Design ist immer das Versprechen, dass das Leben besser werden kann: Auf einem guten Bürostuhl können wir gesünder sitzen und mit einer guten Arbeitsleuchte können wir unsere Augen schonen. Ob sich wirklich alles zum Besseren wendet, liegt dann nur noch an uns selbst. So können wir eigentlich auch viel mehr Zeit fürs Wesentliche haben: Wir müssen nur unseren Alltag sorgfältiger und effizienter planen. Das klingt einfach, aber tatsächlich fehlt uns allzu oft die nötige Disziplin, um Termine, Verabredungen, Fristen, Einkaufszettel und Wunschlisten in den Griff zu bekommen. Nicht zuletzt hier liegt eine Ursache für den anhaltenden Erfolg der Hersteller von Terminplanern. Deren Ursprung findet sich in den USA des frühen 20. Jahrhunderts. Ihre Industrie wird vom Gedankengut Henry Fords bestimmt, der Arbeitsabläufe in kleine Scheibchen schneidet, fein säuberlich von einander trennt und hintereinander aufreiht. Dazu passt es, dass die Firma J. C. Parker in Philadelphia 1910 einen handlichen Ringordner für Einzelblätter auf den Markt bringt. Diese Loseblattsammlung wird Lefax genannt und meist von Ingenieuren und Fabrikmanagern gekauft, deren technische Handbücher so umfangreich geworden sind, dass sie sie bei ihren Rundgängen nicht mehr mitnehmen können. Auch Colonel Disney, Offizier der britischen Artillerie, ist das ständige Kritzeln und Notieren auf losen Blättern leid, die in der Brusttasche seiner Uniformjacke verschwinden. Während des ersten Weltkriegs lernt er die Lefax-Ringordner kennen und beginnt mit Versuchen, einzelne Blätter für Termine, Notizen und Adressen in einem handlichen Büchlein zu verbinden. 1921 gründet er in London den Druckereibetrieb Norman & Hill. Zunächst importiert er noch die Lefax-Ringordner. Nach kurzer Zeit aber bringt er seinen eigenen Planer auf den Markt: 17 cm hoch, so dass er exakt in die Tasche einer Uniformjacke passt, und nur in schwarzem oder braunem Leder erhältlich. Seine Sekretärin Grace Scurr erfindet den Namen »filofax«, abgeleitet aus dem schludrig gesprochenen »file of facts«, also etwa »Akte der Tatsachen«. Zum Kultobjekt wird der Filofax aber erst 60 Jahre später als eines der wichtigsten Erkennungsmerkmale der Yuppies in den 1980er Jahren. Lange vor Erfindung der elektronischen Organisationshilfen dominiert die Frage, ob es Krokodilleder, genarbtes oder glattes Leder sein soll, und in welcher Farbe. Hingegen steht von vornherein fest, welches Produkt es sein muss: Ein Filofax. Dass mittlerweile etliche andere Terminplaner auf den Markt der Selbstorganisation drängen, die alle mit mehr oder weniger gleichen, sechsfach gelochten Formularen bestückt werden, hat die Bedeutung des Filofax nie erschüttert. Dazu tragen auch die vielen Prominenten bei, die auf Filofax schwören: Woody Allen soll sein chaotisches Schaffen gleich mithilfe von 20 Planern organisieren, womit er den Gedanken ad absurdum führen würde. Seine Ex-Frau Diane Keaton hat eine nach ihr benannte Ergänzung, ein Münzfach, erfunden. 1990 erschien sogar eine Filmkomödie mit James Belushi, deren Komik darauf beruht, dass sich ein Mann die Existenz eines anderen dadurch aneignet, dass er dessen Filofax findet, in dem sämtliche Kreditkarten, Adressen und diskreten Informationen enthalten sind. Das verdeutlicht überzeugend, dass man mit dem Filofax das ganze Leben im Griff haben kann, auch wenn es nicht das eigene ist. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [193]
