as a guest lecturer. Max Bill and Inge Aicher-Scholl sent further letters. The contact with Josef Albers was based on Bill’s international connections. He had studied at the Bauhaus in Dessau from 1927 to 1928 and therefore knew Albers’ Vorkurs. In July and August 1948 the Stuttgart gallery Herbert Herrmann exhibited works by Bill and Albers; then they were exhibited at the Berlin gallery Gerd Rosen in March 1949.
Classes at the HfG began on August 3, 1953 provisionally in rooms at the Ulm Volkshochschule on Marktplatz 9, starting with the first Grundlehre taught by Walter Peterhans. Josef Albers taught in Ulm from November 30, 1953 to January 18, 1954. He was followed by Helene Nonné-Schmidt the third guest lecturer. Together with Max Bill, who also taught Grundlehre, there was an ensemble of Bauhaus individuals for the first academic year of the early HfG.
In 1954, Tomás Maldonado was appointed to the college of tenured lecturers »to systematize and direct the Grundlehre«. Maldonado was a guest in Albers’ second Grundlehre at the HfG Ulm from May 23 to August 3, 1955. When a rift between Max Bill and the Ulmers developed in 1956, which led to a non-consensual separation in 1957, Maldonado revised the concept of Grundlehre at the HfG and developed it in the direction of scientification.
Biographische Skizze / Biographical Outline
Hans G. Conrad wird am 11. Juni 1926 in Remetschwil im Schweizer Kanton Aargau geboren. Der Ort liegt etwa 25 km nordwestlich der Innenstadt von Zürich. Conrad wächst in einfachsten Verhältnissen auf. Später zählt er das Kunsthaus Zürich zu seinen Lieblingsorten, weil er sich als Kind hier bei freiem Eintritt im Trockenen und Warmen aufhalten konnte. Zu den überlieferten Arbeiten aus seiner Jugend zählt die Skizze »C-Dur Tonikaklang«, in der er mit Wasserfarben die Wechselwirkung von schwarz gerahmten Farbflächen darstellt.
Unter seinem Geburtsnamen Johann Gerold Konrad absolviert er eine technisch-zeichnerische Ausbildung an der Werkschule des Industrieunternehmens Brown, Boveri & Cie. in Baden, etwa 10 km von Remetschwil gelegen. Danach orientiert er sich nach Zürich. Dort gerät er in Kontakt mit Max Bill, der in der fortschrittlichen Szene eine antreibende Kraft darstellt, und arbeitet für ihn. In den späten 1940er und frühen 1950er Jahren ist Bill omnipräsent als Künstler (z.B. Künstlervereinigung »Allianz«, Plastik »Kontinuität« in Zürich, Biennale in São Paolo), Ausstellungsmacher (z.B. »Die gute Form« in Basel, Schweizer Sektor der Triennale, Mailand), Grafiker (z.B. für das Kunsthaus Zürich), Publizist (z.B. über Robert Maillard) und Produktgestalter (z.B. Küchenuhr mit Kurzzeitmesser für Junghans, Bestrahlungslampe für Novelectric, Dreirundtisch und Kreuzzargenstuhl für Horgen-Glarus). – Zeitgleich arbeitet Conrad auch für den Architekten und Designer Alfred Roth in Zürich.
Als es erforderlich wird, dass eine Aufbaumannschaft die vielfältigen Aufgaben realisiert, die mit der Gründung der HfG und der Errichtung ihres Hochschulgebäudes auf dem Ulmer Kuhberg außerhalb der Stadt anfallen, motiviert Max Bill ihn dazu, sich ihm ab Dezember 1952 anzuschließen. Spätestens zu dieser Zeit justiert er die Schreibweise seines Namens. Er erhält den ersten Studentenausweis der HfG, ausgestellt auf Hans G. Conrad. Seine Freunde nennen ihn Cony. Ab 1. Januar 1953 ist er an der HfG Ulm eingeschrieben, acht Monate vor Beginn des Unterrichts.
1954 entwirft Conrad Werbung für den Möbelhersteller Knoll International. 1955 entwickelt er gemeinsam mit Otl Aicher das Messestandsystem »D 55« für den Elektrogerätehersteller Braun. Damit präsentiert sich das Unternehmen auf der Düsseldorfer Funkausstellung radikal neu: die Technik entledigt sich ihrer dekorierenden Verhüllungen und tritt als Technik in Erscheinung. Das System wird 32 Jahre lang von Braun weltweit eingesetzt.
Conrad beendet sein Studium an der HfG am 30. September 1957 mit der Konzeption eines Ausstellungsbusses für Braun als Abschlussarbeit. Der strategische Kopf des Unternehmens, Fritz Eichler, hat ihn da schon längst für seine Stabsstelle engagiert, die sich mit übergeordneten Entwicklungsaufgaben beschäftigt. Ab 1958 verantwortet Conrad die Messe- und Ausstellungsgestaltung – einen zentralen Aspekt der gesamten Außenwirkung des Unternehmens.
1962 übernimmt Conrad bei der Lufthansa in Köln die Position des weltweiten Werbeleiters. Er erteilt Otl Aicher den Auftrag, ein umfassendes und zeitgemäßes visuelles Erscheinungsbild zu entwickeln. Mit seinen Mitarbeitern der Entwicklungsgruppe 5 (E5) an der HfG Ulm legt Aicher einen Entwurf vor, der bis heute als internationaler Maßstab betrachtet wird.
Von 1969 bis 1972 ist Conrad auch Mitglied im Ausschuss für Visuelle Gestaltung der Olympischen Spiele von München (Vorsitz: Anton Stankowski). Die Leitung der Abteilung XI (Visuelle Gestaltung) hatte Otl Aicher.
1970 wechselt Conrad zum Kölner Wirtschaftsmagazin »Capital«. Herausgeber der Zeitschrift ist der Gründer der Zeitschrift »twen«, Adolf Theobald, ihr Chefredakteur bis 1974 Ferdinand Simoneit, ab 1974 Johannes Gross. Die Zeitschrift entwickelt sich zu einem der meinungsführenden Medien Deutschlands. Als Stellvertretender Chefredakteur verantwortet Conrad alle visuellen Ausdrucksformen des Magazins, vom Layout über die Bildsprache bis zur werblichen Kommunikation.
Im Januar 1989 verlässt Hans G. Conrad »Capital«. Im Oktober 1992 erleidet er einen Schlaganfall. Er stirbt nach längerer Krankheit am 26. Dezember 2003 in einem Pflegeheim in Köln-Rodenkirchen.
Hans G. Conrad was born on June 11, 1926 in Remetschwil in the Swiss canton of Aargau. The village is located about 25 km northwest of Zurich. Conrad grew up in the simplest of circumstances. Later, he counted the Kunsthaus Zurich among his favorite places, because as a child he could stay there in the dry and warm free of charge. Among the surviving works from his youth is the sketch »C major tonic sound«, in which he uses watercolors to depict the interaction of black-framed color surfaces.
Under his given name, Johann Gerold Konrad, he completed a technical-drawing apprenticeship at the factory school of the industrial company Brown, Boveri & Cie. in Baden, about 10 km from Remetschwil. Later, he moved to Zurich. He came into contact with Max Bill here, who was a driving force in the progressive scene, and works for him. In the late 1940s and early 1950s, Bill was omnipresent as an artist (e.g., artists’ association »Allianz«, sculpture »Continuity« in Zurich, Biennale in São Paolo), exhibition architect (e.g., »Die gute Form« in Basel, Swiss sector of the Triennale, Milan), graphic artist (e.g. for the Kunsthaus Zurich), publicist (e.g. on Robert Maillard) and product designer (e.g. kitchen clock with a timer for Junghans, irradiation lamp for Novelectric, three-round table and cross-frame chair for Horgen-Glarus). At the same time, Conrad also worked for the architect and designer Alfred Roth in Zurich.
When it became necessary for a development team to carry out the many tasks involved in founding the HfG and erecting its university building on Ulm’s Kuhberg outside the city, Max Bill motivated him to join him from December 1952. At this time, at the latest, he adjusted the spelling of his name. He received the first HfG student ID-card issued under the name Hans G. Conrad. His friends called him Cony. As of January 1, 1953, he was enrolled at the HfG Ulm, eight months before classes begin.
In 1954, Conrad designed advertising for the furniture manufacturer Knoll International. Then, in 1955, together with Otl Aicher, he developed the »D 55« trade fair stand system for the electrical appliance manufacturer Braun. The company presented itself in a radically new way via this system at the Düsseldorf Radio Exhibition: technology sheds its decorative coverings and emerges as technology. The system was used worldwide by Braun for 32 years.
Conrad finished his studies at the HfG on September 30, 1957 with the conception of an exhibition bus for Braun as his final project. By then, the company’s strategic head, Fritz Eichler, had long since hired him for a position on his staff, which deals with higher-level development tasks. Conrad was responsible for trade show and exhibition design – a central aspect of the company’s overall image – from 1958.
In 1962, Conrad moved to Lufthansa in Cologne and took over the position of global advertising manager. He gave Otl Aicher the task of developing a comprehensive and contemporary visual image. Together with his colleagues from Development Group 5 (E5) at the HfG Ulm, Aicher submitted a design that is still considered an international benchmark today.
Conrad was also a member of the Visual Design Committee for the Munich Olympics from 1969 to 1972 (chaired by Anton Stankowski). Otl Aicher was in charge of Department XI (Visual Design).
In 1970, Conrad went to the Cologne-based business magazine »Capital«. The magazine’s publisher was the founder of »twen« magazine, Adolf Theobald; its editor-in-chief until 1974 was Ferdinand Simoneit and from 1974 it was Johannes Gross. The magazine developed into one of Germany’s leading influential media. As Deputy Editor-in-Chief, Conrad was responsible for all the magazine’s visual styles, from layout and imagery to advertising communication.
In January 1989, Hans G. Conrad left Capital. In October 1992, he suffered a stroke. After a long illness, he died on December 26, 2003, in a nursing home in Cologne-Rodenkirchen.
Bilder von Hans G. Conrad / Images by Hans G. Conrad
Conrad war ein herausragender Gestalter, nach dem Zeugnis Fred Hochstrassers brachte er Otl Aicher das Layouten bei. Er strebte nach Perfektion. Dass er trotz seines Einflusses auf entscheidenden Feldern der modernen Gestaltung nur wenigen Menschen bekannt ist, hat einen einfachen Grund: Als bescheidene und zurückhaltende Person bevorzugte er es, im Hintergrund zu wirken. Er führte Regie und scheute das Rampenlicht. Das gilt für seine Arbeit an der HfG Ulm und bei Braun, stärker noch bei der Lufthansa und Capital. Sei es das Corporate Design oder die weltweite Werbung der Lufthansa, seien es die Titelbilder des Wirtschaftsmagazins Capital, die 18 Jahre lang Monat für Monat eine andere Persönlichkeit zeigten: Conrad bereitete den ausführenden Gestaltern die Bühne. Er wählte sie aus, beauftragte sie und sorgte dafür, dass ihre Arbeiten nicht nur seinen Vorstellungen entsprachen, sondern auch veröffentlicht wurden. Sein engster Mitarbeiter bei Capital, Jürgen Kryszons, beschrieb ihn als »Fotograf hinter dem Fotografen«, der darauf achtete, dass die Bilder so entstanden, wie er es sich vorgestellt hatte.
Hans G. Conrad hat schon in Zürich als Fotograf Bilder aufgenommen. Um seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, kaufte er eine Leica (möglicherweise die Leica IIIf, mit der er auf einer Aufnahme von 1954 zu sehen ist). Unter vernünftigen Umständen betrachtet, war sie für ihn unerschwinglich. Conrad soll wochenlang von Wasser und Brot gelebt und sich die Kamera so wortwörtlich vom Munde abgespart haben.
In Ulm hat Conrad fortwährend Bilder aufgenommen: von der Stadt und ihrer ländlichen Umgebung, dem urbanen Leben auf den Straßen und dem bäuerlichen Wirken auf den Feldern, von der gemeinsamen Arbeit im Aufbauteam der HfG, der Bauphase auf dem Ulmer Kuhberg, der Lehre in den provisorischen Räumen der Volkshochschule und im HfG-Gebäude, der Interaktion der Lehrenden und Studierenden sowie den Gästen und Veranstaltungen der Hochschule. Viele seiner Bilder wurden in der medialen Selbstdarstellung der HfG veröffentlicht: Conrad zeigt den offiziellen Blick, wie die HfG sehen und gesehen werden wollte.
Conrads Bilder dienen der Kommunikation. Ihr Mitteilungscharakter steht im Vordergrund, jegliche Repräsentionsgeste wird vermieden. Selten handelt es sich um einzelne Aufnahmen, meist sind es Abfolgen, aus deren Zusammenschau vielfältige Informationen vermittelt werden. Diese Fotografie zielt nicht auf ein singuläres »Meisterwerk«. Wie Otl Aicher lehnt er für seine professionelle Praxis als Gestalter das Paradigma einer Kunstauffassung ab, die um das Ideal eines einzigartigen Genies kreist. Die Gestaltung von Bildern war für Conrad – so wie die Gestaltung von Gebäuden, Botschaften, Möbeln und Werkzeugen – ein Instrument, mit dem die Moderne ihre Erzählung genuin realisierte. In einer neuen Weise vermitteln die Modernen neue Aussagen: Berichte von neuen Menschen, die neue Formen für eine neue Gesellschaft entwickeln. Im Fokus von Conrads Fotografie steht nicht der manuelle Abzug (als Entsprechung des künstlerischen Unikats), der in der Galerie einem exklusiven Zirkel im Rahmen einer Vernissage präsentiert wird. Im industriellen Prozess der Moderne ist der einzelne Papierabzug nur ein notwendiger Zwischenschritt auf dem Weg zum eigentlichen Ziel: Die identische Verbreitung im Buch, in der Zeitung oder im Magazin in großer Auflage für ein breites Publikum. Conrads Bilder sind für diesen Kontext der Moderne gemacht.
Hier wird auch die Nähe zur Fotografie von Josef Albers deutlich. Dessen Aufnahmen und ihre Montagen bezeichnet Michael Beggs als Sequenzen mit narrativem oder didaktischem Charakter: »Man könnte sagen, dass seine Montagen, in denen mehrere Abzüge des gleichen Sujets vorkommen oder die eine Serie eng verwandter oder scheinbar gleichzeitiger Momente präsentieren, […] als narrative Sequenz aufgebaut sind. Das heißt nicht, dass diese Montagen ausdrücklich etwas erzählen oder dass ihnen eine Geschichte zugrunde liegt; doch in ihrer Gesamtheit zeigen die einzelnen Bilder der Montage Momente oder Sammlungen von Momenten, flüchtige Blicke und kleine Bewegungen, mit deren Hilfe man chronologische Zusammenhänge vermuten oder wahrnehmen kann. […] Die didaktische Sequenz hingegen ist weniger offensichtlich. Albers stützt sich auf eine Heuristik des Sehens, die er in seiner ausgereiften künstlerischen Praxis der Nachkriegszeit häufig nutzte, um den Betrachter aufzufordern, eine Komposition in ihrer Gesamtheit zu betrachten und simultan ihre Teile miteinander zu vergleichen.« Von Conrad ist eine Montage von 1955 überliefert, die an diese Vorgehensweise von Albers erinnert (Abb. auf Seite 28/29).
Am ersten Studienjahr der HfG nehmen 22 Studierende aus 6 Ländern (Brasilien, Großbritannien, Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz) teil. Zu den 4 Frauen zählt Eva-Maria Koch. Auf einem Plakat, das zu ihrer Abschiedsparty einlädt, wird sie als erste HfG-Studentin bezeichnet. Sie ist auf vielen Bildern Conrads zu sehen, besonders prominent in der Sequenz, in der Josef Albers erläutert, wie der Faltenwurf von Kleidung gezeichnet werden soll. Eva-Maria Koch und Hans G. Conrad werden im gemeinsamen Studium ein Paar. Unmittelbar in ihrem ersten Studienjahr 1953/54 beginnt Eva-Marie Koch mit dem Fotografieren. Nach ihrer Zeit an der HfG studiert sie Fotografie bei Otto Steinert in Saarbrücken und absolviert eine Ausbildung zur Fotografin in München. 1958 heiraten Eva-Maria Koch und Hans G. Conrad.
Conrad was an outstanding designer. According to a statement by Fred Hochstrasser, he taught Otl Aicher layout. He strove for perfection. The fact that he is known to only a few people, despite his influence in decisive fields of modern design, has a simple reason: as a modest and reserved person, he preferred to work in the background. He directed; he shied away from the limelight. This was true of his work at the HfG Ulm and at Braun, and even more so at Lufthansa and Capital. Whether it was the corporate design or the worldwide advertising of Lufthansa, or the covers of the business magazine »Capital«, which showed a different personality every month for 18 years: Conrad set the stage for the designers. He selected them, commissioned them and made sure that their work not only matched his ideas, but was also published. His closest collaborator at »Capital«, Jürgen Kryszons, described him as the »photographer behind the photographer« who made sure that the images turned out the way he had envisioned them.
Hans G. Conrad was already taking pictures as a photographer in Zurich. To meet his own standards, he bought a Leica (possibly the Leica IIIf, with which he can be seen in a 1954 photograph). Considered under reasonable circumstances, it was prohibitively expensive for him. Conrad is said to have lived on bread and water for weeks, literally scrimping and saving for this camera.
In Ulm, Conrad constantly took photographs: of the city and its rural surroundings, of urban life on the streets and farm labor in the fields, of the joint work in the development team of the HfG, of the construction phase on the Ulm Kuhberg, of teaching in the provisional rooms at the adult education center and in the HfG building, of the interaction of the teachers and students, and of the guests and events at the university. Many of his images were published in the HfG’s media self-portrayal: Conrad shows the official view of how the HfG wanted to see and be seen.
