»Ist das Kunst oder kann das weg?«: So lautet ein verbreiteter Kalauer unter Museumsleuten. »Ist das Design oder Schrott?«: Diese Frage hat der us-amerikanische Schiffsbauingenieur Richard James für sich so beantwortet, wie es die meisten von uns wahrscheinlich nicht getan hätten. Der Angestellte der William-Cramp-and-Son-Werft in Philadelphia, Pennsylvania, arbeitet 1943 daran, eine Halterung für empfindliche Navigationsgeräte zu entwickeln, die das Auf und Ab der stürmischen See ausgleichen soll. Dafür experimentiert er mit Sprungfedern. Während der Arbeit stößt er aus Versehen eine der Metallspiralen vom Regal. Aber anstatt auf dem Boden liegen zu bleiben, bewegt sich diese Sprungfeder fort wie eine Raupe und bleibt nach einigen Schritten aufrecht stehen. Richard James ist von dieser Beobachtung elektrisiert. Am selben Abend führt er seiner Frau Betty die Spirale vor und fragt sie, ob sich daraus etwas machen ließe. Sie ist skeptisch, lässt ihren Mann aber gewähren, als dieser in den nächsten zwei Jahren immer wieder Experimente durchführt, um die richtige Spannung und das richtige Material zu finden, damit sich die Spirale, einmal angestubst. wie von selbst bewegen kann. Im November 1945 ist es soweit. Die Nachbarskinder lassen die ersten Prototypen Treppenstufen runterlaufen und spielen mit der Spannung der Metallspirale. Richard und Betty James taufen das Ding auf den Namen »Slinky«, nachdem sie in einem Wörterbuch nachgeschlagen haben, daß dieses Wort »beweglich, anschmiegsam« bedeutet. Außerdem finden sie, dass »Slinky« ein lautmalerischer Begriff für das Geräusch ist, das das Spielzeug erzeugt. Im ortsansässigen Geschäft »Gimbel« dürfen die Eheleute James ihr neues Spielzeug im Vorweihnachtsrummel vorführen. Der Versuch ist ein durchschlagender Erfolg. Nach nur 90 Minuten haben die James alle 400 Slinkys verkauft. Das wird nicht nur an der absoluten Neuheit und am intuitiven Mitmachappell des Spielzeugs gelegen haben, sondern auch an seinem niedrigen Preis: Sie verlangen nur 1 Dollar pro Stück. In den ersten zwei Jahren werden 100 Millionen Slinkys verkauft. Bis heute sind es mehr als 300 Millionen. Betty achtet stets darauf, dass sein Verkaufspreis niedrig bleibt, damit es auch für die Kinder armer Familien erschwinglich ist. Selbst 1996, 50 Jahre nach Markteintritt, kostet Slinky in den Geschäften der USA nur etwa 2 Dollar, in Deutschland heute 7 Euro. Ein seltenes Beispiel dafür, dass gutes Design nicht teuer sein muss. Und seinen Platz in den Design-Museen der Welt dennoch verdient. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [226]
»Ist das Kunst oder kann das weg?«: So lautet ein verbreiteter Kalauer unter Museumsleuten. »Ist das Design oder Schrott?«: Diese Frage hat der us-amerikanische Schiffsbauingenieur Richard James für sich so beantwortet, wie es die meisten von uns wahrscheinlich nicht getan hätten. Der Angestellte der William-Cramp-and-Son-Werft in Philadelphia, Pennsylvania, arbeitet 1943 daran, eine Halterung für empfindliche Navigationsgeräte zu entwickeln, die das Auf und Ab der stürmischen See ausgleichen soll. Dafür experimentiert er mit Sprungfedern. Während der Arbeit stößt er aus Versehen eine der Metallspiralen vom Regal. Aber anstatt auf dem Boden liegen zu bleiben, bewegt sich diese Sprungfeder fort wie eine Raupe und bleibt nach einigen Schritten aufrecht stehen. Richard James ist von dieser Beobachtung elektrisiert. Am selben Abend führt er seiner Frau Betty die Spirale vor und fragt sie, ob sich daraus etwas machen ließe. Sie ist skeptisch, lässt ihren Mann aber gewähren, als dieser in den nächsten zwei Jahren immer wieder Experimente durchführt, um die richtige Spannung und das richtige Material zu finden, damit sich die Spirale, einmal angestubst. wie von selbst bewegen kann. Im November 1945 ist es soweit. Die Nachbarskinder lassen die ersten Prototypen Treppenstufen runterlaufen und spielen mit der Spannung der Metallspirale. Richard und Betty James taufen das Ding auf den Namen »Slinky«, nachdem sie in einem Wörterbuch nachgeschlagen haben, daß dieses Wort »beweglich, anschmiegsam« bedeutet. Außerdem finden sie, dass »Slinky« ein lautmalerischer Begriff für das Geräusch ist, das das Spielzeug erzeugt. Im ortsansässigen Geschäft »Gimbel« dürfen die Eheleute James ihr neues Spielzeug im Vorweihnachtsrummel vorführen. Der Versuch ist ein durchschlagender Erfolg. Nach nur 90 Minuten haben die James alle 400 Slinkys verkauft. Das wird nicht nur an der absoluten Neuheit und am intuitiven Mitmachappell des Spielzeugs gelegen haben, sondern auch an seinem niedrigen Preis: Sie verlangen nur 1 Dollar pro Stück. In den ersten zwei Jahren werden 100 Millionen Slinkys verkauft. Bis heute sind es mehr als 300 Millionen. Betty achtet stets darauf, dass sein Verkaufspreis niedrig bleibt, damit es auch für die Kinder armer Familien erschwinglich ist. Selbst 1996, 50 Jahre nach Markteintritt, kostet Slinky in den Geschäften der USA nur etwa 2 Dollar, in Deutschland heute 7 Euro. Ein seltenes Beispiel dafür, dass gutes Design nicht teuer sein muss. Und seinen Platz in den Design-Museen der Welt dennoch verdient. Wenn Sie zu dieser Publikation eine Frage haben oder mehr wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.