Erweiterung des Josef-Albers-Museums: Homage to the Square
19. Oktober 2022
Das Josef-Albers-Museum Quadrat in Bottrop öffnet heute neue Türen für sein Publikum. Das Museum hat einen Erweiterungsbau erhalten, und zur Eröffnung wird dort eine Sonderausstellung gezeigt, die sich dem Lebensthema des Künstlers Josef Albers widmet: Seinem Werkzyklus »Huldigung an das Quadrat«, »Homage to the Square«.
Museums-Neubauten sind oft von einer expressiven Handschrift geprägt, wenn wir z.B. an Frank Gehrys Museum in Bilbao denken. Oft wollen die Städte mit ihnen besondere Akzente setzen, Aufmerksamkeit erregen und Wahrzeichen stiften. In Bottrop hat man sich offensichtlich für einen anderen Weg entschieden, für einen Erweiterungsbau, der an die zurückhaltende Architektur des bestehenden Gebäudes anknüpft. Eine lassische Gemäldegalerie ist entstanden, d.h. keinen Multifunktionsort, der mit temporären Installationen gestaltet wird, sondern ein Körper mit festen Räumen in feststehender Raumfolge. Das Haus steht vollkommen in der Tradition der klassischen Moderne, repräsentiert z.B. durch die Neue Nationalgalerie in Berlin von Mies van der Rohe, die explizit als Vorbild für das bestehende Gebäude gedient hatte.
Die damit verbundene Haltung: Das Museum soll sich auf eine dienende Funktion beschränken, die ausgestellte Kunst steht im Vordergrund, die Architektur nimmt sich zurück. Das gelingt hervorragend mit der schwarzen Fassade, der Pavillon-Struktur, den hellen, lichten Räumen mit wenigen großen Fenstern und Türen, welche Sichtachsen eröffnen. Shed-Dächer (in der Tradition der Industriebauten) geben optimales Tageslicht.
Diese Tradition der klassischen Moderne passt genau zur Person und zum Werk des Künstlers Josef Alber, dem das Museum Quadrat gewidmet ist. Albers war Meister am Bauhaus in Dessau, bevor er mit seiner Schülerin und späteren Ehefrau Anni Albers in die USA vor den Nazis geflohen ist. 1950 malt er die erste Arbeit »Homage to the Square«, und bis zu seinem Tod 1976 malt er noch 2.000 weitere Quadrat-Gemälde. Dieses Werk wurde schon vielfach gezeigt, auch jetzt läuft gerade im Kunstmuseum Den Haag eine Retrospektive. Im Unterschied dazu zeigt Heinz Liesbrock, der Kurator und langjährige Direktor, verdichtet die Erkenntnisse der Albers-Forschung. Erstens die innere Entwicklung der Gemälde. Zweitens ihre dreijährige Vorgeschichte, die Hinweise darauf gibt, wie es zum ersten Quadrat im Sommer 1950 kommt (Bilder von Linien, die geometrische Körper formen und Vexierspiele erzeugen).
Albers versagt sich kompositorische Neuerungen. Das ist nicht sein Thema. Er konzentriert sich auf die unendlichen Möglichkeiten der Farb-Beziehungen. Dafür belässt er es bei vier Kompositionen aus ineinander gefügten Quadraten, die er in nur wenigen Varianten ausführt. Die Quadrate stehen nicht in der Mitte des Bildes, sondern sind leicht abgesunken (als Erinnerung an das allgegenwärtige Gesetz der Schwerkraft).
Zuerst führt Albers Experimente mit dem Bildraum aus. Dafür arbeitet er mit Schwarz- Weiß- und Grautönen. Tiefschwarze Rahmen ragen nach außen, helle Quadrate im Zentrum scheinen vor dem Bild zu schweben.
Dann sehen wir farbenfrohe Bilder aus den frühen 1950er Jahren. Sie wirken verspielt, sind aber ebenso analytisch wie die schwarz-weißen. In ihnen untersucht Albers, wie Farbe die räumliche Wahrnehmung beeinflusst. Albers arbeitet gegen die Regel, wonach kalte Farben zurückweichen und warme hervortreten. Er will warmes Gelb kalt wirken und kaltes Grün warm wirken lassen. So gelangt er zum »Schwindel« der subjektives Farbempfindung: Zur Ambivalenz zwischen »factual fact« (die objektive, physiologische Wahrnehmung) und »actual fact« (die Tatsache, die unser Geist daraus macht, also unsere Interpretation).
Eines der schönsten und treffendsten Zitate Albers steht an der Wand eines Raums: »Farbe ist der Kern meiner Sprache. Sie ist sich selbst genug. Ich huldige nicht einem Quadrat. Es ist nur das Tablett, auf dem ich meine Verzückung durch die Farbe darbiete.«
Und warum das alles? »Wer besser sieht, schärfer unterscheidet, die Relativität der Fakten erkennt und weiß, dass es nie nur eine einzige Lösung für visuelle Formulierungen gibt, der wird dann wohl auch seine Meinung über andere Formulierungen ändern; vor allem wird er sowohl genauer als auch toleranter werden.«
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Wenn Sie dazu mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Erweiterung des Josef-Albers-Museums: Homage to the Square
Das Josef-Albers-Museum Quadrat in Bottrop öffnet heute neue Türen für sein Publikum. Das Museum hat einen Erweiterungsbau erhalten, und zur Eröffnung wird dort eine Sonderausstellung gezeigt, die sich dem Lebensthema des Künstlers Josef Albers widmet: Seinem Werkzyklus »Huldigung an das Quadrat«, »Homage to the Square«.