Conrad’s images serve the purpose of communication. Their communicative character takes center stage, any representational gesture is avoided. It is rarely a matter of a single shot, but typically a series of shots, from whose synopsis a range of information is conveyed. This photography is not aimed at a singular »masterpiece«. Like Otl Aicher, he rejects, for his professional practice as a designer, the paradigm of a conception of art that revolves around the ideal of a unique genius. The design of images in Conrad’s estimation – like the design of buildings, messages, furniture, and tools – was an instrument through which modernism genuinely realized its narrative. Modernists convey new statements in a new way: accounts of new people developing new forms for a new society. The focus of Conrad’s photography is not the manual print (as the equivalent of the artistic unique), which is presented in a gallery to an exclusive group in the context of a vernissage. In the industrial process of modernism, the individual paper print is only a necessary intermediate step towards the actual goal: identical distribution in a book, newspaper, or magazine in a large edition for a wide audience. Conrad’s images are made for this modernist context.
The proximity to Josef Albers’ photography also becomes clear. Michael Beggs describes his photographs and their montages as sequences with a narrative or didactic character: »One could say that his montages, in which several prints of the same subject occur or which present a series of closely related or apparently simultaneous moments, […] are structured as a narrative sequence. This does not mean that these montages explicitly say something or that they are based on a story; but in their totality, the individual images of the montage show moments or collections of moments, the fleeting glances and small movements with whose help one can assume or perceive chronological connections. […] The didactic sequence, on the other hand, is less obvious. Albers relies on a heuristic of seeing that he frequently used in his mature postwar artistic practice asking the viewer to consider a composition in its entirety and simultaneously compare its parts.« A 1955 montage by Conrad that remains recalls this approach by Albers (ill. on page 28/29).
22 students from 6 countries (Austria, Brazil, Great Britain, Italy, Switzerland, and Germany) participated in the first year of the HfG. Among the 4 women was Eva-Maria Koch. She is described as the first HfG student on a poster invitation to her farewell party. She is featured in many of Conrad’s works, most prominently in the sequence in which Josef Albers explains how to draw the drapery of clothing. Eva-Maria Koch and Hans G. Conrad became a couple while studying together. In her first year of study in 1953/54, Eva-Maria Koch immediately began taking photographs. After her time at the HfG, she studied photography with Otto Steinert in Saarbrücken and trained as a photographer in Munich. In 1958, Eva-Maria Koch and Hans G. Conrad were married.
Zu dieser Publikation / About this publication
Hans G. Conrad hat mir seine Bilder, Studienarbeiten und ergänzende Unterlagen am 21. März 1999 geschenkt und zugleich alle Rechte daran übertragen. Es handelt sich um einen Bestand von ca. 16.000 Bildern, fast ausschließlich schwarzweiß im Format 24 x 36 mm. Der überwiegende Anteil wurde von Conrad selbst archiviert, wie es auf der Banderole des Buchumschlags zu sehen ist. Dafür hat er die originalen Filme in 4er-Streifen geschnitten und hinter eine Lasche gelegt. Die dazu passenden Kontaktstreifen wurden an den oberen Rand geklebt, oft ergänzt um handschriftliche Anmerkungen zum Ort und Datum der Aufnahme, den abgebildeten Personen und Reproduktionsanweisungen (Ausschnitte, Formate).
Die Identifizierung der Urheberschaft an den Bildern ist unter den skizzierten Umständen nicht in jedem einzelnen Fall zweifelsfrei möglich. Denn die Negativstreifen sind nicht gestempelt oder signiert, das hätte Conrads Haltung widersprochen. Zugleich gibt es einzelne Streifen, auf denen abwechselnd sowohl Conrad als auch Eva-Maria Koch zu sehen sind. Dies lässt sich durch die Annahme schlüssig erklären, dass die Kamera situativ auch von Eva-Maria Koch verwendet wurde.
Besondere Verwirrung ist in den letzten Jahrzehnten dadurch entstanden, dass die Zuweisung der Urheberschaft in vielen Veröffentlichungen nachweislich fehlerhaft erfolgte: In fast allen Büchern und Aufsätzen über die HfG werden in den Bildunterschriften nicht der Urheber als Quelle genannt, sondern diejenige Person, die den jeweiligen Papierabzug aus ihren privaten Unterlagen für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat. Das bedeutet: Es wurde nicht differenziert zwischen den Besitzern von Abzügen (physischer Gegenstand) und den Urhebern der Bilder (Fotograf). Das gilt auch für Unterlagen, die von HfG-Angehörigen oder ihren Erben dem HfG-Archiv oder einem anderen Archiv übergeben wurden: Die Urheberschaft an diesen Bildern wurden dann in der Regel fälschlicherweise den HfG-Angehörigen zugeordnet, obwohl es sich nur um den Besitz eines Papierabzugs handelt. Vielfach wurde auf die Rückseite der Abzüge handschriftlich (nicht von den Fotografen, sondern von den Empfängern der Abzüge) notiert, von wem sie diese Abzüge erhalten haben. Wer die Bilder dann später angesehen hat, nahm deshalb oft irrtümlich an, dass die Aufnahme von der notierten Person stamme. Wenn eine fehlerhafte Zuweisung einmal veröffentlicht wurde, verbreitet sie sich meist ungeprüft weiter.
Eine verlässliche Zuschreibung der Urheberschaft ist nur möglich, wenn es einen eindeutigen Hinweis auf den Archivkarten oder Abzügen gibt, die von Hans G. Conrad oder Eva-Maria Koch gestempelt sind. Das HfG-Archiv verwahrt im Depositum von Eva-Maria Koch genau 5 solchermaßen signierte Bilder, die aus 3 Situationen der beiden Grundlehren von Josef Albers an der HfG stammen. Im Bestand, der mir von Hans G. Conrad übergeben wurde, befinden sich andere Bilder aus genau diesen Situationen: bei Papierfaltungen 1954, im Gespräch mit Ingela Albers und Otl Aicher 1954 sowie im Dialog mit Studierenden 1955. Weil sich die Urheberschaft in diesen Situationen nicht eindeutig nachweisen lässt, sind die betreffenden Bilder mit einem Asterisk* markiert.
Dieser Exkurs beleuchtet einen Sachverhalt, der in den letzten Jahren zunehmend an Wirkmächtigkeit gewonnen hat: Im Zusammenhang mit dem Aufstieg der digitalen Medien ist der Einfluss der Urheberrechte auf die Publikationstätigkeit dramatisch gestiegen. In der Konsequenz schwingt das Pendel zwischen faktischer Zensur am einen Pol (weil Veröffentlichungsrechte unbezahlbar werden) und dreistem Raubkopieren am anderen Pol. Die eigentliche Aufmerksamkeit sollte sich aber auf eine ganz andere, eine wunderbare Tatsache richten: Mit den hier veröffentlichten Bildern ist es erstmals möglich, die Lehre von Josef Albers in unmittelbarer Zuordnung zu seinen Aufgaben detailliert nachzuvollziehen. Dieses Buch soll der Vertiefung des Verständnisses dienen, künftigen Forschungen möge es als verlässlicher Fundus für ihr Erkenntnisinteresse dienen. Es verfolgt einen rein aufklärerischen und keinen kommerziellen Zweck.
Dennoch ist viel Geld erforderlich gewesen, um dieses Buch zu veröffentlichen. Die wesentliche Grundlage hat dafür eine Zuwendung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung gelegt. Die Kooperation mit der Stiftung Hochschule für Gestaltung Ulm hat es ermöglicht, dass diese Unterstützung auch ihrem Ziel zufließen konnte. Dafür danke ich den Verantwortlichen und Handelnden: Dr. Thomas Kempf, Volker Troche, Dr. Ingomar Lorch, Dipl.-Ing. Alexander Wetzig und Julia Hanisch. Alle weiteren Beteiligten haben das Zustandekommen dieses Buchs dadurch unterstützt, dass sie sich dafür unentgeltlich oder am Rande der Selbstausbeutung engagiert haben: Hillary Hatch-Conrad (Übersetzung), Petra Hollenbach (Gestaltung), Thomas Wildermuth (Bildbearbeitung), Mareena van Cube und Ulli Hammer (grafische Assistenz), Sascha Swiercz (Kickstarter-Kampagne) und Zsolt Györgyicze (Instagram).
Am Ende eines Prozesses, der von der ersten Idee bis zur Drucklegung acht Jahre gedauert hat, erweist sich wieder einmal die entscheidende Kraft für die Überwindung unüberwindlich erscheinender Hürden: Interaktion. Dafür danke ich Mary Bauermeister, Karl Heinz Bergmiller †, Prof. Dr. Werner Durth, Martin Erler, Peter Gautel, Martin Goldring, Ilse Grubrich-Simitis, Christian Guther, Marcel Herbst, Thomas Hilliges, Adrian Hochstrasser, Dr. Fritz Hörmann, Prof. William S. Huff †, Jo Klatt, Prof. Dr. Klaus Krippendorff, Tilmann Krumrey, Dr. Martin Mäntele, Sigrid und Delmar Mavignier, Alexander Müller-Kühn, Bertus Mulder, Eva Naske, Christian Pixis, Markus Schaden, Prof. Helmut M. Schmitt-Siegel, Rolf Schroeter, Simon Stockhausen, Christiane Wachsmann, Dr. Margit Weinberg-Staber, Reinhold Weiss und Alexandre Wollner †.
Vor allem danke ich meiner Frau und meinen Kindern, dass ich ihnen auch dieses Buch zumuten durfte.
René Spitz, 31. Mai 2021
Hans G. Conrad donated his images, study works and supplementary documents to me on March 21, 1999 and at the same time transferred all rights to them. There is a stock of approx. 16,000 images, almost exclusively black and white in the format 24 x 36 mm. The majority was archived by Conrad himself, as can be seen on the banderole of the book cover. He cut the original films into strips of 4 for this purpose and placed them behind a flap. Matching contact strips were glued to the top edge, often supplemented with handwritten notes regarding the location and date of the shot, the people depicted, and reproduction instructions (crops, formats).
Under the circumstances previously outlined, the identification of authorship of the images is not possible beyond doubt in every single case. This is because the negative strips are not stamped or signed, which would have contradicted Conrad’s attitude. At the same time, there are individual strips on which both Conrad and Eva-Maria Koch can be seen alternately. This can be conclusively explained by the assumption that the camera was also situationally used by Eva-Maria Koch.
Particular confusion has arisen in recent decades since the attribution of authorship has been demonstrably erroneous in many publications: in almost all books and essays about the HfG, the photo credits do not name the author as the source, but rather those persons who provided the respective paper print from their private files for publication. This means that no differentiation was made between the owners of prints (physical object) and the authors of the images (photographer). This also applies to documents that were given to the HfG Archive or another archive by HfG members or their heirs: the authorship of these images was then usually erroneously assigned to HfG members, although it was only a matter of owning a paper print. In many cases, handwritten notes were made on the back of the prints (not by the photographers, but by the recipients of the prints) indicating from whom they had received the prints. Those who later viewed the images therefore often mistakenly assumed that the photograph came from the person noted. Once an erroneous attribution has been published, it usually spreads unchecked.
A clear and reliable attribution of authorship is only possible if there is a clear indication on the archive cards or paper prints stamped by Hans G. Conrad or Eva-Maria Koch. There are exactly 5 such signed images stored in the HfG archive in Eva-Maria Koch’s deposit, which come from 3 situations during the Grundlehre of Josef Albers at the HfG. In the collection, which was given to me by Hans G. Conrad, there are other images from these exact situations: during paper folding in 1954, in conversation with Ingela Albers and Otl Aicher in 1954, and conversing with students in 1955. The images in question are marked with an asterisk* since the authorship in these situations cannot be clearly proven.
This excursus sheds light on an issue that has become increasingly effective in recent years: in connection with the rise of digital media, the influence of copyrights on publishing activity has increased dramatically. Consequently, the pendulum swings between de facto censorship (because publication rights are becoming unaffordable) and brazen piracy. Yet, real attention should be directed towards a completely different fact, a wonderful one: the images published here, make it possible to trace, in detail, the teachings of Josef Albers in direct relation to his undertakings for the very first time. This book shall serve the deepening of understanding and may it aid future research as a reliable fund for their knowledge interest. Its purpose is purely educational and not commercial.
Nevertheless, an incredible amount of funding was necessary to publish this book. The essential groundwork for this was laid by a grant from the Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Foundation. The cooperation with the Hochschule für Gestaltung Ulm Foundation underpinned the initial financial support resulting in mutual benefit. In this context I would like to thank those responsible and those who acted: Dr. Thomas Kempf, Volker Troche, Dr. Ingomar Lorch, -Dipl.-Ing. Alexander Wetzig and Julia Hanisch. All other participants have supported the realization of this book either by working on it free of charge or on the verge of self-exploitation: Hillary Hatch-Conrad (English editing), Petra Hollenbach (design), Thomas Wildermuth (image editing), Mareena van Cube and Ulli Hammer (graphic assistance), Sascha Swiercz (Kickstarter campaign), Zsolt Györgyicze (Instagram)
At the end of a process that took eight years from the initial idea to printing, the decisive force for overcoming seemingly insurmountable hurdles has proven itself once again: interaction. For this I thank Mary Bauermeister, Karl Heinz Bergmiller †, Prof. Dr. Werner Durth, Martin Erler, Peter Gautel, Martin Goldring, Ilse Grubrich-Simitis, Christian Guther, Marcel Herbst, Thomas Hilliges, Adrian Hochstrasser, Dr. Fritz Hörmann, Prof. William S. Huff †, Jo Klatt, Prof. Dr. Klaus Krippendorff, Tilmann Krumrey, Dr. Martin Mäntele, Sigrid and Delmar Mavignier, Alexander Müller-Kühn, Bertus Mulder, Eva Naske, Christian Pixis, Markus Schaden, Prof. Helmut M. Schmitt-Siegel, Rolf Schroeter, Simon Stockhausen, Christiane Wachsmann, Dr. Margit Weinberg-Staber, Reinhold Weiss, and Alexandre Wollner †.
Especially I would like to thank my wife and my children for allowing me to entrust this book to them as well.
René Spitz, May 31, 2021
to open eyes
Was und wie Josef Albers im Bauhaus, am Black Mountain College und in Yale lehrte, ist bereits seit dem Standardwerk von Frederick A. Horowitz und Brenda Danilowitz umfassend publiziert. Die jüngst von Nina Wiedemeyer und Friederike Holländer herausgegebene Sammlung einiger Vorkurs-Übungen am Bauhaus ergänzt und illustriert diese Darstellung vorzüglich. Deshalb genügen hier wenige zusammenfassende Hinweise.
Seine wesentliche didaktische Absicht hat Josef Albers in einer berühmt gewordenen und vielfach zitierten Anekdote zum Ausdruck gebracht: »When Albers first headed up the path to Lee Hall at Black Mountain College, a student asked him what he was going to teach. Mustering what little English he knew, Albers replied: ›To make open the eyes‹.«
Nach Albers’ Überzeugung behindern überlieferte Gewohnheiten und erlernte Gewissheiten die Wahrnehmung der tatsächlichen Wirklichkeit. Der oberflächliche, unreflektiert akzeptierte Anschein und die individuelle Konstruktion von Wirklichkeit auf der Grundlage vorgefertigter Annahmen und für selbstverständlich gehaltener Traditionen schränkt die Freiheit des Menschen ein. »›Zeichne was du siehst, nicht was du weißt«‹, lautete das Motto seines Zeichenkurses am Black Mountain College und in Yale. Nur dann, behauptete er, könne man in eine tiefere Interaktion mit dem Objekt treten, sei es ein Blumentopf oder ein Werkzeug, anstatt sich auf vorgefasste Ideen zu verlassen.«
Albers’ Kurse sollten die Studierenden dazu befähigen, sich von fremden Vorlagen, Vorwissen und Vorstellungen zu lösen. Dazu diente ihm das vorurteilsfreie Probieren: »›Der wichtigste Grundsatz meines Unterrichts besteht darin, die Studenten dazu zu zwingen, dass sie keine Regeln anwenden – ich stelle sie in ein Vakuum und helfe ihnen zu entdecken, wie man atmet.‹«
What and how Josef Albers taught at the Bauhaus, at Black Mountain College and at Yale has already been published in the comprehensive standard work by Frederick A. Horowitz and Brenda Danilowitz. The collection of some Vorkurs exercises at the Bauhaus, recently edited by Nina Wiedemeyer and Friederike Holländer, exquisitely complements and illustrates this account. Therefore, just a few remarks in summary will suffice here.
