Die Menschheit fährt schon seit 4.500 Jahren Ski. So alt ist jedenfalls das älteste Zeugnis, das wir kennen: Ein 1,1 Meter langer und 10 Zentimeter breites Holzbrett, der sogenannte Ski von Hoting, der in einem schwedischen Moor die Verwitterung überstanden hat. Aus Norwegen ist eine 4.000 Jahre alte Abbildung überliefert, die einen in Stein gemeißelten Skifahrer zeigt. Der Ski war nicht nur ziviles Fortbewegungsmittel, sondern von den Wikingern bis zu Napoleon zugleich auch militärisches Gerät. Der Ski als massenhaftes Spaß- und Sportmittel ist im Verhältnis dazu ein neues Phänomen. Es entwickelt sich im Laufe der Industrialisierung – und ist deshalb auch typisch für die Entwicklung der modernen Gesellschaft. Seinen Ausgangspunkt nimmt es im 18. Jahrhundert im norwegischen Ort Telemark. Hier werden erstmals taillierte Ski in Handarbeit für den Zweck angefertigt, zum Vergnügen die Hänge herab zu gleiten. Rasch werden auch Wettrennen ausgetragen. Berühmt wird der Norweger Sondre Norheim, weil er unentwegt experimentiert und die Skier ebenso verbessert wie das Skifahren und das Springen selbst. So gelangt er um 1850 auf die Idee, die Schuhe mithilfe einer Weidenrute fest zu verbinden. Norheim erfindet die erste Seilzugbindung, und jetzt erst können die Wagemutigen halbwegs sicher und kontrolliert ihre Kurven und Sprünge steuern. 30 Jahre später, 1888, durchquert Fritjof Nansen Grönland von Osten nach Westen auf Ski. Diese Expedition wird zu einem europaweit beachteten Ereignis und Nansen zu einem Nationalhelden, dem viele junge Norweger nacheifern und dadurch das Skifahren in ganz Europa populär machen. Der Ski, wie wir ihn heute kennen, ist allerdings erheblich kürzer als Nansens Bretter. Das verdanken wir dem österreichischen Künstler Mathias Zdarsky. Er besorgt sich um 1890 ein Paar Ski aus Norwegen, stellt aber fest, daß man damit in den Alpen nicht besonders gut zurecht kommt. Sie sind einfach zu lang und dünn. Fürs Schneewandern wunderbar, aber für die Abfahrt von Steilhängen zu wackelig. Deshalb kürzt er seine Ski auf etwa 1,80 Meter Länge. Jetzt sind die Bretter leichter und stabiler zu steuern. Er nennt sie »Alpinski« und trennt damit – bis heute – den nordischen Langlauf von der alpinen Abfahrt. In den letzten 120 Jahren haben viele kleine Entwicklungsschritte zu dem alpinen Sportski geführt, den wir heute im Geschäft kaufen können: Nach dem einen Stück Holz als Material kamen 1893 mehrere Lagen, die einen elastischeren Verbund bilden; Stahlkanten verbesserten 1928 den Griff der Bretter auf Eis; 1944 gab es erstmals glatten Kunststoffbelag; seit 1948 werden Kunststoffe verwendet; seit den 1970er Jahren beherrschen eine Handvoll großer Massenhersteller den Markt mit Skiern, die aus einem Verbund aus Holz, Kunststoff und Metall bestehen. Doch allen Weiterentwicklungen zum Trotz besteht die eigentliche Schwierigkeit auch heute noch wie vor 4.000 Jahren darin, das tolpatschige Den-Hang-hinab-Rutschen in ein elegantes Schweben zu verwandeln. Zumindest bis kurz vor dem unvermeidlichen Sturz. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [216]
Die Menschheit fährt schon seit 4.500 Jahren Ski. So alt ist jedenfalls das älteste Zeugnis, das wir kennen: Ein 1,1 Meter langer und 10 Zentimeter breites Holzbrett, der sogenannte Ski von Hoting, der in einem schwedischen Moor die Verwitterung überstanden hat. Aus Norwegen ist eine 4.000 Jahre alte Abbildung überliefert, die einen in Stein gemeißelten Skifahrer zeigt. Der Ski war nicht nur ziviles Fortbewegungsmittel, sondern von den Wikingern bis zu Napoleon zugleich auch militärisches Gerät. Der Ski als massenhaftes Spaß- und Sportmittel ist im Verhältnis dazu ein neues Phänomen. Es entwickelt sich im Laufe der Industrialisierung – und ist deshalb auch typisch für die Entwicklung der modernen Gesellschaft. Seinen Ausgangspunkt nimmt es im 18. Jahrhundert im norwegischen Ort Telemark. Hier werden erstmals taillierte Ski in Handarbeit für den Zweck angefertigt, zum Vergnügen die Hänge herab zu gleiten. Rasch werden auch Wettrennen ausgetragen. Berühmt wird der Norweger Sondre Norheim, weil er unentwegt experimentiert und die Skier ebenso verbessert wie das Skifahren und das Springen selbst. So gelangt er um 1850 auf die Idee, die Schuhe mithilfe einer Weidenrute fest zu verbinden. Norheim erfindet die erste Seilzugbindung, und jetzt erst können die Wagemutigen halbwegs sicher und kontrolliert ihre Kurven und Sprünge steuern. 30 Jahre später, 1888, durchquert Fritjof Nansen Grönland von Osten nach Westen auf Ski. Diese Expedition wird zu einem europaweit beachteten Ereignis und Nansen zu einem Nationalhelden, dem viele junge Norweger nacheifern und dadurch das Skifahren in ganz Europa populär machen. Der Ski, wie wir ihn heute kennen, ist allerdings erheblich kürzer als Nansens Bretter. Das verdanken wir dem österreichischen Künstler Mathias Zdarsky. Er besorgt sich um 1890 ein Paar Ski aus Norwegen, stellt aber fest, daß man damit in den Alpen nicht besonders gut zurecht kommt. Sie sind einfach zu lang und dünn. Fürs Schneewandern wunderbar, aber für die Abfahrt von Steilhängen zu wackelig. Deshalb kürzt er seine Ski auf etwa 1,80 Meter Länge. Jetzt sind die Bretter leichter und stabiler zu steuern. Er nennt sie »Alpinski« und trennt damit – bis heute – den nordischen Langlauf von der alpinen Abfahrt. In den letzten 120 Jahren haben viele kleine Entwicklungsschritte zu dem alpinen Sportski geführt, den wir heute im Geschäft kaufen können: Nach dem einen Stück Holz als Material kamen 1893 mehrere Lagen, die einen elastischeren Verbund bilden; Stahlkanten verbesserten 1928 den Griff der Bretter auf Eis; 1944 gab es erstmals glatten Kunststoffbelag; seit 1948 werden Kunststoffe verwendet; seit den 1970er Jahren beherrschen eine Handvoll großer Massenhersteller den Markt mit Skiern, die aus einem Verbund aus Holz, Kunststoff und Metall bestehen. Doch allen Weiterentwicklungen zum Trotz besteht die eigentliche Schwierigkeit auch heute noch wie vor 4.000 Jahren darin, das tolpatschige Den-Hang-hinab-Rutschen in ein elegantes Schweben zu verwandeln. Zumindest bis kurz vor dem unvermeidlichen Sturz. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.