Design ist immer das Versprechen, dass das Leben besser werden kann: Auf einem guten Bürostuhl können wir gesünder sitzen und mit einer guten Arbeitsleuchte können wir unsere Augen schonen. Ob sich wirklich alles zum Besseren wendet, liegt dann nur noch an uns selbst. So können wir eigentlich auch viel mehr Zeit fürs Wesentliche haben: Wir müssen nur unseren Alltag sorgfältiger und effizienter planen. Das klingt einfach, aber tatsächlich fehlt uns allzu oft die nötige Disziplin, um Termine, Verabredungen, Fristen, Einkaufszettel und Wunschlisten in den Griff zu bekommen. Nicht zuletzt hier liegt eine Ursache für den anhaltenden Erfolg der Hersteller von Terminplanern. Deren Ursprung findet sich in den USA des frühen 20. Jahrhunderts. Ihre Industrie wird vom Gedankengut Henry Fords bestimmt, der Arbeitsabläufe in kleine Scheibchen schneidet, fein säuberlich von einander trennt und hintereinander aufreiht. Dazu passt es, dass die Firma J. C. Parker in Philadelphia 1910 einen handlichen Ringordner für Einzelblätter auf den Markt bringt. Diese Loseblattsammlung wird Lefax genannt und meist von Ingenieuren und Fabrikmanagern gekauft, deren technische Handbücher so umfangreich geworden sind, dass sie sie bei ihren Rundgängen nicht mehr mitnehmen können. Auch Colonel Disney, Offizier der britischen Artillerie, ist das ständige Kritzeln und Notieren auf losen Blättern leid, die in der Brusttasche seiner Uniformjacke verschwinden. Während des ersten Weltkriegs lernt er die Lefax-Ringordner kennen und beginnt mit Versuchen, einzelne Blätter für Termine, Notizen und Adressen in einem handlichen Büchlein zu verbinden. 1921 gründet er in London den Druckereibetrieb Norman & Hill. Zunächst importiert er noch die Lefax-Ringordner. Nach kurzer Zeit aber bringt er seinen eigenen Planer auf den Markt: 17 cm hoch, so dass er exakt in die Tasche einer Uniformjacke passt, und nur in schwarzem oder braunem Leder erhältlich. Seine Sekretärin Grace Scurr erfindet den Namen »filofax«, abgeleitet aus dem schludrig gesprochenen »file of facts«, also etwa »Akte der Tatsachen«. Zum Kultobjekt wird der Filofax aber erst 60 Jahre später als eines der wichtigsten Erkennungsmerkmale der Yuppies in den 1980er Jahren. Lange vor Erfindung der elektronischen Organisationshilfen dominiert die Frage, ob es Krokodilleder, genarbtes oder glattes Leder sein soll, und in welcher Farbe. Hingegen steht von vornherein fest, welches Produkt es sein muss: Ein Filofax. Dass mittlerweile etliche andere Terminplaner auf den Markt der Selbstorganisation drängen, die alle mit mehr oder weniger gleichen, sechsfach gelochten Formularen bestückt werden, hat die Bedeutung des Filofax nie erschüttert. Dazu tragen auch die vielen Prominenten bei, die auf Filofax schwören: Woody Allen soll sein chaotisches Schaffen gleich mithilfe von 20 Planern organisieren, womit er den Gedanken ad absurdum führen würde. Seine Ex-Frau Diane Keaton hat eine nach ihr benannte Ergänzung, ein Münzfach, erfunden. 1990 erschien sogar eine Filmkomödie mit James Belushi, deren Komik darauf beruht, dass sich ein Mann die Existenz eines anderen dadurch aneignet, dass er dessen Filofax findet, in dem sämtliche Kreditkarten, Adressen und diskreten Informationen enthalten sind. Das verdeutlicht überzeugend, dass man mit dem Filofax das ganze Leben im Griff haben kann, auch wenn es nicht das eigene ist. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.