Josef Albers expressed his essential didactic intention in a famous and often quoted -anecdote: »When Albers first headed up the path to Lee Hall at Black Mountain College, a student asked him what he was going to teach. Mustering what little English he knew, Albers replied, ›To make open the eyes.‹«
According to Albers’ belief, inherited habits and learned certainties hinder the perception of actual reality. The superficial, ignorantly accepted appearance and the individual construction of reality based on prefabricated assumptions and traditions taken-for-granted restrict human freedom. »›Draw what you see, not what you know‹«, was the motto of his drawing course at Black Mountain College and Yale. Only then, he claimed, could one enter into deeper inter-action with the object, be it a flowerpot or a tool, rather than relying on preconceived ideas.«
Albers’ courses were designed to enable students to break free from extraneous models, prior knowledge, and ideas. Nonjudgmental trial and error served his objective: »›The most important principle of my teaching is to force students not to apply rules I put them in a vacuum and help them discover how to breathe.‹«
learning by doing
Um das Potenzial schöpferischer Freiheit zu entfalten, übernahm Albers die Ansätze des Reformpädagogen John Dewey, die oft auf die Formel »learning by doing« verkürzt werden. Danach besteht die Aufgabe pädagogischer Institutionen darin, das Sammeln der eigenen Erfahrungen als Basis des Lernens zu ermöglichen. Dazu dienen vor allem Beobachtung und Experiment. Das Black Mountain College war bereits durch seinen Gründer und Rektor John Andrew Rice auf dieses Konzept ausgerichtet, als Josef Albers dorthin gelangte.[20] Mit Albers’ eigenen Worten: »›Etwas gesehen und erlebt zu haben ist nachhaltiger, als es gehört und gelesen zu haben.‹«
In einem zeitgenössischen Bericht über Albers’ Kurse am Black Mountain College wird sein Ansatz beschrieben, dass sich die Studierenden ihre Antworten auf gestalterische Fragen selbst erarbeiten müssen. Zwischen den Zeilen schimmert eine Mischung aus Erstaunen und Begeisterung durch: »The student acquaints himself with wood and glass and tin and various plastics. He does not copy existing forms in these materials, but works with the material from his own fresh, original point of view, as the designer must learn to do. There are no answers in the back of the book for the problems Professor Albers gives in this course. The right answer for each student is his individual acquaintance with a material — its properties and limitations, and his imaginative use of that experience to build up new forms.«
Auf dem Weg zu neuen Formen nimmt Albers nicht mehr die Rolle des Dozenten, sondern des Begleiters ein. In seinen Rückmeldungen streng, unmissverständlich und scharf jegliches Detail beachtend, aber jenseits des traditionellen akademischen Rollenverständnisses eines Professors, der frontal Gewissheiten doziert. Albers wird in diesem Bericht von 1935 als forschender Künstler geschildert, der die Studierenden dabei anleitete, wie Naturwissenschaftler die gleichen Experimente wiederholt durchzuführen, eben weil sich die Umstände fortlaufend veränderten: »I am tempted to call Josef Albers’ own workroom in the school a laboratory rather than a studio. Ten years a teacher at the Bauhaus at Dessau, he studies like a scientist, bent on discovering form values and color relationships that are sure, and eliminating by trial and error the uncertain and false. His methods as a ›research artist‹ are as precise as the experi-mental chemist’s. […] I exclaimed at his patience in making over the same subject again and again. He said, ›Life is always changing – no object is ever for two minutes exactly the same. A shift in light, a change in temperature, a slight turn of your eyes in looking make it something else.‹«
Schärfe und Präzision forderte Albers von den Studierenden nicht nur beim Beob-achten, sondern auch beim Ausführen sowie beim anschließenden Diskutieren. Schöpferische Freiheit stand für ihn im Einklang mit limitierenden Rahmenbedingungen. Er stellte strikt begrenzte Aufgaben und erwartete, dass der geringste Mitteleinsatz zu größtmöglichem Ertrag führte. »The exercises were precisely delineated and carried out within exceedingly narrow parameters. Means and materials were restricted to a bare minimum.« Sein Anspruch an Effizienz entspricht der Logik der industriellen Moderne: »To Albers’ thinking, too much freedom leads to wasted time and effort; limitation brings focus and control.«
To unleash the potential of creative freedom, Albers adopted the approaches of reform educator John Dewey, often shortened to the phrase »learning by doing«. According to this, the role of pedagogical institutions is to facilitate the gathering of one’s own experiences as the basis of learning. Observation and experimentation in particular serve this purpose. Black Mountain College had already been geared toward this concept by its founder and principal, John Andrew Rice, when Josef Albers arrived there.[20] In Albers’ own words, »›To have seen and experienced something is more lasting than to have heard and read it.‹«
A contemporary account of Albers’ courses at Black Mountain College describes his approach as requiring students to work out their own answers to design questions. A mixture of amazement and enthusiasm radiates between the lines: »The student acquaints himself with wood and glass and tin and various plastics. He does not copy existing forms in these materials, but works with the material from his own fresh, original point of view, as the designer must learn to do. There are no answers in the back of the book for the problems Professor Albers gives in this course. The right answer for each student is his individual acquaintance with a material – its properties and limitations, and his imaginative use of that experience to build up new forms.«
En route to new forms, Albers no longer assumes the role of the lecturer, but of the companion. His feedback is strict, unapologetic and sharply observant of every detail, but far from the traditionally perceived academic role of a professor who lectures certitudes head on. In this report from 1935, Albers is portrayed as an explorative artist who guided the students in repeatedly carrying out the same experiments just like natural scientists, precisely because the circumstances were constantly changing: »I am tempted to call Josef Albers’ own workroom in the school a laboratory rather than a studio. Ten years a teacher at the Bauhaus at Dessau, he studies like a scientist, bent on discovering form values and color relationships that are certain, and eliminating by trial and error the uncertain and false. His methods as a ›research artist‹ are as precise as the experimental chemist’s. […] I exclaimed at his patience in making over the same subject again and again. He said, ›Life is always changing – no object is ever for two minutes exactly the same. A shift in light, a change in temperature, a slight turn of your eyes in looking make it something else.‹«
Albers demanded sharpness and precision from the students not only when observing, but also when executing as well as when discussing things afterwards. Creative freedom was, in his estimation, in harmony with limiting factors. He set strictly defined tasks and expected the least amount of resources to lead to the greatest possible yield. »The exercises were precisely delineated and carried out within exceedingly narrow parameters. Means and materials were restricted to a bare minimum.« His demand for efficiency parallels the logic of industrial modernity: »To Albers’ thinking, too much freedom leads to wasted time and effort; limitation brings focus and control.«
Phänomen Gestalt / Phenomenon Gestalt
Die Gestalttheorie im Anschluss an Max Wertheimers Studien geht davon aus, dass die menschliche Wahrnehmung ungenau und unzuverlässig ist: Der visuelle Stimulus, der die Sinnesorgane erreicht, ist nicht identisch mit dem kognitiv realisierten Eindruck, der sich daraus ergibt. Damit die Studierenden diese Erkenntnis selbst erlebten, begann Albers mit Übungen zur Schulung der Fähigkeit genauen und klaren Sehens. Was sehen wir tatsächlich – und was fügen wir diesem ästhetischen Reiz durch unsere mentalen Prozesse hinzu?
Seinen ersten Übungen trainieren das Erkennen der meist übersehenen visuellen Realität: Das freihändige Ziehen von Linien und Umrissen erzeugt Beziehungen, Rhythmen und Spannungen; das Schreiben des eigenen Namens in verschiedenen Richtungen, das Zeichnen dreidimensionaler Buchstaben und Ziffern sowie das Imitieren gedruckter Zeitungstexte führt zum tatsächlichen Erkennen dieser unendlich oft gesehenen Formen. Zwischen den bewusst wahrgenommenen Linien treten die unbewusst gebliebenen Negativflächen und ungefüllten Zwischenräume hervor. »Motivated by Gestalt investigations into the figure-ground relationship, Albers led his students beyond thinking of a drawing or a design only as the lines or shapes or colors they saw on a page, training them instead to recognize that the adjacent areas – the surrounds and the in-betweens – were also a part of what they saw. Going further, he taught his students to look for the reciprocal influences that affected each formal element of material and its neighbor.«
Nach dem Zeichnen thematisierte Albers den Umgang mit Material. In seinen Kursen leitete er die Studierenden dazu an, das Material unter dem Gesichtspunkt seiner Eigenschaften zu untersuchen, es materialgerecht einzusetzen und seine Kapazität zu nutzen. Wie auch beim Zeichnen und beim Umgang mit Farbe, richtete er die Aufmerksamkeit darauf, vorgefasste Meinungen zu überwinden, um Neues entwickeln zu können; Effizienz zu steigern; und die entstehende Wechselwirkung wahrzunehmen, weil auch das materielle Objekt die Wahrnehmung beeinflusst. Interaktion entsteht nicht nur zwischen Linien und Farbflächen, sondern auch zwischen Objekten und Menschen in Abhängigkeit vom Material. Der Theorie folgend, wurde Gestaltung »tief in Experimenten mit verschiedenen Materialien verankert […]. Die Studierenden wurden gebeten, etwa mit Papier zu arbeiten, einem einfach und leicht verfügbaren Material, um zu prüfen, ob sie in der Lage waren, vorgefasste Meinungen hinsichtlich seiner üblichen Beschaffenheit (zum Beispiel flächig, nicht strukturell, geheftet, gestapelt) zu überwinden und neue Möglichkeiten zu finden. Eine Übung bestand darin, eine Reihe von Materialversuchen durchzuführen, etwa ein Blatt Papier zu schneiden und zu falten, bis das Material komplexe und oft überraschende formale und strukturelle Eigenschaften gewann, während das flächige Stück Papier eine dreidimensionale Form erhielt.«
Gestalt theory, as regards Max Wertheimer’s studies, assumes that human perception is imprecise and unreliable: the visual stimulus that reaches the sensory organs is not identical to the cognitively realized impression that results. To help students experience this realization themselves, Albers began using exercises to teach them to see accurately and clearly. What do we actually see – and what do we add to this aesthetic stimulus through our mental processes?
His first exercises teach the recognition of visual reality, which is usually overlooked: drawing lines and outlines freehand creates relationships, rhythms, and tensions; writing one’s own name in different directions, drawing three-dimensional letters and numbers, and imitating printed newspaper texts leads to the actual recognition of these endlessly perceived forms. Between the consciously perceived lines, the negative surfaces and unfilled spaces that have remained unconscious stand out. »Motivated by Gestalt investigations into the figure-ground relationship, Albers led his students beyond thinking of a drawing or a design only as the lines or shapes or colors they saw on a page, teaching them instead to recognize that the adjacent areas – the surrounds and the in-betweens – were also a part of what they saw. Going further, he taught his students to look for the reciprocal influences that affected each formal element of material and its neighbor.«
After drawing, Albers addressed the handling of material. He instructed students in his courses to examine the material from the point of view of its properties, to use it in a manner suitable to the material, and to make use of its capacity. As with drawing and the use of color, he focused attention on overcoming preconceived notions in order to be able to develop something new; to increase efficiency; and to perceive the resulting interaction, because the material object also influences perception. Interaction occurs not only between lines and color fields, but also between objects and people depending on the material. According to the theory, design was »deeply rooted in experiments with different materials […]. Students were asked to work with paper, for example, a simple and readily available material, to see if they could overcome preconceived notions regarding its familiar nature (for example, flat, non-structural, stapled, stacked) and find new possibilities. One exercise involved conducting a series of material experiments, such as cutting and folding a sheet of paper until the material attained complex and often surprising formal and structural properties, during which the flat piece of paper became a three-dimensional form.«
Körper und Raum / Body and Space
Einen weiteren Einfluss auf Josef Albers’ Pädagogik übte der Psychologe Erwin W. Straus vom Black Mountain College aus. Auf ihn gehen Albers’ motorischen Übungen zurück, in die der gesamte Körper der Studierenden einbezogen wurde. Straus definiert Erfahrung als zentrales Konzept ganzheitlichen Lernens, die simples Anhäufen von Elementen über-windet. »Die Vorstellung, dass Erfahrung ›Akkumulation‹ scheut, ist wichtig, wenn man verstehen will, warum Albers’ Studierende aufforderte, sich während des Zeichnens zu bewegen. Das Zeichnen mit einem Stift war die bevorzugte Methode, um die physischen Bewegungen des Auges zu registrieren, wie es den Konturen des Objekts folgt, mäandert, Details und nicht nur seine allgemeine Form, sondern auch seinen ›Charakter‹ aufnimmt. […] Albers, der die Verwendung von Radiergummis verbot, zog es vor festzuhalten, wie sich eine Zeichnung mit sich überlagernden Strichen, die sich nie zu einer trägen, endgültigen Form absetzten, in Zeit und Raum entwickelte. […] Die Bewegungen des Körpers wurden als unzensiert vom Verstand und unmittelbarer erachtet […]. ›Der motorische Sinn weist in die richtige Richtung‹, ruft er aus und fährt fort: ›das ist eine Frage des Fühlens, nicht des Sehens. Sie beobachten nicht, was der Arm tut, nein. Folgen Sie dem Gefühl im Arm.‹«
Mit der körperlichen Bewegung korrespondiert Albers’ spezifisches Verständnis vom Raum, seiner Gestaltung und der Interaktion darin. Es ging ihm nicht nur um das Hervorrufen räumlicher Eindrücke durch Techniken des perspektivisches Zeichnens. Ein fester Bestandteil seiner Kurse war der unmittelbare Austausch in der gesamten Gruppe über alle Arbeiten, die die Studierenden gerade erst angefertigt hatten: »Bei ihm arbeiteten die Studenten mit farbigen Papieren, experimentierten mit Schrift und verschiedenen Materialien, alles spontan und oft sehr schnell. Der intuitiven Phase schloss sich eine genaue Überprüfung an. ›Und wenn Josef Albers: ›Ausstellung‹ gerufen hat, dann hat man seinen Bleistift fallenlassen und seine Arbeit, so wie sie war, an die Tafel gestellt. Jede einzelne Arbeit wurde besprochen‹, erinnerte sich Richard Rau.« Dabei forderte er die Studierenden dazu auf, »sich zu den Arbeiten der Kommilitonen zu äußern mit -Fragen wie: ›Was sehen Sie? Wie kann das hier verbessert werden?‹ […] Vorlagen wurden auf den Boden gelegt, wie um ihnen die Kostbarkeit und Endgültigkeit zu nehmen. Sie waren lediglich Experimente, halbfertige Erzeugnisse, etwas, worauf man in einem bestimmten Augenblick reagieren und womit man interagieren konnte. […] Gruppendiskussionen […] beruhten auf der tiefen Überzeugung, dass es bei Kunsterziehung nicht nur um die Anfertigung von Objekten, sondern auch um Reaktionen und Meinungen ging.«
Es darf nicht verschwiegen werden, dass für diese Form der Interaktion, in der körperliche Anteile präsent waren, auch von übergriffigen Momenten berichtet wurde. Der Student Fritz Bühler erinnert sich, dass Josef Albers die Studentin Angela Hackelsberger während ihrer Teilnahme an seiner ersten Grundlehre geküsst habe.
Another influence on Josef Albers’ pedagogy was psychologist Erwin W. Straus of Black Mountain College. Albers’ motor exercises, which involved students’ entire bodies, can be traced back to him. Straus defined experience as a central concept of holistic learning that overcomes the simple accumulation of elements. »The notion that experience shuns ›accumulation‹ is important in understanding why Albers asked students to move while drawing. Drawing with a pencil was the preferred method for registering the physical movements of the eye as it follows the contours of the object, meandering, taking in details and not just its general shape, but also its ›character‹. […] Albers, who forbade the use of erasers, preferred to note how a drawing evolved in time and space with overlapping strokes that never settled into an inert, final form. […] The movements of the body were considered uncensored by the mind and more instantaneous […]. ›The motor sense points in the right direction‹, he exclaims, continuing, ›this is a question of feeling, not of seeing. You don’t observe what the arm is doing, no. You follow the feeling in the arm.‹«
Albers’ specific understanding of space corresponds with the physical movement, its design, and the interaction within it. He was not only concerned with evoking spatial impressions through techniques of perspective drawing. An integral part of his courses was the immediate exchange in the entire group about all the works that the students had just produced: »In his course, the students worked with colored paper, experimented with writing and various materials, all spontaneously and often very quickly. The intuitive phase was followed by close scrutiny. ›And when Josef Albers called out, ›exhibition‹, you dropped your pencil and put your work, as it was, up on the board. Every single work was discussed‹, Richard Rau recalled.« In doing so, he encouraged students to »comment on fellow students’ work with questions like, ›What do you see? How can this be improved?‹ […] Templates were laid on the floor, as if to eliminate their preciousness and finality. They were merely experiments, half-finished products, something to react to and interact with at a given moment. […] Group discussions […] were based on the profound conviction that art education was not only about making objects, but also about reactions and opinions.«
It should be mentioned that for this form of interaction, in which bodily parts were present, offensive moments were also reported. The student Fritz Bühler remembers that Josef Albers kissed the student Angela Hackelsberger during her participation in his first Grundlehre.
Grundlehre an der HfG Ulm / Grundlehre at the HfG Ulm
Josef Albers traf am Donnerstag, dem 26. November 1953, in Ulm ein (Thanksgiving Day in den USA). Seine erste Grundlehre an der HfG Ulm begann am Montag, dem 30. November 1953, und endete am Montag, dem 18. Januar 1954. »In Ulm konnte Albers – wie am Black Mountain – zu den Grundlagen zurückkehren, zur ›Entwicklung des Sehens und der (visuellen) Artikulation‹. […] Zwanzig Jahre zuvor hatte ihn das Wort ›bahnbrechend‹ für Black Mountain eingenommen, nun benutzte er dasselbe Wort für Ulm.
In seinem Bericht an das Büro der US-Militärregierung für Deutschland schreibt Josef Albers, dass er seinen Unterricht an jedem Werktag außer samstags, also von Montag bis Freitag, zwischen 8:15 und 11:30 Uhr durchgeführt hat. An seiner Grundlehre nahmen nicht nur Studierende teil. Auf den Bildern sind außerdem Otl Aicher (der nachmittags selbst Unterricht in Typografie gab), Ingela Albers (Geschäftsführerin der Geschwister-Scholl-Stiftung, die mit Josef Albers nicht verwandt war) sowie eine nicht identifizierte Frau zu sehen. Mit der Arbeit während der physischen Präsenz von Josef Albers war es für die Studierenden aber nicht getan. »Da er nur so kurze Zeit zur Verfügung hat, verlangt er zusätzliche Arbeit zuhause, abends und an den Wochenenden; aber ich habe den Eindruck, daß man dies ohne Murren akzeptiert, weil der Stoff vielseitig und interessant genug ist. Wir mögen Mr. Albers sehr und ergötzen uns alle an seinem köstlichen amerikanischen Deutsch«, berichtet Inge Aicher-Scholl an Walter Peterhans.
