Design ist nur höchst selten Revolution, es ist fast immer Evolution. Denn die Phantasie der meisten Menschen ist nicht stark genug, um sich Dinge und Anwendungen vorzustellen, für die es keine Vorbilder gibt. So war es jahrzehntelang unvorstellbar, welchen Sinn es haben sollte, wenn Computer nicht nur als Großrechner in Büros, sondern auch in Haushalten ihre Dienste verrichteten. Dann rief Steve Jobs 1976 die Vision vom »Personal Computer« aus, ein freundliches Helferlein, das daheim von jedermann kinderleicht zu bedienen sei. 1982 war diese Vision schon auf dem Wege, Wirklichkeit zu werden: Firmen wie IBM, Atari und Commodore brachten erschwingliche PCs auf den Markt. In diesem Jahr wollte der Münchner Designstudent Christoph Böninger sein Studium mit einer Diplomarbeit abschließen, die die Idee des allgegenwärtigen Rechners noch eine Stufe weiter dachte. Wenn der PC schon in jedem Privathaus stehen sollte, dann müsste der nächste Schritt darin bestehen, dass man ihn auch überall hin mitnehmen könnte. Aber der Nutzen eines tragbaren Computers lag keinesfalls auf der Hand, denn Fotografieren, Filmen, Nachrichten schreiben, Information, Musik und Unterhaltung waren noch an analoge Medien gebunden. Lediglich der Nutzen einer tragbaren Schreibmaschine war jedermann sofort klar. Die berühmteste von ihnen, die rote »Valentine«, die Ettore Sottsass für Olivetti 1969 entworfen hatte, diente Christoph Böninger als Vorbild. Seine Studie »Transcom« war ebenfalls rot und kompakt. Ein flaches Gerät, das alle Merkmale eines heute üblichen Laptops vereint. Der Bildschirm ruhte im geschlossenen Zustand auf der Tastatur, und im Arbeitsmodus wurde er hochgeklappt. Neben dem Bildschirm befanden sich zwei Fächer für Mikrokassetten, die als Speichermedien dienten – Disketten waren noch Mangelware. E-Mail und Internet steckten zwar noch in den Kinderschuhen und waren nur Experten zugänglich. Aber Christoph Böninger war sich schon damals sicher, dass ein tragbarer Computer nur dann sinnvoll sein konnte, wenn man Dateien von überall verschicken konnte. Deshalb modellierte er neben die Tastatur zwei Einbuchtungen, in die man einen Telefonhörer legen konnte, um seine Daten per Festnetzleitung zu übertragen. Dass sein Laptop aber trotz aller visionärer Technik keineswegs das papierlose Büro einführen würde, ahnte Christoph Böninger auch schon: In ein separates Fach unter der Tastatur passte eine geduldige Akte aus Papier. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [198]
Design ist nur höchst selten Revolution, es ist fast immer Evolution. Denn die Phantasie der meisten Menschen ist nicht stark genug, um sich Dinge und Anwendungen vorzustellen, für die es keine Vorbilder gibt. So war es jahrzehntelang unvorstellbar, welchen Sinn es haben sollte, wenn Computer nicht nur als Großrechner in Büros, sondern auch in Haushalten ihre Dienste verrichteten. Dann rief Steve Jobs 1976 die Vision vom »Personal Computer« aus, ein freundliches Helferlein, das daheim von jedermann kinderleicht zu bedienen sei. 1982 war diese Vision schon auf dem Wege, Wirklichkeit zu werden: Firmen wie IBM, Atari und Commodore brachten erschwingliche PCs auf den Markt. In diesem Jahr wollte der Münchner Designstudent Christoph Böninger sein Studium mit einer Diplomarbeit abschließen, die die Idee des allgegenwärtigen Rechners noch eine Stufe weiter dachte. Wenn der PC schon in jedem Privathaus stehen sollte, dann müsste der nächste Schritt darin bestehen, dass man ihn auch überall hin mitnehmen könnte. Aber der Nutzen eines tragbaren Computers lag keinesfalls auf der Hand, denn Fotografieren, Filmen, Nachrichten schreiben, Information, Musik und Unterhaltung waren noch an analoge Medien gebunden. Lediglich der Nutzen einer tragbaren Schreibmaschine war jedermann sofort klar. Die berühmteste von ihnen, die rote »Valentine«, die Ettore Sottsass für Olivetti 1969 entworfen hatte, diente Christoph Böninger als Vorbild. Seine Studie »Transcom« war ebenfalls rot und kompakt. Ein flaches Gerät, das alle Merkmale eines heute üblichen Laptops vereint. Der Bildschirm ruhte im geschlossenen Zustand auf der Tastatur, und im Arbeitsmodus wurde er hochgeklappt. Neben dem Bildschirm befanden sich zwei Fächer für Mikrokassetten, die als Speichermedien dienten – Disketten waren noch Mangelware. E-Mail und Internet steckten zwar noch in den Kinderschuhen und waren nur Experten zugänglich. Aber Christoph Böninger war sich schon damals sicher, dass ein tragbarer Computer nur dann sinnvoll sein konnte, wenn man Dateien von überall verschicken konnte. Deshalb modellierte er neben die Tastatur zwei Einbuchtungen, in die man einen Telefonhörer legen konnte, um seine Daten per Festnetzleitung zu übertragen. Dass sein Laptop aber trotz aller visionärer Technik keineswegs das papierlose Büro einführen würde, ahnte Christoph Böninger auch schon: In ein separates Fach unter der Tastatur passte eine geduldige Akte aus Papier. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.