Museums-Neubauten sind oft von einer expressiven Handschrift geprägt, wenn wir z.B. an Frank Gehrys Museum in Bilbao denken. Oft wollen die Städte mit ihnen besondere Akzente setzen, Aufmerksamkeit erregen und Wahrzeichen stiften. In Bottrop hat man sich offensichtlich für einen anderen Weg entschieden, für einen Erweiterungsbau, der an die zurückhaltende Architektur des bestehenden Gebäudes anknüpft. Eine lassische Gemäldegalerie ist entstanden, d.h. keinen Multifunktionsort, der mit temporären Installationen gestaltet wird, sondern ein Körper mit festen Räumen in feststehender Raumfolge. Das Haus steht vollkommen in der Tradition der klassischen Moderne, repräsentiert z.B. durch die Neue Nationalgalerie in Berlin von Mies van der Rohe, die explizit als Vorbild für das bestehende Gebäude gedient hatte.
Die damit verbundene Haltung: Das Museum soll sich auf eine dienende Funktion beschränken, die ausgestellte Kunst steht im Vordergrund, die Architektur nimmt sich zurück. Das gelingt hervorragend mit der schwarzen Fassade, der Pavillon-Struktur, den hellen, lichten Räumen mit wenigen großen Fenstern und Türen, welche Sichtachsen eröffnen. Shed-Dächer (in der Tradition der Industriebauten) geben optimales Tageslicht.
Diese Tradition der klassischen Moderne passt genau zur Person und zum Werk des Künstlers Josef Alber, dem das Museum Quadrat gewidmet ist. Albers war Meister am Bauhaus in Dessau, bevor er mit seiner Schülerin und späteren Ehefrau Anni Albers in die USA vor den Nazis geflohen ist. 1950 malt er die erste Arbeit »Homage to the Square«, und bis zu seinem Tod 1976 malt er noch 2.000 weitere Quadrat-Gemälde. Dieses Werk wurde schon vielfach gezeigt, auch jetzt läuft gerade im Kunstmuseum Den Haag eine Retrospektive. Im Unterschied dazu zeigt Heinz Liesbrock, der Kurator und langjährige Direktor, verdichtet die Erkenntnisse der Albers-Forschung. Erstens die innere Entwicklung der Gemälde. Zweitens ihre dreijährige Vorgeschichte, die Hinweise darauf gibt, wie es zum ersten Quadrat im Sommer 1950 kommt (Bilder von Linien, die geometrische Körper formen und Vexierspiele erzeugen).
Albers versagt sich kompositorische Neuerungen. Das ist nicht sein Thema. Er konzentriert sich auf die unendlichen Möglichkeiten der Farb-Beziehungen. Dafür belässt er es bei vier Kompositionen aus ineinander gefügten Quadraten, die er in nur wenigen Varianten ausführt. Die Quadrate stehen nicht in der Mitte des Bildes, sondern sind leicht abgesunken (als Erinnerung an das allgegenwärtige Gesetz der Schwerkraft).
Zuerst führt Albers Experimente mit dem Bildraum aus. Dafür arbeitet er mit Schwarz- Weiß- und Grautönen. Tiefschwarze Rahmen ragen nach außen, helle Quadrate im Zentrum scheinen vor dem Bild zu schweben.
Dann sehen wir farbenfrohe Bilder aus den frühen 1950er Jahren. Sie wirken verspielt, sind aber ebenso analytisch wie die schwarz-weißen. In ihnen untersucht Albers, wie Farbe die räumliche Wahrnehmung beeinflusst. Albers arbeitet gegen die Regel, wonach kalte Farben zurückweichen und warme hervortreten. Er will warmes Gelb kalt wirken und kaltes Grün warm wirken lassen. So gelangt er zum »Schwindel« der subjektives Farbempfindung: Zur Ambivalenz zwischen »factual fact« (die objektive, physiologische Wahrnehmung) und »actual fact« (die Tatsache, die unser Geist daraus macht, also unsere Interpretation).
Eines der schönsten und treffendsten Zitate Albers steht an der Wand eines Raums: »Farbe ist der Kern meiner Sprache. Sie ist sich selbst genug. Ich huldige nicht einem Quadrat. Es ist nur das Tablett, auf dem ich meine Verzückung durch die Farbe darbiete.«
Und warum das alles? »Wer besser sieht, schärfer unterscheidet, die Relativität der Fakten erkennt und weiß, dass es nie nur eine einzige Lösung für visuelle Formulierungen gibt, der wird dann wohl auch seine Meinung über andere Formulierungen ändern; vor allem wird er sowohl genauer als auch toleranter werden.«
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Wenn Sie dazu mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.