Albers gliederte den Stoff seiner ersten Grundlehre ebenso in drei Bereiche, wie er es zuvor schon am Black Mountain College praktiziert hatte: Zeichnen, Werklehre und Farblehre. »Werklehre, also known as ›basic design‹, consisted of ›fundamental studies of the capacity of the material in constructive exercises. […] ›Briefly stated, Werklehre means the study of all general art problems.‹ In his drawing class he wanted primarily to teach the craft. […] In his color class, Albers chiefly investigated interrelationships between colors.«
Die Wochenenden nutzte Albers für Besichtigungen der süddeutschen Landschaften und Ortschaften mit ihren Klöstern und Kathedralen. Dabei begleiteten ihn meist Inge Aicher-Scholl und Otl Aicher: Auf das Ulmer Umland folgten Nürnberg, Bamberg, München, Freiburg, Straßburg, Augsburg, Ottobeuren und Schwäbisch Gmünd. Die Postkarten und seine eigenen Fotografien montierte er zu Bildtafeln, mit denen er seine Ansichten festhielt. »Er hielt nach den alten, vorwiegend katholischen Kunstschätzen ebenso beharrlich Ausblick wie nach den präkolumbischen, als er und Anni Mexiko bereist hatten. Und wie in Mexiko stellte er aus den Fotografien, die auf diesen Reisen entstanden, Montagen her.«
Albers’ zweite Grundlehre – im HfG-Gebäude auf dem Ulmer Kuhberg – begann am Montag, dem 23. Mai 1955. Gemeinsam mit Max Bill und Inge-Aicher-Scholl verabschiedeten die 26 Studierenden dieses Gastkurses Josef Albers am Ulmer Bahnhof am Mittwoch, dem 3. August 1955.
Beide Aufenthalte nutzte Albers auch für seine künstlerischen Kontakte. Während seiner ersten Grundlehre hielt er einen Vortrag im Bayerischen Nationalmuseum München, und mit der Unterstützung Max Bills wurden vier von Albers’ Arbeiten auf der ersten documenta vom 15. Juli bis 18. September 1955 gezeigt.
Josef Albers arrived in Ulm on Thursday, November 26, 1953 (Thanksgiving Day in the United States). His first Grundlehre at the HfG Ulm began on Monday, November 30, 1953, and ended on Monday, January 18, 1954.[33] »In Ulm, Albers could to return to the basics – as he did at Black Mountain – to the ›development of vision and (visual) articulation.‹ […] Twenty years earlier, the word ›groundbreaking‹ had captured him for Black Mountain; now he used the same word for Ulm.«
In his report to the U.S. Military Government Office for Germany, Josef Albers wrote that he conducted his classes between 8:15 and 11:30 a.m. every weekday except Saturdays, i.e., Monday through Friday. Not only students attended his Grundlehre. In addition, the pictures show Otl Aicher (who himself taught typography in the afternoon), Ingela Albers (manager of the Geschwister Scholl Foundation, who was not related to Josef Albers) and an unidentified woman. However, just working while Josef Albers was physically presence during class was not enough. »Since he only has so much time available, he demands extra work at home, in the evenings and on weekends; but I have the impression that they accept this without grumbling because the material is varied and interesting enough. We like Mr. Albers very much and all enjoy his delightful American German«, reports Inge Aicher-Scholl to Walter Peterhans.
Albers structured the subject matter of his first Grundlehre into three schools of thought, just as he had done before at Black Mountain College: drawing, Werklehre and color. »Werklehre, also known as ›basic design‹, consisted of ›fundamental studies of the capacity of the material in constructive exercises. […] Briefly stated, Werklehre means the study of all general art problems.‹ In his drawing class he wanted primarily to teach the craft. […] In his color class, Albers chiefly investigated interrelationships between colors.«
Albers used the weekends to visit the countryside of southern Germany and towns with their monasteries and cathedrals. He was usually accompanied by Inge Aicher-Scholl and Otl Aicher: the area around Ulm was followed by Nuremberg, Bamberg, Munich, Freiburg, Strasbourg, Augsburg, Ottobeuren, and Schwäbisch Gmünd. He assembled the postcards and his own photographs into picture panels with which he recorded his views. »He looked for the old, predominantly Catholic art treasures as persistently as he had for the pre-Columbian ones when he and Anni had toured Mexico. As in Mexico, he also made montages from the photographs taken on those trips.«
Albers’ second Grundlehre – in the HfG building on the Kuhberg in Ulm – began on Monday, May 23, 1955, and together with Max Bill and Inge Aicher-Scholl, the 26 students of this course said goodbye to guest instructor Josef Albers at the Ulm train station on Wednesday, August 3, 1955.
Albers also used both stays for making artistic-related contacts. During his first Grundlehre, he gave a lecture at the Bavarian National Museum in Munich, and with Max Bill’s support, four of Albers’ works were shown at the first documenta from July 15 to September 18, 1955.
Wirkung auf die HfG Ulm / Impact on the HfG Ulm
Tomás Maldonado nahm an Albers’ zweiter Grundlehre teil. Als er ab Herbst 1955 selbst die Grundlehre übernahm, emanzipierte er den Unterricht an der HfG von den mit dem Bauhaus verbundenen Ansätzen – verkörpert durch Walter Peterhans, Josef Albers, Helene Nonné-Schmidt und Johannes Itten. »Maldonado reaffirmed the Albers basic design model, as it was eventually articulated, by avoiding so-called semantic issues, the materialization that takes place in the applied design process, as well as pragmatic issues, the appraisal of the usefulness of the product of design, while effectively dealing with only syntactic issues of design – form, color, and texture. However, he made a significant contribution to that model by supplementing the visual training component of the Grundlehre with interdisciplinary content; that is, with abstract bodies of knowledge that augmented the universally recognized formal (form, color, texture) issues of design.«
In Abgrenzung von Albers, der Vorwissen für hinderlich hielt und die Studierenden oft davor warnte, Bücher zu konsultieren, ging Maldonado davon aus, dass in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Praxis und Wissen auf neue Weise verknüpft werden müssten. Er rückte Theorie und systematische Durchdringung in den Vordergrund seiner Grundlehre, damit an der HfG die Gestaltung auf der Grundlagen der veränderten Rahmenbedingungen in Technik, Wissenschaft und Gesellschaft erfolgte: »die grundlehre hat den sinn, den widerspruch zwischen reinem wissen und gewohnheitsmäßigem tun zu überwinden. aufgrund praktischer übungen und damit verbundenen systematischen untersuchungen werden die theoretischen grundlagen für neue gestaltungsmethoden entwickelt.«
Tomás Maldonado joined Albers’ second Grundlehre. When he took over the Grundlehre himself starting in the fall of 1955, he liberated the teaching at the HfG from the approaches associated with the Bauhaus – embodied by Walter Peterhans, Josef Albers, Helene Nonné-Schmidt and Johannes Itten. »Maldonado reaffirmed the Albers basic design model, as it was eventually articulated, by avoiding so-called semantic issues, the materialization that takes place in the applied design process, as well as pragmatic issues, the appraisal of the usefulness of the product of design, while effectively dealing with only syntactic issues of design – form, color, and texture. However, he made a significant contribution to that model by supplementing the visual training component of the Grundlehre with interdisciplinary content; that is, with abstract bodies of knowledge that augmented the universally recognized formal (form, color, texture) issues of design.«
In contrast to Albers, who considered prior knowledge a hindrance and often warned students not to consult books, Maldonado assumed that in the second half of the 20th century practice and knowledge had to be linked in new ways. He placed theory and systematic penetration at the forefront of his Grundlehre, so that design at the HfG was based on the changing conditions in technology, science and society: »the purpose of the Grundlehre is to overcome the contradiction between pure knowledge and habitual doing. Based on practical exercises and associated systematic investigations, the theoretical foundations for new design methods are developed.«
Quellen / Sources
Albers, Josef: »Historisch oder jetzig«. In: Junge Menschen 8/1924 (Sonderheft Bauhaus Weimar), 171.
Albers, Josef: Report an a Course in Basic Drawing? Design? And Color Given at the Hochschule für Gestaltung in Ulm. Manuskript, 20. Januar 1954. HfG-Archiv, Ulm (PA 668.1.118 / AZ 580.8).
Grohmann, Will: »Die erste Schwalbe… Bill und Albers bei Rosen«. In: Neue Zeitung, Berliner Ausgabe, 20. März 1949.
Hermann, Herbert (Hg.): Josef Albers – Hans Arp – Max Bill. 11. Ausstellung. Katalog, Stuttgart 1948.
Koch, Eva-Maria: Auszug aus dem Rechenschaftsbericht über die HfG-Grundlehre 1953/54. Manuskript, 16. Juni 1954. HfG-Archiv, Ulm.
Krumrey, Immo: Aufzeichnungen zum Kurs von Josef Albers, 1953. Manuskript, Dezember 1953. HfG-Archiv, Ulm (Dp. 019.020).
Lindinger, Herbert (Hg.): Hochschule für Gestaltung Ulm. Die Moral der Gegenstände. Berlin 1987.
Maldonado, Tomás: »Neue Entwicklungen in der Industrie und die Ausbildung des Produktgestalters«. Vortrag auf der Weltausstellung, Brüssel, 18.9.1958. In: ulm 2 (1958), 25–40.
Müller-Krauspe, Gerda (Hg.): Selbstbehauptungen. Frauen an der hfg ulm. Frankfurt am Main 2007.
Müller-Krauspe, Gerda (Hg.): hfg ulm. Die Grundlehre von 1953 bis 1960. 16 Rückblicke und 6 Kurzportraits. Ulm/Dortmund 2011.
Stempel, Barbara; Eppinger Curdes, Susanne (Hg.): Rückblicke. Die Abteilung Visuelle Kommunikation an der hfg Ulm 1953–1968. Ulm 2010.
Young, Grace Alexander: »Art a a Fourth ›R‹«. In: Arts and Decoration 3/42 (Jan. 1935), 46 f.
Videos
Bittleman, Arnold; Howard, Carl: To Open Eyes: A Film on Josef Albers. New York (DVD) 2014.
Hörmann, Günther; Krampen, Martin: Die Hochschule für Gestaltung Ulm: Design für Millionen. Berlin (DVD) 2019.
Krampen, Martin; Malcherczyk, Torsten; Speidel, Jochen: beobachten und formulieren. grundkurs mit übungen, nach einem filmskript von josef albers. observation and formulation. foundation course with exercises, based on a script by josef albers. Karlsruhe, Ostfildern (DVD) 2009.
Pakay, Sedat: Josef and Anni Albers: Art is Everywhere. New York (DVD) 2006.
Blume, Eugen; Felix, Matilda; Knapstein, Gabriele; Nichols, Catherine (Hg.): Black Mountain. An interdisciplinary experiment 1933–1957. Leipzig 2015.
Buchsteiner, Thomas; Letze, Otto (Hg.): max bill, maler, bildhauer, architekt, designer. Ostfildern-Ruit 2005.
Darwent, Charles: Josef Albers. Leben und Werk. Bern, Wien 2020.
Horowitz, Frederick A; Danilowitz, Brenda: Josef Albers: To open eyes. The Bauhaus, Black Mountain College, and Yale. London 2006, Ndr. 2014.
Klatt, Jo: »Der ›ungewöhnliche‹ Braun-Messestand auf der Düsseldorfer Funkausstellung 1955. In: design + design 72/2005, 4–6.
Liesbrock, Heinz (Hg.): Josef Albers. Interaction. Köln 2018.
Meister, Sarah Hermanson: One and One is Four: The Bauhaus Photocollages of Josef Albers. New York 2016.
Müller, Jens; Weiland, Karen (Hg.): Lufthansa + Graphik Design. Visuelle Geschichte einer Fluggesellschaft. Visual History of an Airline. Baden (CH) 2011.
Rinker, Dagmar; Quijano, Marcela; Reinhardt, Brigitte (Hg.): ulmer modelle – modelle nach ulm. hochschule für gestaltung 1953–1968. Ostfildern-Ruit 2003.
Spitz, René: hfg ulm. der blick hinter den vordergrund. politische geschichte der hochschule für gestaltung, 1953–1968. The view behind the foreground. The political history of the Ulm School of Design 1953–1968. Stuttgart, London 2002.
Spitz, René: HfG Ulm. Kurze Geschichte der Hochschule für Gestaltung. Concise History of the Ulm School of Design. Hg. von Jens Müller. (= A5, Bd. 6) Zürich 2014.
Thomas, Angela: mit subversivem glanz. max bill und seine zeit. Bd. 1: 1908–1939. Zürich 2008.
Wachsmann, Christiane (Hg.): Objekt + Objektiv = Objektivität? Fotografie an der HfG 1953–1968. Ulm 1991.
Wachsmann, Christiane (Hg.): bauhäusler in ulm. Grundlehre an der HfG 1953–1955. Ulm 1993.
Wachsmann, Christiane (Hg.): Hochschule für Gestaltung Ulm. Die frühen Jahre. Ulm 1995.
Wachsmann, Christiane: Vom Bauhaus beflügelt. Menschen und Ideen an der Hochschule für Gestaltung Ulm. Stuttgart 2018.
Weber, Nicholas Fox (Hg.): Anni & Josef Albers. Equal and Unequal. London 2020.
Wick, Rainer K.: Bauhaus. Kunst und Pädagogik. Oberhausen 2009.
Wiedemeyer, Nina; Holländer, Friederike (Hg.): original bauhaus. Übungsbuch. Berlin 2019.
Hans G. Conrad: Interaction of Albers
Die Grundlehren von Josef Albers an der HfG Ulm, 1953–55
Josef Albers‘ preliminary courses at Ulm School of Design, 1953–55
Dieser erste Band der Reihe mit Bildern von Hans G. Conrad ist am 30. Juni 2021 erschienen.
This first volume of the series with images by Hans G. Conrad was published on June 30, 2021.
Josef Albers hat zweimal an der Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm seine Grundlehre durchgeführt. Zuerst vom Ende des Jahres 1953 bis zum Beginn des Jahres 1954, noch in den provisorischen Räumen der HfG, die ihr von der Ulmer Volkshochschule zur Verfügung gestellt wurden. Dann vom Juni bis zum August 1955 im HfG-Gebäude auf dem Oberen Kuhberg, also noch vor deren offiziellen Einweihung am 1./2. Oktober 1955.
Josef Albers twice carried out his foundation course at the Ulm School of Design (HfG). First, from the end of 1953 to the beginning of 1954, still in the provisional rooms of the HfG, which were made available to it by the Ulm Adult Education Center. Then from June to August 1955 in the HfG building on the Upper Kuhberg, i.e. before its official opening on October 1-2, 1955.
Hans G. Conrad, der erste eingeschriebene HfG-Student, hat in diesen beiden Grundlehren etwa 400 Bilder mit seiner Leica aufgenommen (schwarz-weiß, 24×36 mm). Außerdem sind etwa 80 Papierarbeiten Conrads aus Albers‘ Übungen zur »Interaction of Color« erhalten.
Hans G. Conrad, the first enrolled HfG student, took about 400 pictures with his Leica (black and white, 24×36 mm) during these two foundation courses. In addition, about 80 of Conrad’s works on paper from Albers‘ exercises on the „Interaction of Color“ have been preserved.
Dieses Buch zeigt erstmals sämtliche Bilder von Josef Albers in seiner »interaction« mit den Studierenden und weiteren Akteuren der HfG Ulm, z.B. Inge Aicher-Scholl und Otl Aicher. Das Buch wird von einem Essay (dt./engl.) eingeleitet. Gestaltung: Petra Hollenbach, Köln.
This book shows for the first time all the images of Josef Albers in his „interaction“ with the students and other actors of the HfG Ulm, e.g. Inge Aicher-Scholl and Otl Aicher. The book is introduced by an essay (German/English). Design: Petra Hollenbach, Cologne.
Die Umschlagbanderole zeigt einen Karton, den Conrad für die Archivierung seiner Negative verwendet hat. An der oberen Kante hat Conrad die entsprechenden Kontaktstreifen aufgeklebt. Hinter der Lasche liegen die passenden Negative. Die Kartons dokumentieren außerdem Conrads handschriftliche Markierungen für die Reproduktion einzelner Bilder (Ausschnitte etc.) und Informationen über Personen, Ort und Datum der Aufnahme.
The cover sleeve shows a cardboard that Conrad used for archiving his negatives. On the upper edge, Conrad has glued on the corresponding contact strips. Behind the flap are the matching negatives. The cardboard also documents Conrad’s handwritten markings for the reproduction of specific images (cutouts, etc.) and information about people, location, and date of the photograph.
Dieses Buch konnte dank der Förderung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und der Stiftung Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm veröffentlicht werden.
This book was published thanks to the support of the Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Foundation and the Ulm School of Design (HfG) Foundation.
René Spitz (Hg.): Hans G. Conrad, Interaction of Albers.
Vorworte von Alexander Wetzig, Stiftung Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm, und Volker Troche, Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, zweisprachig deutsch/englisch. 304 Seiten, 726 Abbildungen (davon 206 farbige Abb.), Leinenbindung. Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln 2021. 78 EUR. ISBN 978-3753300634.
