Zu dieser Publikation: »Den Holländern« unterstellen wir eine eigenständige visuelle Kultur. In der Öffentlichkeit wird man immer wieder überrascht, dass selbst kleine Hinweisschilder mit Sorgfalt typographisch fortschrittlich gestaltet sind. Die didaktischen Collagen und erzählenden Statistiken in der Folge von Rem Kohlhaas und MVRDV haben eine ganze Generation von Architekten gelehrt, wie städtebauliche Zusammenhänge propagandistisch visualisiert werden können. Und: Schon mal die Lackierung des Autobahnpolizei-Porsche gesehen? Robert Thieman, seit Jahrzehnten einschlägig belasteter Publizist, klärt uns in diesem Buch auf, was wir von »den Holländern« für die humane und lebensfrohe Gestaltung unserer Umwelt lernen können, und er hält es uns mit reichlich Bildmaterial vor Augen. Bei der Suche nach dem »typisch holländischen« Design und der »typisch holländischen« Architektur gerät man rasch in die seichten Gewässer wohlfeiler Stereotypen über einen vermeintlichen Nationalcharakter oder vergleichbare Klischees. Anders gesagt: Was wir sehen, hängt von der Brille ab, die wir uns vorher aufgesetzt haben. Diesen Sumpf meidet Thieman klugerweise. Statt dessen dokumentiert er den aktuellen Stand der Dinge, wie er ihn sieht. Für die meisten der mehreren hundert Projekte aus Architektur und Design lässt sich nicht feststellen, dass dieses Resultat so nur in Holland realisiert oder nur von einer Holländerin bzw. einem Holländer entwickelt werden könnte. Hier erscheint Holland vielmehr wie ein Ort, in dem in höherer Dichte als andernorts zeitgenössisch relevante Themen angepackt und Methoden praktiziert werden. Interessant wird es an Stellen, wo wir dann doch das Klischee vom Holländer bestätigt sehen wollen, der sich als Seefahrer in Pragmatismus und Experimentierfreude übt, als Händler weltläufig unbefangenen Umgang mit regionalen Bräuchen und Traditionen beweist, als Ingenieur im Trockenlegen des Landes geübt ist (ein Drittel des Landes liegt unterhalb des Meeresspiegels) und darüberhinaus sowohl disziplinierter Calvinist als auch hemmungsloser Hedonist sein kann. Zumindest lässt sich beobachten, dass holländische Gestaltung seltener als in Deutschland den Anspruch auf Perfektion in jedem Detail und auf ewige Gültigkeit erhebt. Wenn Sie diese Publikation kommentieren oder mehr darüber wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.
Publikation # [380]
Zu dieser Publikation: »Den Holländern« unterstellen wir eine eigenständige visuelle Kultur. In der Öffentlichkeit wird man immer wieder überrascht, dass selbst kleine Hinweisschilder mit Sorgfalt typographisch fortschrittlich gestaltet sind. Die didaktischen Collagen und erzählenden Statistiken in der Folge von Rem Kohlhaas und MVRDV haben eine ganze Generation von Architekten gelehrt, wie städtebauliche Zusammenhänge propagandistisch visualisiert werden können. Und: Schon mal die Lackierung des Autobahnpolizei-Porsche gesehen? Robert Thieman, seit Jahrzehnten einschlägig belasteter Publizist, klärt uns in diesem Buch auf, was wir von »den Holländern« für die humane und lebensfrohe Gestaltung unserer Umwelt lernen können, und er hält es uns mit reichlich Bildmaterial vor Augen. Bei der Suche nach dem »typisch holländischen« Design und der »typisch holländischen« Architektur gerät man rasch in die seichten Gewässer wohlfeiler Stereotypen über einen vermeintlichen Nationalcharakter oder vergleichbare Klischees. Anders gesagt: Was wir sehen, hängt von der Brille ab, die wir uns vorher aufgesetzt haben. Diesen Sumpf meidet Thieman klugerweise. Statt dessen dokumentiert er den aktuellen Stand der Dinge, wie er ihn sieht. Für die meisten der mehreren hundert Projekte aus Architektur und Design lässt sich nicht feststellen, dass dieses Resultat so nur in Holland realisiert oder nur von einer Holländerin bzw. einem Holländer entwickelt werden könnte. Hier erscheint Holland vielmehr wie ein Ort, in dem in höherer Dichte als andernorts zeitgenössisch relevante Themen angepackt und Methoden praktiziert werden. Interessant wird es an Stellen, wo wir dann doch das Klischee vom Holländer bestätigt sehen wollen, der sich als Seefahrer in Pragmatismus und Experimentierfreude übt, als Händler weltläufig unbefangenen Umgang mit regionalen Bräuchen und Traditionen beweist, als Ingenieur im Trockenlegen des Landes geübt ist (ein Drittel des Landes liegt unterhalb des Meeresspiegels) und darüberhinaus sowohl disziplinierter Calvinist als auch hemmungsloser Hedonist sein kann. Zumindest lässt sich beobachten, dass holländische Gestaltung seltener als in Deutschland den Anspruch auf Perfektion in jedem Detail und auf ewige Gültigkeit erhebt. Wenn Sie diese Publikation kommentieren oder mehr darüber wissen möchten, können Sie mir gerne eine E-Mail senden.