Gestaltung: Petra Hollenbach. Grafische Assistenz: Mareena van Cube, Ulli Hammer. Bildbearbeitung: Thomas Wildermuth.
Begleitend gibt es auch ein Portfolio aus 5 Bildern, die Conrad von Albers aufgenommen hat. Wenn Sie an dem Portfolio interessiert sind, freue ich mich über Ihre E-Mail.
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Konstellation / Constellation
Als Josef Albers am 24. November 1953 auf dem Überseedampfer »United States« in Bremerhaven einlief, waren die Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs immer noch sichtbar und spürbar. Genau 20 Jahre lag es zurück, dass der Künstler aus Deutschland geflohen war: Gemeinsam mit seiner Frau Anni hatte er am 24. November 1933 den New Yorker Hafen an Bord der »S.S. Europa« erreicht.
Josef Albers hatte ab 1923 im Vorkurs am Bauhaus gelehrt und ihn ab 1928 geleitet. Von 1933 bis 1950 lehrte er am Black Mountain College. 1950 war er zum Direktor des Department of Design an der Universität Yale berufen worden.
Das Ehepaar hatte ein Deutsches Reich verlassen, in dem das Leben vieler Menschen schon seit langem von alltäglicher Gewalt geprägt gewesen war. Jetzt erlebte Albers, wohin die Deutschen nach 12 Jahren NS-Regime, die Hälfte davon im Weltkrieg, gelangt waren: Ein amputiertes und viergeteiltes Land, zerstörte Städte voller Ruinen, vernichtetes Leben, zerrissene Familien, erniedrigte Persönlichkeiten und erschütterte Werte einer Gesellschaft, in der Humanität, Anstand und Aufrichtigkeit von Unmenschlichkeit, Niedertracht und Feigheit in den Schmutz gerissen worden waren. Ausnahmen hatten die Regel bestätigt. Zu solchen Ausnahme-Erscheinungen zählten die Geschwister Hans und Sophie Scholl, die gemeinsam mit einem kleinen Kreis gegen das herrschende Regime Widerstand geleistet hatten und deshalb von den Nazis 1943 ermordet worden waren.
Josef Albers folgte einem Ruf nach Ulm, den Max Bill und Inge Aicher-Scholl ausgesprochen hatten. Inge Aicher-Scholl war die älteste Schwester Hans und Sophie Scholls. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hatte sie die Ulmer Volkshochschule gegründet. Sie wollte einen Beitrag für eine neue Bildung leisten, damit in Deutschland eine freiheitliche und demokratische Zivilgesellschaft entstehen konnte. Sie wurde darin unterstützt von Otl Aicher, einem Freund ihrer Geschwister, den sie 1952 heiratete, sowie einem Kreis aus Intellektuellen und politisch Engagierten.
Wie an vielen Orten in Nachkriegsdeutschland, sah der »Ulmer Kreis« im Ende des NS-Regimes die Chance eines völligen Neuanfangs, der »Stunde Null«. Doch im Unterschied zu den meisten anderen Initiativen bewahrten die Ulmer ihren Veränderungswillen über Jahre. Sie beschäftigten sich schon seit 1945 mit der Frage, welchen Beitrag Städtebau, Architektur, Einrichtungsgegenstände des täglichen Bedarfs, technische Geräte des Arbeitsalltags und Massenmedien zur Entwicklung einer modernen Gesellschaft leisten konnten und mussten. Es gelang ihnen, den Schweizer Gestalter Max Bill für ihre Pläne zum Aufbau einer neuen Bildungseinrichtung zu gewinnen. Politische, gesellschaftliche, ökonomische, technische und kulturelle Aspekte waren für sie in der Wirklichkeit untrennbar verwoben. In der Idee, dass eine »gute Form« (Max Bill) zu gestalten sei, verdichtet sich diese Zusammenschau aller relevanten Perspektiven und führt zum Anspruch an gleichzeitig moralisch und ästhetisch angemessene Lösungen.
Dieses Projekt, das sie zuerst »Geschwister-Scholl-Hochschule« nennen wollten, wurde maßgeblich durch die Zuwendung der USA in Höhe von 1 Mio. Deutsche Mark im Rahmen der sogenannten Re-Education ermöglicht. Die Idee einer privaten Hochschule im traditionell obrigkeitlich ausgerichteten deutschen Bildungssystem hatte den US-amerikanischen Hochkommissar John J. McCloy schon 1949 überzeugt. So gelang ihnen 1953 das Unwahrscheinliche: Die Eröffnung des Lehrbetriebs einer neuen, nichtstaatlichen Hochschule für die Gestaltung alltäglicher Gerätschaften und Botschaften zur Verbesserung des Alltags der breiten Bevölkerung. Als Namen der neuen Institution entschieden sie sich für den Untertitel des Bauhauses Dessau: Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm.
Am 16. März 1953 lud das US-Außenministerium Josef Albers ein, als Gastdozent in der Grundlehre an der HfG Ulm zu unterrichten. Max Bill und Inge Aicher-Scholl sandten weitere Briefe. Der Kontakt zu Josef Albers gründete auf Bills internationalen Verbindungen. Er hatte von 1927 bis 1928 am Bauhaus in Dessau studiert und kannte daher Albers’ Vorkurs. Im Juli und August 1948 hatte die Stuttgarter Galerie Herbert Herrmann Arbeiten von Bill und Albers ausgestellt, im März 1949 dann die Berliner Galerie Gerd Rosen.
Der Unterricht der HfG begann am 3. August 1953 provisorisch in Räumen der Ulmer Volkshochschule am Marktplatz 9. Zuerst lehrte Walter Peterhans. Vom 30. November 1953 bis 18. Januar 1954 lehrte Josef Albers in Ulm. Auf ihn folgte Helene Nonné-Schmidt als dritte Gastdozentin. Zusammen mit Max Bill, der ebenfalls in der Grundlehre unterrichtete, ergab sich dadurch ein Ensemble aus Bauhaus-Persönlichkeiten für das erste Studienjahr der jungen HfG.
1954 wurde Tomás Maldonado in das Kollegium der festangestellten Lehrenden berufen, »um die Grundlehre zu systematisieren und zu leiten«. Maldonado nahm an Albers’ zweiter Grundlehre an der HfG Ulm vom 23. Mai bis 3. August 1955 als Gast teil. Als es 1956 zum Zerwürfnis zwischen Max Bill und den Ulmern kam, die 1957 zur nicht einvernehmlichen Trennung führte, revidierte Maldonado das Konzept der Grundlehre an der HfG und entwickelt es in Richtung Verwissenschaftlichung.
When Josef Albers arrived in Bremerhaven on the ocean liner »United States« on November 24, 1953, the destruction of the Second World War was still visible and tangible. It was exactly 20 years before that the artist had fled Germany: together with his wife Anni, he had reached New York harbor on board the »S.S. Europa« on November 24, 1933.
Josef Albers had taught in the preliminary course (»Vorkurs«) at the Bauhaus from 1923 and directed it from 1928. He taught at Black Mountain College from 1933 to 1950. He was appointed director of the Department of Design at Yale University in 1950.
The couple left a German Empire where the lives of many had long been marked by everyday violence. Now Albers was experiencing where the Germans had ended up after 12 years of Nazi rule, half of it during the World War II: an severed and quartered country, devastated cities full of ruins, destroyed lives, torn families, humiliated figures and shattered values of a society in which humanity, decency and sincerity had been torn to shreds by inhumanity, baseness and cowardice. Exceptions prove the rule. Among such exceptional occurrences were the siblings Hans and Sophie Scholl, who, together with a small group, resisted the ruling regime and were therefore murdered by the Nazis in 1943.
Josef Albers responded to a call to Ulm made by Max Bill and Inge Aicher-Scholl. Inge Aicher-Scholl was the elder sister of Hans and Sophie Scholl. After the end of World War II, she founded the Ulm Adult Education Center. She wanted to contribute to a modern-day education so that a free and democratic civil society could emerge in Germany. She was supported by Otl Aicher, a friend of her siblings, whom she married in 1952 as well as by a group of intellectuals and politically committed people.
As in many places in post-war Germany, the »Ulmer Kreis« saw, in the end of the Nazi regime, the chance of a completely new beginning, the »zero hour«. However, in contrast to most other initiatives, the Ulmers maintained their will to change for years. Since 1945, they had been concerned with the question of what contribution urban planning, architecture, furnishings for everyday use, technical devices for everyday work and mass media could and should make to the development of a modern society. They succeeded in winning over the Swiss designer Max Bill for their plans to build a new educational institution. Political, social, economic, technical and cultural aspects were, in their view, inextricably interwoven in reality. In the idea that a »good form« (»Gute Form«, Max Bill) was to be designed, this synopsis of all relevant perspectives was condensed and led to the demand for solutions that were simultaneously morally and aesthetically appropriate.
This project, which they initially wanted to call »Geschwister-Scholl-Hochschule«, was made possible to a large extent by a grant of 1 million German marks from the USA as part of the so-called re-education policy. The idea of a private university in the traditionally authority-oriented German education system had already convinced the U.S. High Commissioner John J. McCloy in 1949. So, in 1953, they achieved the improbable: the opening of the teaching program at a new, non-governmental school of design of everyday devices and messages to improve the daily lives of the general population. They decided on the subheading of the Bauhaus Dessau as the name of the new school of design: Hochschule für Gestaltung (HfG) Ulm.
On March 16, 1953, the U.S. State Department invited Josef Albers to teach a preliminary course (»Grundlehre«) at the HfG Ulm as a guest lecturer. Max Bill and Inge Aicher-Scholl sent further letters. The contact with Josef Albers was based on Bill’s international connections. He had studied at the Bauhaus in Dessau from 1927 to 1928 and therefore knew Albers’ Vorkurs. In July and August 1948 the Stuttgart gallery Herbert Herrmann exhibited works by Bill and Albers; then they were exhibited at the Berlin gallery Gerd Rosen in March 1949.
Classes at the HfG began on August 3, 1953 provisionally in rooms at the Ulm Volkshochschule on Marktplatz 9, starting with the first Grundlehre taught by Walter Peterhans. Josef Albers taught in Ulm from November 30, 1953 to January 18, 1954. He was followed by Helene Nonné-Schmidt the third guest lecturer. Together with Max Bill, who also taught Grundlehre, there was an ensemble of Bauhaus individuals for the first academic year of the early HfG.
In 1954, Tomás Maldonado was appointed to the college of tenured lecturers »to systematize and direct the Grundlehre«. Maldonado was a guest in Albers’ second Grundlehre at the HfG Ulm from May 23 to August 3, 1955. When a rift between Max Bill and the Ulmers developed in 1956, which led to a non-consensual separation in 1957, Maldonado revised the concept of Grundlehre at the HfG and developed it in the direction of scientification.
Biographische Skizze / Biographical Outline
Hans G. Conrad wird am 11. Juni 1926 in Remetschwil im Schweizer Kanton Aargau geboren. Der Ort liegt etwa 25 km nordwestlich der Innenstadt von Zürich. Conrad wächst in einfachsten Verhältnissen auf. Später zählt er das Kunsthaus Zürich zu seinen Lieblingsorten, weil er sich als Kind hier bei freiem Eintritt im Trockenen und Warmen aufhalten konnte. Zu den überlieferten Arbeiten aus seiner Jugend zählt die Skizze »C-Dur Tonikaklang«, in der er mit Wasserfarben die Wechselwirkung von schwarz gerahmten Farbflächen darstellt.
Unter seinem Geburtsnamen Johann Gerold Konrad absolviert er eine technisch-zeichnerische Ausbildung an der Werkschule des Industrieunternehmens Brown, Boveri & Cie. in Baden, etwa 10 km von Remetschwil gelegen. Danach orientiert er sich nach Zürich. Dort gerät er in Kontakt mit Max Bill, der in der fortschrittlichen Szene eine antreibende Kraft darstellt, und arbeitet für ihn. In den späten 1940er und frühen 1950er Jahren ist Bill omnipräsent als Künstler (z.B. Künstlervereinigung »Allianz«, Plastik »Kontinuität« in Zürich, Biennale in São Paolo), Ausstellungsmacher (z.B. »Die gute Form« in Basel, Schweizer Sektor der Triennale, Mailand), Grafiker (z.B. für das Kunsthaus Zürich), Publizist (z.B. über Robert Maillard) und Produktgestalter (z.B. Küchenuhr mit Kurzzeitmesser für Junghans, Bestrahlungslampe für Novelectric, Dreirundtisch und Kreuzzargenstuhl für Horgen-Glarus). – Zeitgleich arbeitet Conrad auch für den Architekten und Designer Alfred Roth in Zürich.
Als es erforderlich wird, dass eine Aufbaumannschaft die vielfältigen Aufgaben realisiert, die mit der Gründung der HfG und der Errichtung ihres Hochschulgebäudes auf dem Ulmer Kuhberg außerhalb der Stadt anfallen, motiviert Max Bill ihn dazu, sich ihm ab Dezember 1952 anzuschließen. Spätestens zu dieser Zeit justiert er die Schreibweise seines Namens. Er erhält den ersten Studentenausweis der HfG, ausgestellt auf Hans G. Conrad. Seine Freunde nennen ihn Cony. Ab 1. Januar 1953 ist er an der HfG Ulm eingeschrieben, acht Monate vor Beginn des Unterrichts.
1954 entwirft Conrad Werbung für den Möbelhersteller Knoll International. 1955 entwickelt er gemeinsam mit Otl Aicher das Messestandsystem »D 55« für den Elektrogerätehersteller Braun. Damit präsentiert sich das Unternehmen auf der Düsseldorfer Funkausstellung radikal neu: die Technik entledigt sich ihrer dekorierenden Verhüllungen und tritt als Technik in Erscheinung. Das System wird 32 Jahre lang von Braun weltweit eingesetzt.
Conrad beendet sein Studium an der HfG am 30. September 1957 mit der Konzeption eines Ausstellungsbusses für Braun als Abschlussarbeit. Der strategische Kopf des Unternehmens, Fritz Eichler, hat ihn da schon längst für seine Stabsstelle engagiert, die sich mit übergeordneten Entwicklungsaufgaben beschäftigt. Ab 1958 verantwortet Conrad die Messe- und Ausstellungsgestaltung – einen zentralen Aspekt der gesamten Außenwirkung des Unternehmens.
1962 übernimmt Conrad bei der Lufthansa in Köln die Position des weltweiten Werbeleiters. Er erteilt Otl Aicher den Auftrag, ein umfassendes und zeitgemäßes visuelles Erscheinungsbild zu entwickeln. Mit seinen Mitarbeitern der Entwicklungsgruppe 5 (E5) an der HfG Ulm legt Aicher einen Entwurf vor, der bis heute als internationaler Maßstab betrachtet wird.
Von 1969 bis 1972 ist Conrad auch Mitglied im Ausschuss für Visuelle Gestaltung der Olympischen Spiele von München (Vorsitz: Anton Stankowski). Die Leitung der Abteilung XI (Visuelle Gestaltung) hatte Otl Aicher.
1970 wechselt Conrad zum Kölner Wirtschaftsmagazin »Capital«. Herausgeber der Zeitschrift ist der Gründer der Zeitschrift »twen«, Adolf Theobald, ihr Chefredakteur bis 1974 Ferdinand Simoneit, ab 1974 Johannes Gross. Die Zeitschrift entwickelt sich zu einem der meinungsführenden Medien Deutschlands. Als Stellvertretender Chefredakteur verantwortet Conrad alle visuellen Ausdrucksformen des Magazins, vom Layout über die Bildsprache bis zur werblichen Kommunikation.
Im Januar 1989 verlässt Hans G. Conrad »Capital«. Im Oktober 1992 erleidet er einen Schlaganfall. Er stirbt nach längerer Krankheit am 26. Dezember 2003 in einem Pflegeheim in Köln-Rodenkirchen.
Hans G. Conrad was born on June 11, 1926 in Remetschwil in the Swiss canton of Aargau. The village is located about 25 km northwest of Zurich. Conrad grew up in the simplest of circumstances. Later, he counted the Kunsthaus Zurich among his favorite places, because as a child he could stay there in the dry and warm free of charge. Among the surviving works from his youth is the sketch »C major tonic sound«, in which he uses watercolors to depict the interaction of black-framed color surfaces.
Under his given name, Johann Gerold Konrad, he completed a technical-drawing apprenticeship at the factory school of the industrial company Brown, Boveri & Cie. in Baden, about 10 km from Remetschwil. Later, he moved to Zurich. He came into contact with Max Bill here, who was a driving force in the progressive scene, and works for him. In the late 1940s and early 1950s, Bill was omnipresent as an artist (e.g., artists’ association »Allianz«, sculpture »Continuity« in Zurich, Biennale in São Paolo), exhibition architect (e.g., »Die gute Form« in Basel, Swiss sector of the Triennale, Milan), graphic artist (e.g. for the Kunsthaus Zurich), publicist (e.g. on Robert Maillard) and product designer (e.g. kitchen clock with a timer for Junghans, irradiation lamp for Novelectric, three-round table and cross-frame chair for Horgen-Glarus). At the same time, Conrad also worked for the architect and designer Alfred Roth in Zurich.
When it became necessary for a development team to carry out the many tasks involved in founding the HfG and erecting its university building on Ulm’s Kuhberg outside the city, Max Bill motivated him to join him from December 1952. At this time, at the latest, he adjusted the spelling of his name. He received the first HfG student ID-card issued under the name Hans G. Conrad. His friends called him Cony. As of January 1, 1953, he was enrolled at the HfG Ulm, eight months before classes begin.
In 1954, Conrad designed advertising for the furniture manufacturer Knoll International. Then, in 1955, together with Otl Aicher, he developed the »D 55« trade fair stand system for the electrical appliance manufacturer Braun. The company presented itself in a radically new way via this system at the Düsseldorf Radio Exhibition: technology sheds its decorative coverings and emerges as technology. The system was used worldwide by Braun for 32 years.
Conrad finished his studies at the HfG on September 30, 1957 with the conception of an exhibition bus for Braun as his final project. By then, the company’s strategic head, Fritz Eichler, had long since hired him for a position on his staff, which deals with higher-level development tasks. Conrad was responsible for trade show and exhibition design – a central aspect of the company’s overall image – from 1958.
In 1962, Conrad moved to Lufthansa in Cologne and took over the position of global advertising manager. He gave Otl Aicher the task of developing a comprehensive and contemporary visual image. Together with his colleagues from Development Group 5 (E5) at the HfG Ulm, Aicher submitted a design that is still considered an international benchmark today.
Conrad was also a member of the Visual Design Committee for the Munich Olympics from 1969 to 1972 (chaired by Anton Stankowski). Otl Aicher was in charge of Department XI (Visual Design).
In 1970, Conrad went to the Cologne-based business magazine »Capital«. The magazine’s publisher was the founder of »twen« magazine, Adolf Theobald; its editor-in-chief until 1974 was Ferdinand Simoneit and from 1974 it was Johannes Gross. The magazine developed into one of Germany’s leading influential media. As Deputy Editor-in-Chief, Conrad was responsible for all the magazine’s visual styles, from layout and imagery to advertising communication.
In January 1989, Hans G. Conrad left Capital. In October 1992, he suffered a stroke. After a long illness, he died on December 26, 2003, in a nursing home in Cologne-Rodenkirchen.
Bilder von Hans G. Conrad / Images by Hans G. Conrad
Conrad war ein herausragender Gestalter, nach dem Zeugnis Fred Hochstrassers brachte er Otl Aicher das Layouten bei. Er strebte nach Perfektion. Dass er trotz seines Einflusses auf entscheidenden Feldern der modernen Gestaltung nur wenigen Menschen bekannt ist, hat einen einfachen Grund: Als bescheidene und zurückhaltende Person bevorzugte er es, im Hintergrund zu wirken. Er führte Regie und scheute das Rampenlicht. Das gilt für seine Arbeit an der HfG Ulm und bei Braun, stärker noch bei der Lufthansa und Capital. Sei es das Corporate Design oder die weltweite Werbung der Lufthansa, seien es die Titelbilder des Wirtschaftsmagazins Capital, die 18 Jahre lang Monat für Monat eine andere Persönlichkeit zeigten: Conrad bereitete den ausführenden Gestaltern die Bühne. Er wählte sie aus, beauftragte sie und sorgte dafür, dass ihre Arbeiten nicht nur seinen Vorstellungen entsprachen, sondern auch veröffentlicht wurden. Sein engster Mitarbeiter bei Capital, Jürgen Kryszons, beschrieb ihn als »Fotograf hinter dem Fotografen«, der darauf achtete, dass die Bilder so entstanden, wie er es sich vorgestellt hatte.
Hans G. Conrad hat schon in Zürich als Fotograf Bilder aufgenommen. Um seinen eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, kaufte er eine Leica (möglicherweise die Leica IIIf, mit der er auf einer Aufnahme von 1954 zu sehen ist). Unter vernünftigen Umständen betrachtet, war sie für ihn unerschwinglich. Conrad soll wochenlang von Wasser und Brot gelebt und sich die Kamera so wortwörtlich vom Munde abgespart haben.
In Ulm hat Conrad fortwährend Bilder aufgenommen: von der Stadt und ihrer ländlichen Umgebung, dem urbanen Leben auf den Straßen und dem bäuerlichen Wirken auf den Feldern, von der gemeinsamen Arbeit im Aufbauteam der HfG, der Bauphase auf dem Ulmer Kuhberg, der Lehre in den provisorischen Räumen der Volkshochschule und im HfG-Gebäude, der Interaktion der Lehrenden und Studierenden sowie den Gästen und Veranstaltungen der Hochschule. Viele seiner Bilder wurden in der medialen Selbstdarstellung der HfG veröffentlicht: Conrad zeigt den offiziellen Blick, wie die HfG sehen und gesehen werden wollte.
Conrads Bilder dienen der Kommunikation. Ihr Mitteilungscharakter steht im Vordergrund, jegliche Repräsentionsgeste wird vermieden. Selten handelt es sich um einzelne Aufnahmen, meist sind es Abfolgen, aus deren Zusammenschau vielfältige Informationen vermittelt werden. Diese Fotografie zielt nicht auf ein singuläres »Meisterwerk«. Wie Otl Aicher lehnt er für seine professionelle Praxis als Gestalter das Paradigma einer Kunstauffassung ab, die um das Ideal eines einzigartigen Genies kreist. Die Gestaltung von Bildern war für Conrad – so wie die Gestaltung von Gebäuden, Botschaften, Möbeln und Werkzeugen – ein Instrument, mit dem die Moderne ihre Erzählung genuin realisierte. In einer neuen Weise vermitteln die Modernen neue Aussagen: Berichte von neuen Menschen, die neue Formen für eine neue Gesellschaft entwickeln. Im Fokus von Conrads Fotografie steht nicht der manuelle Abzug (als Entsprechung des künstlerischen Unikats), der in der Galerie einem exklusiven Zirkel im Rahmen einer Vernissage präsentiert wird. Im industriellen Prozess der Moderne ist der einzelne Papierabzug nur ein notwendiger Zwischenschritt auf dem Weg zum eigentlichen Ziel: Die identische Verbreitung im Buch, in der Zeitung oder im Magazin in großer Auflage für ein breites Publikum. Conrads Bilder sind für diesen Kontext der Moderne gemacht.
Hier wird auch die Nähe zur Fotografie von Josef Albers deutlich. Dessen Aufnahmen und ihre Montagen bezeichnet Michael Beggs als Sequenzen mit narrativem oder didaktischem Charakter: »Man könnte sagen, dass seine Montagen, in denen mehrere Abzüge des gleichen Sujets vorkommen oder die eine Serie eng verwandter oder scheinbar gleichzeitiger Momente präsentieren, […] als narrative Sequenz aufgebaut sind. Das heißt nicht, dass diese Montagen ausdrücklich etwas erzählen oder dass ihnen eine Geschichte zugrunde liegt; doch in ihrer Gesamtheit zeigen die einzelnen Bilder der Montage Momente oder Sammlungen von Momenten, flüchtige Blicke und kleine Bewegungen, mit deren Hilfe man chronologische Zusammenhänge vermuten oder wahrnehmen kann. […] Die didaktische Sequenz hingegen ist weniger offensichtlich. Albers stützt sich auf eine Heuristik des Sehens, die er in seiner ausgereiften künstlerischen Praxis der Nachkriegszeit häufig nutzte, um den Betrachter aufzufordern, eine Komposition in ihrer Gesamtheit zu betrachten und simultan ihre Teile miteinander zu vergleichen.« Von Conrad ist eine Montage von 1955 überliefert, die an diese Vorgehensweise von Albers erinnert (Abb. auf Seite 28/29).
Am ersten Studienjahr der HfG nehmen 22 Studierende aus 6 Ländern (Brasilien, Großbritannien, Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz) teil. Zu den 4 Frauen zählt Eva-Maria Koch. Auf einem Plakat, das zu ihrer Abschiedsparty einlädt, wird sie als erste HfG-Studentin bezeichnet. Sie ist auf vielen Bildern Conrads zu sehen, besonders prominent in der Sequenz, in der Josef Albers erläutert, wie der Faltenwurf von Kleidung gezeichnet werden soll. Eva-Maria Koch und Hans G. Conrad werden im gemeinsamen Studium ein Paar. Unmittelbar in ihrem ersten Studienjahr 1953/54 beginnt Eva-Marie Koch mit dem Fotografieren. Nach ihrer Zeit an der HfG studiert sie Fotografie bei Otto Steinert in Saarbrücken und absolviert eine Ausbildung zur Fotografin in München. 1958 heiraten Eva-Maria Koch und Hans G. Conrad.
Conrad was an outstanding designer. According to a statement by Fred Hochstrasser, he taught Otl Aicher layout. He strove for perfection. The fact that he is known to only a few people, despite his influence in decisive fields of modern design, has a simple reason: as a modest and reserved person, he preferred to work in the background. He directed; he shied away from the limelight. This was true of his work at the HfG Ulm and at Braun, and even more so at Lufthansa and Capital. Whether it was the corporate design or the worldwide advertising of Lufthansa, or the covers of the business magazine »Capital«, which showed a different personality every month for 18 years: Conrad set the stage for the designers. He selected them, commissioned them and made sure that their work not only matched his ideas, but was also published. His closest collaborator at »Capital«, Jürgen Kryszons, described him as the »photographer behind the photographer« who made sure that the images turned out the way he had envisioned them.
Hans G. Conrad was already taking pictures as a photographer in Zurich. To meet his own standards, he bought a Leica (possibly the Leica IIIf, with which he can be seen in a 1954 photograph). Considered under reasonable circumstances, it was prohibitively expensive for him. Conrad is said to have lived on bread and water for weeks, literally scrimping and saving for this camera.
In Ulm, Conrad constantly took photographs: of the city and its rural surroundings, of urban life on the streets and farm labor in the fields, of the joint work in the development team of the HfG, of the construction phase on the Ulm Kuhberg, of teaching in the provisional rooms at the adult education center and in the HfG building, of the interaction of the teachers and students, and of the guests and events at the university. Many of his images were published in the HfG’s media self-portrayal: Conrad shows the official view of how the HfG wanted to see and be seen.
Conrad’s images serve the purpose of communication. Their communicative character takes center stage, any representational gesture is avoided. It is rarely a matter of a single shot, but typically a series of shots, from whose synopsis a range of information is conveyed. This photography is not aimed at a singular »masterpiece«. Like Otl Aicher, he rejects, for his professional practice as a designer, the paradigm of a conception of art that revolves around the ideal of a unique genius. The design of images in Conrad’s estimation – like the design of buildings, messages, furniture, and tools – was an instrument through which modernism genuinely realized its narrative. Modernists convey new statements in a new way: accounts of new people developing new forms for a new society. The focus of Conrad’s photography is not the manual print (as the equivalent of the artistic unique), which is presented in a gallery to an exclusive group in the context of a vernissage. In the industrial process of modernism, the individual paper print is only a necessary intermediate step towards the actual goal: identical distribution in a book, newspaper, or magazine in a large edition for a wide audience. Conrad’s images are made for this modernist context.
The proximity to Josef Albers’ photography also becomes clear. Michael Beggs describes his photographs and their montages as sequences with a narrative or didactic character: »One could say that his montages, in which several prints of the same subject occur or which present a series of closely related or apparently simultaneous moments, […] are structured as a narrative sequence. This does not mean that these montages explicitly say something or that they are based on a story; but in their totality, the individual images of the montage show moments or collections of moments, the fleeting glances and small movements with whose help one can assume or perceive chronological connections. […] The didactic sequence, on the other hand, is less obvious. Albers relies on a heuristic of seeing that he frequently used in his mature postwar artistic practice asking the viewer to consider a composition in its entirety and simultaneously compare its parts.« A 1955 montage by Conrad that remains recalls this approach by Albers (ill. on page 28/29).
22 students from 6 countries (Austria, Brazil, Great Britain, Italy, Switzerland, and Germany) participated in the first year of the HfG. Among the 4 women was Eva-Maria Koch. She is described as the first HfG student on a poster invitation to her farewell party. She is featured in many of Conrad’s works, most prominently in the sequence in which Josef Albers explains how to draw the drapery of clothing. Eva-Maria Koch and Hans G. Conrad became a couple while studying together. In her first year of study in 1953/54, Eva-Maria Koch immediately began taking photographs. After her time at the HfG, she studied photography with Otto Steinert in Saarbrücken and trained as a photographer in Munich. In 1958, Eva-Maria Koch and Hans G. Conrad were married.
Zu dieser Publikation / About this publication
Hans G. Conrad hat mir seine Bilder, Studienarbeiten und ergänzende Unterlagen am 21. März 1999 geschenkt und zugleich alle Rechte daran übertragen. Es handelt sich um einen Bestand von ca. 16.000 Bildern, fast ausschließlich schwarzweiß im Format 24 x 36 mm. Der überwiegende Anteil wurde von Conrad selbst archiviert, wie es auf der Banderole des Buchumschlags zu sehen ist. Dafür hat er die originalen Filme in 4er-Streifen geschnitten und hinter eine Lasche gelegt. Die dazu passenden Kontaktstreifen wurden an den oberen Rand geklebt, oft ergänzt um handschriftliche Anmerkungen zum Ort und Datum der Aufnahme, den abgebildeten Personen und Reproduktionsanweisungen (Ausschnitte, Formate).
Die Identifizierung der Urheberschaft an den Bildern ist unter den skizzierten Umständen nicht in jedem einzelnen Fall zweifelsfrei möglich. Denn die Negativstreifen sind nicht gestempelt oder signiert, das hätte Conrads Haltung widersprochen. Zugleich gibt es einzelne Streifen, auf denen abwechselnd sowohl Conrad als auch Eva-Maria Koch zu sehen sind. Dies lässt sich durch die Annahme schlüssig erklären, dass die Kamera situativ auch von Eva-Maria Koch verwendet wurde.
Besondere Verwirrung ist in den letzten Jahrzehnten dadurch entstanden, dass die Zuweisung der Urheberschaft in vielen Veröffentlichungen nachweislich fehlerhaft erfolgte: In fast allen Büchern und Aufsätzen über die HfG werden in den Bildunterschriften nicht der Urheber als Quelle genannt, sondern diejenige Person, die den jeweiligen Papierabzug aus ihren privaten Unterlagen für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt hat. Das bedeutet: Es wurde nicht differenziert zwischen den Besitzern von Abzügen (physischer Gegenstand) und den Urhebern der Bilder (Fotograf). Das gilt auch für Unterlagen, die von HfG-Angehörigen oder ihren Erben dem HfG-Archiv oder einem anderen Archiv übergeben wurden: Die Urheberschaft an diesen Bildern wurden dann in der Regel fälschlicherweise den HfG-Angehörigen zugeordnet, obwohl es sich nur um den Besitz eines Papierabzugs handelt. Vielfach wurde auf die Rückseite der Abzüge handschriftlich (nicht von den Fotografen, sondern von den Empfängern der Abzüge) notiert, von wem sie diese Abzüge erhalten haben. Wer die Bilder dann später angesehen hat, nahm deshalb oft irrtümlich an, dass die Aufnahme von der notierten Person stamme. Wenn eine fehlerhafte Zuweisung einmal veröffentlicht wurde, verbreitet sie sich meist ungeprüft weiter.
Eine verlässliche Zuschreibung der Urheberschaft ist nur möglich, wenn es einen eindeutigen Hinweis auf den Archivkarten oder Abzügen gibt, die von Hans G. Conrad oder Eva-Maria Koch gestempelt sind. Das HfG-Archiv verwahrt im Depositum von Eva-Maria Koch genau 5 solchermaßen signierte Bilder, die aus 3 Situationen der beiden Grundlehren von Josef Albers an der HfG stammen. Im Bestand, der mir von Hans G. Conrad übergeben wurde, befinden sich andere Bilder aus genau diesen Situationen: bei Papierfaltungen 1954, im Gespräch mit Ingela Albers und Otl Aicher 1954 sowie im Dialog mit Studierenden 1955. Weil sich die Urheberschaft in diesen Situationen nicht eindeutig nachweisen lässt, sind die betreffenden Bilder mit einem Asterisk* markiert.
Dieser Exkurs beleuchtet einen Sachverhalt, der in den letzten Jahren zunehmend an Wirkmächtigkeit gewonnen hat: Im Zusammenhang mit dem Aufstieg der digitalen Medien ist der Einfluss der Urheberrechte auf die Publikationstätigkeit dramatisch gestiegen. In der Konsequenz schwingt das Pendel zwischen faktischer Zensur am einen Pol (weil Veröffentlichungsrechte unbezahlbar werden) und dreistem Raubkopieren am anderen Pol. Die eigentliche Aufmerksamkeit sollte sich aber auf eine ganz andere, eine wunderbare Tatsache richten: Mit den hier veröffentlichten Bildern ist es erstmals möglich, die Lehre von Josef Albers in unmittelbarer Zuordnung zu seinen Aufgaben detailliert nachzuvollziehen. Dieses Buch soll der Vertiefung des Verständnisses dienen, künftigen Forschungen möge es als verlässlicher Fundus für ihr Erkenntnisinteresse dienen. Es verfolgt einen rein aufklärerischen und keinen kommerziellen Zweck.
Dennoch ist viel Geld erforderlich gewesen, um dieses Buch zu veröffentlichen. Die wesentliche Grundlage hat dafür eine Zuwendung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung gelegt. Die Kooperation mit der Stiftung Hochschule für Gestaltung Ulm hat es ermöglicht, dass diese Unterstützung auch ihrem Ziel zufließen konnte. Dafür danke ich den Verantwortlichen und Handelnden: Dr. Thomas Kempf, Volker Troche, Dr. Ingomar Lorch, Dipl.-Ing. Alexander Wetzig und Julia Hanisch. Alle weiteren Beteiligten haben das Zustandekommen dieses Buchs dadurch unterstützt, dass sie sich dafür unentgeltlich oder am Rande der Selbstausbeutung engagiert haben: Hillary Hatch-Conrad (Übersetzung), Petra Hollenbach (Gestaltung), Thomas Wildermuth (Bildbearbeitung), Mareena van Cube und Ulli Hammer (grafische Assistenz), Sascha Swiercz (Kickstarter-Kampagne) und Zsolt Györgyicze (Instagram).
Am Ende eines Prozesses, der von der ersten Idee bis zur Drucklegung acht Jahre gedauert hat, erweist sich wieder einmal die entscheidende Kraft für die Überwindung unüberwindlich erscheinender Hürden: Interaktion. Dafür danke ich Mary Bauermeister, Karl Heinz Bergmiller †, Prof. Dr. Werner Durth, Martin Erler, Peter Gautel, Martin Goldring, Ilse Grubrich-Simitis, Christian Guther, Marcel Herbst, Thomas Hilliges, Adrian Hochstrasser, Dr. Fritz Hörmann, Prof. William S. Huff †, Jo Klatt, Prof. Dr. Klaus Krippendorff, Tilmann Krumrey, Dr. Martin Mäntele, Sigrid und Delmar Mavignier, Alexander Müller-Kühn, Bertus Mulder, Eva Naske, Christian Pixis, Markus Schaden, Prof. Helmut M. Schmitt-Siegel, Rolf Schroeter, Simon Stockhausen, Christiane Wachsmann, Dr. Margit Weinberg-Staber, Reinhold Weiss und Alexandre Wollner †.
Vor allem danke ich meiner Frau und meinen Kindern, dass ich ihnen auch dieses Buch zumuten durfte.
René Spitz, 31. Mai 2021
Hans G. Conrad donated his images, study works and supplementary documents to me on March 21, 1999 and at the same time transferred all rights to them. There is a stock of approx. 16,000 images, almost exclusively black and white in the format 24 x 36 mm. The majority was archived by Conrad himself, as can be seen on the banderole of the book cover. He cut the original films into strips of 4 for this purpose and placed them behind a flap. Matching contact strips were glued to the top edge, often supplemented with handwritten notes regarding the location and date of the shot, the people depicted, and reproduction instructions (crops, formats).
Under the circumstances previously outlined, the identification of authorship of the images is not possible beyond doubt in every single case. This is because the negative strips are not stamped or signed, which would have contradicted Conrad’s attitude. At the same time, there are individual strips on which both Conrad and Eva-Maria Koch can be seen alternately. This can be conclusively explained by the assumption that the camera was also situationally used by Eva-Maria Koch.
Particular confusion has arisen in recent decades since the attribution of authorship has been demonstrably erroneous in many publications: in almost all books and essays about the HfG, the photo credits do not name the author as the source, but rather those persons who provided the respective paper print from their private files for publication. This means that no differentiation was made between the owners of prints (physical object) and the authors of the images (photographer). This also applies to documents that were given to the HfG Archive or another archive by HfG members or their heirs: the authorship of these images was then usually erroneously assigned to HfG members, although it was only a matter of owning a paper print. In many cases, handwritten notes were made on the back of the prints (not by the photographers, but by the recipients of the prints) indicating from whom they had received the prints. Those who later viewed the images therefore often mistakenly assumed that the photograph came from the person noted. Once an erroneous attribution has been published, it usually spreads unchecked.
A clear and reliable attribution of authorship is only possible if there is a clear indication on the archive cards or paper prints stamped by Hans G. Conrad or Eva-Maria Koch. There are exactly 5 such signed images stored in the HfG archive in Eva-Maria Koch’s deposit, which come from 3 situations during the Grundlehre of Josef Albers at the HfG. In the collection, which was given to me by Hans G. Conrad, there are other images from these exact situations: during paper folding in 1954, in conversation with Ingela Albers and Otl Aicher in 1954, and conversing with students in 1955. The images in question are marked with an asterisk* since the authorship in these situations cannot be clearly proven.
This excursus sheds light on an issue that has become increasingly effective in recent years: in connection with the rise of digital media, the influence of copyrights on publishing activity has increased dramatically. Consequently, the pendulum swings between de facto censorship (because publication rights are becoming unaffordable) and brazen piracy. Yet, real attention should be directed towards a completely different fact, a wonderful one: the images published here, make it possible to trace, in detail, the teachings of Josef Albers in direct relation to his undertakings for the very first time. This book shall serve the deepening of understanding and may it aid future research as a reliable fund for their knowledge interest. Its purpose is purely educational and not commercial.
Nevertheless, an incredible amount of funding was necessary to publish this book. The essential groundwork for this was laid by a grant from the Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Foundation. The cooperation with the Hochschule für Gestaltung Ulm Foundation underpinned the initial financial support resulting in mutual benefit. In this context I would like to thank those responsible and those who acted: Dr. Thomas Kempf, Volker Troche, Dr. Ingomar Lorch, -Dipl.-Ing. Alexander Wetzig and Julia Hanisch. All other participants have supported the realization of this book either by working on it free of charge or on the verge of self-exploitation: Hillary Hatch-Conrad (English editing), Petra Hollenbach (design), Thomas Wildermuth (image editing), Mareena van Cube and Ulli Hammer (graphic assistance), Sascha Swiercz (Kickstarter campaign), Zsolt Györgyicze (Instagram)
At the end of a process that took eight years from the initial idea to printing, the decisive force for overcoming seemingly insurmountable hurdles has proven itself once again: interaction. For this I thank Mary Bauermeister, Karl Heinz Bergmiller †, Prof. Dr. Werner Durth, Martin Erler, Peter Gautel, Martin Goldring, Ilse Grubrich-Simitis, Christian Guther, Marcel Herbst, Thomas Hilliges, Adrian Hochstrasser, Dr. Fritz Hörmann, Prof. William S. Huff †, Jo Klatt, Prof. Dr. Klaus Krippendorff, Tilmann Krumrey, Dr. Martin Mäntele, Sigrid and Delmar Mavignier, Alexander Müller-Kühn, Bertus Mulder, Eva Naske, Christian Pixis, Markus Schaden, Prof. Helmut M. Schmitt-Siegel, Rolf Schroeter, Simon Stockhausen, Christiane Wachsmann, Dr. Margit Weinberg-Staber, Reinhold Weiss, and Alexandre Wollner †.
Especially I would like to thank my wife and my children for allowing me to entrust this book to them as well.
René Spitz, May 31, 2021
to open eyes
Was und wie Josef Albers im Bauhaus, am Black Mountain College und in Yale lehrte, ist bereits seit dem Standardwerk von Frederick A. Horowitz und Brenda Danilowitz umfassend publiziert. Die jüngst von Nina Wiedemeyer und Friederike Holländer herausgegebene Sammlung einiger Vorkurs-Übungen am Bauhaus ergänzt und illustriert diese Darstellung vorzüglich. Deshalb genügen hier wenige zusammenfassende Hinweise.
Seine wesentliche didaktische Absicht hat Josef Albers in einer berühmt gewordenen und vielfach zitierten Anekdote zum Ausdruck gebracht: »When Albers first headed up the path to Lee Hall at Black Mountain College, a student asked him what he was going to teach. Mustering what little English he knew, Albers replied: ›To make open the eyes‹.«
Nach Albers’ Überzeugung behindern überlieferte Gewohnheiten und erlernte Gewissheiten die Wahrnehmung der tatsächlichen Wirklichkeit. Der oberflächliche, unreflektiert akzeptierte Anschein und die individuelle Konstruktion von Wirklichkeit auf der Grundlage vorgefertigter Annahmen und für selbstverständlich gehaltener Traditionen schränkt die Freiheit des Menschen ein. »›Zeichne was du siehst, nicht was du weißt«‹, lautete das Motto seines Zeichenkurses am Black Mountain College und in Yale. Nur dann, behauptete er, könne man in eine tiefere Interaktion mit dem Objekt treten, sei es ein Blumentopf oder ein Werkzeug, anstatt sich auf vorgefasste Ideen zu verlassen.«
Albers’ Kurse sollten die Studierenden dazu befähigen, sich von fremden Vorlagen, Vorwissen und Vorstellungen zu lösen. Dazu diente ihm das vorurteilsfreie Probieren: »›Der wichtigste Grundsatz meines Unterrichts besteht darin, die Studenten dazu zu zwingen, dass sie keine Regeln anwenden – ich stelle sie in ein Vakuum und helfe ihnen zu entdecken, wie man atmet.‹«
What and how Josef Albers taught at the Bauhaus, at Black Mountain College and at Yale has already been published in the comprehensive standard work by Frederick A. Horowitz and Brenda Danilowitz. The collection of some Vorkurs exercises at the Bauhaus, recently edited by Nina Wiedemeyer and Friederike Holländer, exquisitely complements and illustrates this account. Therefore, just a few remarks in summary will suffice here.
Josef Albers expressed his essential didactic intention in a famous and often quoted -anecdote: »When Albers first headed up the path to Lee Hall at Black Mountain College, a student asked him what he was going to teach. Mustering what little English he knew, Albers replied, ›To make open the eyes.‹«
According to Albers’ belief, inherited habits and learned certainties hinder the perception of actual reality. The superficial, ignorantly accepted appearance and the individual construction of reality based on prefabricated assumptions and traditions taken-for-granted restrict human freedom. »›Draw what you see, not what you know‹«, was the motto of his drawing course at Black Mountain College and Yale. Only then, he claimed, could one enter into deeper inter-action with the object, be it a flowerpot or a tool, rather than relying on preconceived ideas.«
Albers’ courses were designed to enable students to break free from extraneous models, prior knowledge, and ideas. Nonjudgmental trial and error served his objective: »›The most important principle of my teaching is to force students not to apply rules I put them in a vacuum and help them discover how to breathe.‹«
learning by doing
Um das Potenzial schöpferischer Freiheit zu entfalten, übernahm Albers die Ansätze des Reformpädagogen John Dewey, die oft auf die Formel »learning by doing« verkürzt werden. Danach besteht die Aufgabe pädagogischer Institutionen darin, das Sammeln der eigenen Erfahrungen als Basis des Lernens zu ermöglichen. Dazu dienen vor allem Beobachtung und Experiment. Das Black Mountain College war bereits durch seinen Gründer und Rektor John Andrew Rice auf dieses Konzept ausgerichtet, als Josef Albers dorthin gelangte.[20] Mit Albers’ eigenen Worten: »›Etwas gesehen und erlebt zu haben ist nachhaltiger, als es gehört und gelesen zu haben.‹«
In einem zeitgenössischen Bericht über Albers’ Kurse am Black Mountain College wird sein Ansatz beschrieben, dass sich die Studierenden ihre Antworten auf gestalterische Fragen selbst erarbeiten müssen. Zwischen den Zeilen schimmert eine Mischung aus Erstaunen und Begeisterung durch: »The student acquaints himself with wood and glass and tin and various plastics. He does not copy existing forms in these materials, but works with the material from his own fresh, original point of view, as the designer must learn to do. There are no answers in the back of the book for the problems Professor Albers gives in this course. The right answer for each student is his individual acquaintance with a material — its properties and limitations, and his imaginative use of that experience to build up new forms.«
Auf dem Weg zu neuen Formen nimmt Albers nicht mehr die Rolle des Dozenten, sondern des Begleiters ein. In seinen Rückmeldungen streng, unmissverständlich und scharf jegliches Detail beachtend, aber jenseits des traditionellen akademischen Rollenverständnisses eines Professors, der frontal Gewissheiten doziert. Albers wird in diesem Bericht von 1935 als forschender Künstler geschildert, der die Studierenden dabei anleitete, wie Naturwissenschaftler die gleichen Experimente wiederholt durchzuführen, eben weil sich die Umstände fortlaufend veränderten: »I am tempted to call Josef Albers’ own workroom in the school a laboratory rather than a studio. Ten years a teacher at the Bauhaus at Dessau, he studies like a scientist, bent on discovering form values and color relationships that are sure, and eliminating by trial and error the uncertain and false. His methods as a ›research artist‹ are as precise as the experi-mental chemist’s. […] I exclaimed at his patience in making over the same subject again and again. He said, ›Life is always changing – no object is ever for two minutes exactly the same. A shift in light, a change in temperature, a slight turn of your eyes in looking make it something else.‹«
Schärfe und Präzision forderte Albers von den Studierenden nicht nur beim Beob-achten, sondern auch beim Ausführen sowie beim anschließenden Diskutieren. Schöpferische Freiheit stand für ihn im Einklang mit limitierenden Rahmenbedingungen. Er stellte strikt begrenzte Aufgaben und erwartete, dass der geringste Mitteleinsatz zu größtmöglichem Ertrag führte. »The exercises were precisely delineated and carried out within exceedingly narrow parameters. Means and materials were restricted to a bare minimum.« Sein Anspruch an Effizienz entspricht der Logik der industriellen Moderne: »To Albers’ thinking, too much freedom leads to wasted time and effort; limitation brings focus and control.«
To unleash the potential of creative freedom, Albers adopted the approaches of reform educator John Dewey, often shortened to the phrase »learning by doing«. According to this, the role of pedagogical institutions is to facilitate the gathering of one’s own experiences as the basis of learning. Observation and experimentation in particular serve this purpose. Black Mountain College had already been geared toward this concept by its founder and principal, John Andrew Rice, when Josef Albers arrived there.[20] In Albers’ own words, »›To have seen and experienced something is more lasting than to have heard and read it.‹«
A contemporary account of Albers’ courses at Black Mountain College describes his approach as requiring students to work out their own answers to design questions. A mixture of amazement and enthusiasm radiates between the lines: »The student acquaints himself with wood and glass and tin and various plastics. He does not copy existing forms in these materials, but works with the material from his own fresh, original point of view, as the designer must learn to do. There are no answers in the back of the book for the problems Professor Albers gives in this course. The right answer for each student is his individual acquaintance with a material – its properties and limitations, and his imaginative use of that experience to build up new forms.«
En route to new forms, Albers no longer assumes the role of the lecturer, but of the companion. His feedback is strict, unapologetic and sharply observant of every detail, but far from the traditionally perceived academic role of a professor who lectures certitudes head on. In this report from 1935, Albers is portrayed as an explorative artist who guided the students in repeatedly carrying out the same experiments just like natural scientists, precisely because the circumstances were constantly changing: »I am tempted to call Josef Albers’ own workroom in the school a laboratory rather than a studio. Ten years a teacher at the Bauhaus at Dessau, he studies like a scientist, bent on discovering form values and color relationships that are certain, and eliminating by trial and error the uncertain and false. His methods as a ›research artist‹ are as precise as the experimental chemist’s. […] I exclaimed at his patience in making over the same subject again and again. He said, ›Life is always changing – no object is ever for two minutes exactly the same. A shift in light, a change in temperature, a slight turn of your eyes in looking make it something else.‹«
Albers demanded sharpness and precision from the students not only when observing, but also when executing as well as when discussing things afterwards. Creative freedom was, in his estimation, in harmony with limiting factors. He set strictly defined tasks and expected the least amount of resources to lead to the greatest possible yield. »The exercises were precisely delineated and carried out within exceedingly narrow parameters. Means and materials were restricted to a bare minimum.« His demand for efficiency parallels the logic of industrial modernity: »To Albers’ thinking, too much freedom leads to wasted time and effort; limitation brings focus and control.«
Phänomen Gestalt / Phenomenon Gestalt
Die Gestalttheorie im Anschluss an Max Wertheimers Studien geht davon aus, dass die menschliche Wahrnehmung ungenau und unzuverlässig ist: Der visuelle Stimulus, der die Sinnesorgane erreicht, ist nicht identisch mit dem kognitiv realisierten Eindruck, der sich daraus ergibt. Damit die Studierenden diese Erkenntnis selbst erlebten, begann Albers mit Übungen zur Schulung der Fähigkeit genauen und klaren Sehens. Was sehen wir tatsächlich – und was fügen wir diesem ästhetischen Reiz durch unsere mentalen Prozesse hinzu?
Seinen ersten Übungen trainieren das Erkennen der meist übersehenen visuellen Realität: Das freihändige Ziehen von Linien und Umrissen erzeugt Beziehungen, Rhythmen und Spannungen; das Schreiben des eigenen Namens in verschiedenen Richtungen, das Zeichnen dreidimensionaler Buchstaben und Ziffern sowie das Imitieren gedruckter Zeitungstexte führt zum tatsächlichen Erkennen dieser unendlich oft gesehenen Formen. Zwischen den bewusst wahrgenommenen Linien treten die unbewusst gebliebenen Negativflächen und ungefüllten Zwischenräume hervor. »Motivated by Gestalt investigations into the figure-ground relationship, Albers led his students beyond thinking of a drawing or a design only as the lines or shapes or colors they saw on a page, training them instead to recognize that the adjacent areas – the surrounds and the in-betweens – were also a part of what they saw. Going further, he taught his students to look for the reciprocal influences that affected each formal element of material and its neighbor.«
Nach dem Zeichnen thematisierte Albers den Umgang mit Material. In seinen Kursen leitete er die Studierenden dazu an, das Material unter dem Gesichtspunkt seiner Eigenschaften zu untersuchen, es materialgerecht einzusetzen und seine Kapazität zu nutzen. Wie auch beim Zeichnen und beim Umgang mit Farbe, richtete er die Aufmerksamkeit darauf, vorgefasste Meinungen zu überwinden, um Neues entwickeln zu können; Effizienz zu steigern; und die entstehende Wechselwirkung wahrzunehmen, weil auch das materielle Objekt die Wahrnehmung beeinflusst. Interaktion entsteht nicht nur zwischen Linien und Farbflächen, sondern auch zwischen Objekten und Menschen in Abhängigkeit vom Material. Der Theorie folgend, wurde Gestaltung »tief in Experimenten mit verschiedenen Materialien verankert […]. Die Studierenden wurden gebeten, etwa mit Papier zu arbeiten, einem einfach und leicht verfügbaren Material, um zu prüfen, ob sie in der Lage waren, vorgefasste Meinungen hinsichtlich seiner üblichen Beschaffenheit (zum Beispiel flächig, nicht strukturell, geheftet, gestapelt) zu überwinden und neue Möglichkeiten zu finden. Eine Übung bestand darin, eine Reihe von Materialversuchen durchzuführen, etwa ein Blatt Papier zu schneiden und zu falten, bis das Material komplexe und oft überraschende formale und strukturelle Eigenschaften gewann, während das flächige Stück Papier eine dreidimensionale Form erhielt.«
Gestalt theory, as regards Max Wertheimer’s studies, assumes that human perception is imprecise and unreliable: the visual stimulus that reaches the sensory organs is not identical to the cognitively realized impression that results. To help students experience this realization themselves, Albers began using exercises to teach them to see accurately and clearly. What do we actually see – and what do we add to this aesthetic stimulus through our mental processes?
His first exercises teach the recognition of visual reality, which is usually overlooked: drawing lines and outlines freehand creates relationships, rhythms, and tensions; writing one’s own name in different directions, drawing three-dimensional letters and numbers, and imitating printed newspaper texts leads to the actual recognition of these endlessly perceived forms. Between the consciously perceived lines, the negative surfaces and unfilled spaces that have remained unconscious stand out. »Motivated by Gestalt investigations into the figure-ground relationship, Albers led his students beyond thinking of a drawing or a design only as the lines or shapes or colors they saw on a page, teaching them instead to recognize that the adjacent areas – the surrounds and the in-betweens – were also a part of what they saw. Going further, he taught his students to look for the reciprocal influences that affected each formal element of material and its neighbor.«
After drawing, Albers addressed the handling of material. He instructed students in his courses to examine the material from the point of view of its properties, to use it in a manner suitable to the material, and to make use of its capacity. As with drawing and the use of color, he focused attention on overcoming preconceived notions in order to be able to develop something new; to increase efficiency; and to perceive the resulting interaction, because the material object also influences perception. Interaction occurs not only between lines and color fields, but also between objects and people depending on the material. According to the theory, design was »deeply rooted in experiments with different materials […]. Students were asked to work with paper, for example, a simple and readily available material, to see if they could overcome preconceived notions regarding its familiar nature (for example, flat, non-structural, stapled, stacked) and find new possibilities. One exercise involved conducting a series of material experiments, such as cutting and folding a sheet of paper until the material attained complex and often surprising formal and structural properties, during which the flat piece of paper became a three-dimensional form.«
Körper und Raum / Body and Space
Einen weiteren Einfluss auf Josef Albers’ Pädagogik übte der Psychologe Erwin W. Straus vom Black Mountain College aus. Auf ihn gehen Albers’ motorischen Übungen zurück, in die der gesamte Körper der Studierenden einbezogen wurde. Straus definiert Erfahrung als zentrales Konzept ganzheitlichen Lernens, die simples Anhäufen von Elementen über-windet. »Die Vorstellung, dass Erfahrung ›Akkumulation‹ scheut, ist wichtig, wenn man verstehen will, warum Albers’ Studierende aufforderte, sich während des Zeichnens zu bewegen. Das Zeichnen mit einem Stift war die bevorzugte Methode, um die physischen Bewegungen des Auges zu registrieren, wie es den Konturen des Objekts folgt, mäandert, Details und nicht nur seine allgemeine Form, sondern auch seinen ›Charakter‹ aufnimmt. […] Albers, der die Verwendung von Radiergummis verbot, zog es vor festzuhalten, wie sich eine Zeichnung mit sich überlagernden Strichen, die sich nie zu einer trägen, endgültigen Form absetzten, in Zeit und Raum entwickelte. […] Die Bewegungen des Körpers wurden als unzensiert vom Verstand und unmittelbarer erachtet […]. ›Der motorische Sinn weist in die richtige Richtung‹, ruft er aus und fährt fort: ›das ist eine Frage des Fühlens, nicht des Sehens. Sie beobachten nicht, was der Arm tut, nein. Folgen Sie dem Gefühl im Arm.‹«
Mit der körperlichen Bewegung korrespondiert Albers’ spezifisches Verständnis vom Raum, seiner Gestaltung und der Interaktion darin. Es ging ihm nicht nur um das Hervorrufen räumlicher Eindrücke durch Techniken des perspektivisches Zeichnens. Ein fester Bestandteil seiner Kurse war der unmittelbare Austausch in der gesamten Gruppe über alle Arbeiten, die die Studierenden gerade erst angefertigt hatten: »Bei ihm arbeiteten die Studenten mit farbigen Papieren, experimentierten mit Schrift und verschiedenen Materialien, alles spontan und oft sehr schnell. Der intuitiven Phase schloss sich eine genaue Überprüfung an. ›Und wenn Josef Albers: ›Ausstellung‹ gerufen hat, dann hat man seinen Bleistift fallenlassen und seine Arbeit, so wie sie war, an die Tafel gestellt. Jede einzelne Arbeit wurde besprochen‹, erinnerte sich Richard Rau.« Dabei forderte er die Studierenden dazu auf, »sich zu den Arbeiten der Kommilitonen zu äußern mit -Fragen wie: ›Was sehen Sie? Wie kann das hier verbessert werden?‹ […] Vorlagen wurden auf den Boden gelegt, wie um ihnen die Kostbarkeit und Endgültigkeit zu nehmen. Sie waren lediglich Experimente, halbfertige Erzeugnisse, etwas, worauf man in einem bestimmten Augenblick reagieren und womit man interagieren konnte. […] Gruppendiskussionen […] beruhten auf der tiefen Überzeugung, dass es bei Kunsterziehung nicht nur um die Anfertigung von Objekten, sondern auch um Reaktionen und Meinungen ging.«
Es darf nicht verschwiegen werden, dass für diese Form der Interaktion, in der körperliche Anteile präsent waren, auch von übergriffigen Momenten berichtet wurde. Der Student Fritz Bühler erinnert sich, dass Josef Albers die Studentin Angela Hackelsberger während ihrer Teilnahme an seiner ersten Grundlehre geküsst habe.
Another influence on Josef Albers’ pedagogy was psychologist Erwin W. Straus of Black Mountain College. Albers’ motor exercises, which involved students’ entire bodies, can be traced back to him. Straus defined experience as a central concept of holistic learning that overcomes the simple accumulation of elements. »The notion that experience shuns ›accumulation‹ is important in understanding why Albers asked students to move while drawing. Drawing with a pencil was the preferred method for registering the physical movements of the eye as it follows the contours of the object, meandering, taking in details and not just its general shape, but also its ›character‹. […] Albers, who forbade the use of erasers, preferred to note how a drawing evolved in time and space with overlapping strokes that never settled into an inert, final form. […] The movements of the body were considered uncensored by the mind and more instantaneous […]. ›The motor sense points in the right direction‹, he exclaims, continuing, ›this is a question of feeling, not of seeing. You don’t observe what the arm is doing, no. You follow the feeling in the arm.‹«
Albers’ specific understanding of space corresponds with the physical movement, its design, and the interaction within it. He was not only concerned with evoking spatial impressions through techniques of perspective drawing. An integral part of his courses was the immediate exchange in the entire group about all the works that the students had just produced: »In his course, the students worked with colored paper, experimented with writing and various materials, all spontaneously and often very quickly. The intuitive phase was followed by close scrutiny. ›And when Josef Albers called out, ›exhibition‹, you dropped your pencil and put your work, as it was, up on the board. Every single work was discussed‹, Richard Rau recalled.« In doing so, he encouraged students to »comment on fellow students’ work with questions like, ›What do you see? How can this be improved?‹ […] Templates were laid on the floor, as if to eliminate their preciousness and finality. They were merely experiments, half-finished products, something to react to and interact with at a given moment. […] Group discussions […] were based on the profound conviction that art education was not only about making objects, but also about reactions and opinions.«
It should be mentioned that for this form of interaction, in which bodily parts were present, offensive moments were also reported. The student Fritz Bühler remembers that Josef Albers kissed the student Angela Hackelsberger during her participation in his first Grundlehre.
Grundlehre an der HfG Ulm / Grundlehre at the HfG Ulm
Josef Albers traf am Donnerstag, dem 26. November 1953, in Ulm ein (Thanksgiving Day in den USA). Seine erste Grundlehre an der HfG Ulm begann am Montag, dem 30. November 1953, und endete am Montag, dem 18. Januar 1954. »In Ulm konnte Albers – wie am Black Mountain – zu den Grundlagen zurückkehren, zur ›Entwicklung des Sehens und der (visuellen) Artikulation‹. […] Zwanzig Jahre zuvor hatte ihn das Wort ›bahnbrechend‹ für Black Mountain eingenommen, nun benutzte er dasselbe Wort für Ulm.
In seinem Bericht an das Büro der US-Militärregierung für Deutschland schreibt Josef Albers, dass er seinen Unterricht an jedem Werktag außer samstags, also von Montag bis Freitag, zwischen 8:15 und 11:30 Uhr durchgeführt hat. An seiner Grundlehre nahmen nicht nur Studierende teil. Auf den Bildern sind außerdem Otl Aicher (der nachmittags selbst Unterricht in Typografie gab), Ingela Albers (Geschäftsführerin der Geschwister-Scholl-Stiftung, die mit Josef Albers nicht verwandt war) sowie eine nicht identifizierte Frau zu sehen. Mit der Arbeit während der physischen Präsenz von Josef Albers war es für die Studierenden aber nicht getan. »Da er nur so kurze Zeit zur Verfügung hat, verlangt er zusätzliche Arbeit zuhause, abends und an den Wochenenden; aber ich habe den Eindruck, daß man dies ohne Murren akzeptiert, weil der Stoff vielseitig und interessant genug ist. Wir mögen Mr. Albers sehr und ergötzen uns alle an seinem köstlichen amerikanischen Deutsch«, berichtet Inge Aicher-Scholl an Walter Peterhans.
Albers gliederte den Stoff seiner ersten Grundlehre ebenso in drei Bereiche, wie er es zuvor schon am Black Mountain College praktiziert hatte: Zeichnen, Werklehre und Farblehre. »Werklehre, also known as ›basic design‹, consisted of ›fundamental studies of the capacity of the material in constructive exercises. […] ›Briefly stated, Werklehre means the study of all general art problems.‹ In his drawing class he wanted primarily to teach the craft. […] In his color class, Albers chiefly investigated interrelationships between colors.«
Die Wochenenden nutzte Albers für Besichtigungen der süddeutschen Landschaften und Ortschaften mit ihren Klöstern und Kathedralen. Dabei begleiteten ihn meist Inge Aicher-Scholl und Otl Aicher: Auf das Ulmer Umland folgten Nürnberg, Bamberg, München, Freiburg, Straßburg, Augsburg, Ottobeuren und Schwäbisch Gmünd. Die Postkarten und seine eigenen Fotografien montierte er zu Bildtafeln, mit denen er seine Ansichten festhielt. »Er hielt nach den alten, vorwiegend katholischen Kunstschätzen ebenso beharrlich Ausblick wie nach den präkolumbischen, als er und Anni Mexiko bereist hatten. Und wie in Mexiko stellte er aus den Fotografien, die auf diesen Reisen entstanden, Montagen her.«
Albers’ zweite Grundlehre – im HfG-Gebäude auf dem Ulmer Kuhberg – begann am Montag, dem 23. Mai 1955. Gemeinsam mit Max Bill und Inge-Aicher-Scholl verabschiedeten die 26 Studierenden dieses Gastkurses Josef Albers am Ulmer Bahnhof am Mittwoch, dem 3. August 1955.
Beide Aufenthalte nutzte Albers auch für seine künstlerischen Kontakte. Während seiner ersten Grundlehre hielt er einen Vortrag im Bayerischen Nationalmuseum München, und mit der Unterstützung Max Bills wurden vier von Albers’ Arbeiten auf der ersten documenta vom 15. Juli bis 18. September 1955 gezeigt.
Josef Albers arrived in Ulm on Thursday, November 26, 1953 (Thanksgiving Day in the United States). His first Grundlehre at the HfG Ulm began on Monday, November 30, 1953, and ended on Monday, January 18, 1954.[33] »In Ulm, Albers could to return to the basics – as he did at Black Mountain – to the ›development of vision and (visual) articulation.‹ […] Twenty years earlier, the word ›groundbreaking‹ had captured him for Black Mountain; now he used the same word for Ulm.«
In his report to the U.S. Military Government Office for Germany, Josef Albers wrote that he conducted his classes between 8:15 and 11:30 a.m. every weekday except Saturdays, i.e., Monday through Friday. Not only students attended his Grundlehre. In addition, the pictures show Otl Aicher (who himself taught typography in the afternoon), Ingela Albers (manager of the Geschwister Scholl Foundation, who was not related to Josef Albers) and an unidentified woman. However, just working while Josef Albers was physically presence during class was not enough. »Since he only has so much time available, he demands extra work at home, in the evenings and on weekends; but I have the impression that they accept this without grumbling because the material is varied and interesting enough. We like Mr. Albers very much and all enjoy his delightful American German«, reports Inge Aicher-Scholl to Walter Peterhans.
Albers structured the subject matter of his first Grundlehre into three schools of thought, just as he had done before at Black Mountain College: drawing, Werklehre and color. »Werklehre, also known as ›basic design‹, consisted of ›fundamental studies of the capacity of the material in constructive exercises. […] Briefly stated, Werklehre means the study of all general art problems.‹ In his drawing class he wanted primarily to teach the craft. […] In his color class, Albers chiefly investigated interrelationships between colors.«
Albers used the weekends to visit the countryside of southern Germany and towns with their monasteries and cathedrals. He was usually accompanied by Inge Aicher-Scholl and Otl Aicher: the area around Ulm was followed by Nuremberg, Bamberg, Munich, Freiburg, Strasbourg, Augsburg, Ottobeuren, and Schwäbisch Gmünd. He assembled the postcards and his own photographs into picture panels with which he recorded his views. »He looked for the old, predominantly Catholic art treasures as persistently as he had for the pre-Columbian ones when he and Anni had toured Mexico. As in Mexico, he also made montages from the photographs taken on those trips.«
Albers’ second Grundlehre – in the HfG building on the Kuhberg in Ulm – began on Monday, May 23, 1955, and together with Max Bill and Inge Aicher-Scholl, the 26 students of this course said goodbye to guest instructor Josef Albers at the Ulm train station on Wednesday, August 3, 1955.
Albers also used both stays for making artistic-related contacts. During his first Grundlehre, he gave a lecture at the Bavarian National Museum in Munich, and with Max Bill’s support, four of Albers’ works were shown at the first documenta from July 15 to September 18, 1955.
Wirkung auf die HfG Ulm / Impact on the HfG Ulm
Tomás Maldonado nahm an Albers’ zweiter Grundlehre teil. Als er ab Herbst 1955 selbst die Grundlehre übernahm, emanzipierte er den Unterricht an der HfG von den mit dem Bauhaus verbundenen Ansätzen – verkörpert durch Walter Peterhans, Josef Albers, Helene Nonné-Schmidt und Johannes Itten. »Maldonado reaffirmed the Albers basic design model, as it was eventually articulated, by avoiding so-called semantic issues, the materialization that takes place in the applied design process, as well as pragmatic issues, the appraisal of the usefulness of the product of design, while effectively dealing with only syntactic issues of design – form, color, and texture. However, he made a significant contribution to that model by supplementing the visual training component of the Grundlehre with interdisciplinary content; that is, with abstract bodies of knowledge that augmented the universally recognized formal (form, color, texture) issues of design.«
In Abgrenzung von Albers, der Vorwissen für hinderlich hielt und die Studierenden oft davor warnte, Bücher zu konsultieren, ging Maldonado davon aus, dass in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Praxis und Wissen auf neue Weise verknüpft werden müssten. Er rückte Theorie und systematische Durchdringung in den Vordergrund seiner Grundlehre, damit an der HfG die Gestaltung auf der Grundlagen der veränderten Rahmenbedingungen in Technik, Wissenschaft und Gesellschaft erfolgte: »die grundlehre hat den sinn, den widerspruch zwischen reinem wissen und gewohnheitsmäßigem tun zu überwinden. aufgrund praktischer übungen und damit verbundenen systematischen untersuchungen werden die theoretischen grundlagen für neue gestaltungsmethoden entwickelt.«
Tomás Maldonado joined Albers’ second Grundlehre. When he took over the Grundlehre himself starting in the fall of 1955, he liberated the teaching at the HfG from the approaches associated with the Bauhaus – embodied by Walter Peterhans, Josef Albers, Helene Nonné-Schmidt and Johannes Itten. »Maldonado reaffirmed the Albers basic design model, as it was eventually articulated, by avoiding so-called semantic issues, the materialization that takes place in the applied design process, as well as pragmatic issues, the appraisal of the usefulness of the product of design, while effectively dealing with only syntactic issues of design – form, color, and texture. However, he made a significant contribution to that model by supplementing the visual training component of the Grundlehre with interdisciplinary content; that is, with abstract bodies of knowledge that augmented the universally recognized formal (form, color, texture) issues of design.«
In contrast to Albers, who considered prior knowledge a hindrance and often warned students not to consult books, Maldonado assumed that in the second half of the 20th century practice and knowledge had to be linked in new ways. He placed theory and systematic penetration at the forefront of his Grundlehre, so that design at the HfG was based on the changing conditions in technology, science and society: »the purpose of the Grundlehre is to overcome the contradiction between pure knowledge and habitual doing. Based on practical exercises and associated systematic investigations, the theoretical foundations for new design methods are developed.«
Quellen / Sources
Videos
Literatur / References